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Tarifkonflikt Keiner schlichtet den Ameos-Streit

Der Landkreis und die Stadt Haldensleben haben sich bisher aus dem Konflikt herausgehalten. Der Salzlandkreis ist einen Schritt weiter.

Von Juliane Just 14.01.2020, 01:00

Haldensleben/Bernburg l Drei Stunden lang hat Markus Bauer (SPD), Landrat des Salzlandkreises, am Freitag verhandelt. Mit am Tisch saßen die Ameos-Geschäftsführung, Betriebsräte, Klinikdirektoren und Bernburgs Oberbürgermeister Henry Schütze (CDU). Mit dem Gespräch konnte ein Kündigungsstopp erreicht werden. Das bedeutet: Bis zu einer Einigung zu den Tarifforderungen wird kein Mitarbeiter in den Standorten Haldensleben oder Schönebeck mehr gekündigt. Kein Durchbruch, aber ein kleiner Schritt. Im Landkreis Börde und der Stadt Haldensleben hingegen ist es von politischer Seite her still.

Deswegen hat die Volksstimme nachgefragt. Landrat Martin Stichnoth (CDU) lässt verlauten, dass der Landkreis „im Rahmen der Daseinsvorsoge ein nachhaltiges Interesse“ habe, den Krankenhausstandort Haldensleben dauerhaft zu sichern. Er habe sich in den vergangenen Tagen mit Lars Timm, Regionalgeschäftsführer von Ameos, getroffen, um darüber zu sprechen, eine „zukunftsfähige Versorgungsstruktur“ vorzuhalten. Ein weiteres Treffen sei zeitnah geplant. Gleichzeitig lässt der Landrat verlauten: „Einen direkten Einfluss auf den festgefahrenen Streit um Tarifverträge für die Beschäftigten kann ich nicht nehmen.“

Die Börde-SPD hingegen hat sich schon Mitte Dezember für die Ameos-Mitarbeiter stark gemacht. „Wir betrachten mit großer Sorge, dass sich die Situation bei Ameos immer weiter verschärft“, sagte der Kreisvorsitzende Frank Hüttemann im Dezember. Auch Katharina Zacharias, SPD-Stadträtin in Haldensleben, äußerte sich: „Ameos droht eiskalt mit einer Schließung von Stationen oder alternativ der ganzen Klinik. Wir reden hier nicht von einem Unternehmen im klassischen Sinne, hierbei geht es schlicht und ergreifend um die medizinische Daseinsvorsorge und das ist keine Lappalie!“ Arbeitsministerin Petra Grimm-Benne (SPD) hat den Mitarbeitern ebenfalls Rückendeckung zugesagt.

Die Stadt Haldensleben hat sich bisher gänzlich aus dem Konflikt herausgehalten. Die stellvertretende Bürgermeisterin Sabine Wendler antwortet auf Volksstimme-Anfrage: „Vergütungsfragen und Arbeitsbedingungen sind Gegenstand der Tarifautonomie oder auch der Politik. Insofern steht es mir nicht zu, die aktuelle Diskussion um das Ameos-Klinikum zu kommentieren.“

Wolfgang Rehfeld, AfD-Stadtrat, startete einen Aufruf an die Ameos-Mitarbeiter. Darin steht, sie sollen ihre Forderungen nicht aufgeben und standhaft bleiben. „Wir als Haldensleber Stadträte haben leider keine politische Möglichkeit, einzugreifen. Die gesetzlichen Rahmenbedingungen hindern uns daran. Wir können nur an die Geschäftsführung appellieren“, sagt Rehfeld. Trotzdem sicherte er Unterstützung zu, ebenso der Kreisverband Börde.

Selbst der Ameos-Regionalgeschäftsführer Lars Timm forderte nach den Gesprächen nach politischem Eingreifen: „Ich freue mich, dass der Landrat des Salzlandkreises den Ernst der Lage verstanden hat. Es ist allerdings mehr politische Unterstützung erforderlich, wenn das Versorgungsangebot erhalten und ausgebaut werden soll.“

Ameos strebte bereits vor Weihnachten an, dass 85 Prozent der Beschäftigten das sogenannte „Zukunftspaket“ unterschreiben. Dieses beinhaltete Gehaltssteigerungen von neun Prozent bis 2024 plus Sonderzahlungen. Als bis zum Stichtag 27. Dezember nicht genügend Stimmen zusammenkamen, unterschrieb Regionalgeschäftsführer Lars Timm 20 fristlose Kündigungen für Ärzte und Pfleger. Die Botschaft: Wird das Paket nicht unterschrieben, rollen Köpfe.

In den Gesprächen im Salzlandkreis hat Ameos den Betriebsräten einen Vorschlag gemacht. Die Geschäftsführung ist bereit, über Inhalte des Zukunftspaketes zu verhandeln. Dabei ließ Timm verlauten, dass man über die Entgelthöhe sprechen könne, nicht aber über den Zeitpunkt der Umsetzung und die nötigen Unterschriften. Bisher haben 20 Prozent der Ameos-Mitarbeiter das Zukunftspaket unterschrieben. Außerdem weigert sich der Regionalgeschäftsführer vehement, mit den Gewerkschaften zu verhandeln.

Der Kündigungsstopp gilt so lange, bis die Betriebsräte der Standorte Aschersleben-Staßfurt, Schönebeck und Bernburg darüber abstimmen, ob eine Gesprächsbereitschaft unter den genannten Bedingungen gegeben ist. Die Arbeitnehmervertreter wollen die Gesprächen nicht vorgreifen. Realistisch ist aber, dass die Beschäftigten das Ameos-Angebot zu Gehaltsverhandlungen ohne Verdi ablehnen werden.

Die Geschäftsführung von Ameos hält daran fest: Geht der Arbeitskampf weiter, beginnt Ameos mit dem „Sanierungskurs“, wie es Lars Timm bezeichnet. Dann werden schrittweise 800 Beschäftigte entlassen – 500 an den Kliniken im Salzlandkreis, 200 am Ameos-Krankenhaus in Haldensleben und 100 in Halberstadt.