Khepera feiert im Nimmerland

Haldensleben l Der Alte Friedhof ist ihr Revier. Zumindest einmal im Jahr zum Haldensleber Altstadtfest. Schon seit zehn Jahren bieten die „Freunde der Lässigkeit“ dort eine bunte Alternative zum übrigen Festprogramm, laden ein zum Mitmachen und setzen dabei auf Kreativität – womit der Verein Khepera zu einem nicht mehr wegzudenkenden Bestandteil des Festes geworden ist.

Dabei hatten es die Vereinsmitglieder bei ihren ersten Altstadtfest-Auftritten alles andere als leicht. „Wir wurden schon komisch beäugt“, erinnert sich Stephan Jonas, eines der Gründungsmitglieder und stellvertretender Vorsitzender von Khepera. „Viele hielten uns für Arbeitslose, Hippies und Hallodris. Doch mittlerweile ist die Akzeptanz uns gegenüber deutlich gewachsen“, freut er sich.

Die Vorurteile mögen sicherlich am Erscheinungsbild der jungen Leute gelegen haben, die sich nicht in feste Schubkästen pressen lassen wollen. Alternativ, so beschreiben sie selbst ihren Lebensstil. Was allerdings nicht mit Faulenzen gleichzusetzen ist. „Für die Vorbereitungen zum Altstadtfest nehmen wir uns alle Urlaub, die Selbständigen unter uns machen sich dafür frei – jeder hat einen festen Job“, betont Jonas. Ohne finanzielle Gegenleistung opfern sie Zeit und Energie für die jährlichen Auftritte beim Altstadtfest. „Jedes Jahr haben wir ein anderes Thema. Das ist schon unser eigener Anspruch. Entschieden wird darüber demokratisch“, erzählt er. Daher nimmt das Altstadtfest mittlerweile den größten Teil der Vereinsarbeit ein. „Der Rest fällt meist hinten runter“, bedauert Stephan Jonas. Denn Khepera hat sich vor zehn Jahren gegründet, um kulturell etwas auf der alternativen Schiene zu bewegen. Gut zehn Freunde aus dem ganzen Landkreis haben sich zum Verein zusammengeschlossen. „Wir haben schon immer selbst etwas gemacht. Das war und ist unser Antrieb“, erklärt der Vereins-Vize.

Für erste Schlagzeilen sorgte der Verein mit seinen Plänen, eine Art Jugenddorf am Haldensleber Wasserturm zu errichten – einen Abenteuerspielplatz mit Hoch- und Niedrigseilgarten, Bauspielplatz, Tipidorf, Naturerlebnisgarten, Baumhäusern, Tunnelsystemen und Werkstätten. Erlebnisgastronomie, Vernissagen, Märkte und Feste sollten das kulturelle Angebot abrunden. Letztendlich ist das Projekt an den Eigentumsverhältnissen gescheitert, eine Ausweichfläche konnte nicht gefunden werden.

Dennoch wollte der Verein von seiner Idee, Haldensleben kulturell zu beleben, nicht abrücken. „Mit dem Altstadtfest haben wir dafür ein Standbein gefunden“, so Jonas weiter. Mittlerweile hat sich Khepera auch auf dem Sternenmarkt etabliert, bereichert zudem mit Aktionen und Workshops weitere Veranstaltungen wie den Regionalmarkt. „Gern würden wir noch viel mehr machen, aber oft scheitern unsere Ideen an den Behörden“, meint Stephan Jonas. So sind mittlerweile die Pläne Kheperas zur Wiederbelebung des alten Kinos am Jungfernstieg, zum Aufbau einer Strandbar oder zur Eröffnung einer temporären Kneipe in der Innenstadt vom Tisch – zu hoch waren die behördlichen Auflagen dafür.

Nach zehn Jahren Vereinsarbeit, die auch von vielen Freunden außerhalb des Vereins unterstützt wird, ist aber auch Khepera auf Nachwuchssuche. „Wir sind im Schnitt so Mitte 30, viele haben Familie, alle stehen im Berufsleben. Wir wollen daher auch Jüngere nachholen“, meint der Khepera-Mitbegründer. Er wirbt für den Verein: „Jeder, der sich auf nicht kommerzieller Schiene verwirklichen möchte, ist bei uns willkommen.“ Denn bei Khepera geht es ums Mitmachen, nicht ums Konsumieren.

Gelegenheit dazu besteht derzeit auf dem Alten Friedhof, wo Khepera seit gestern zum diesjährigen Altstadtfest das „Nimmerland“ aufbaut. Dort wird heute und morgen Abend bei Einbruch der Dunkelheit auch ein Freilichtkino für jedermann angeboten. Und weil der Verein Geburtstag hat, darf er in diesem Jahr auch schon einen Tag früher in das Altstadtfest starten – mit einem Konzert von Miss Walker am Donnerstag ab 20 Uhr.