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Müllsünder Wenn der Waldboden zum Tatort wird

Autoreifen, Unrat und Bauschutt: Es gibt kaum noch etwas, das nicht illegal in den Wäldern bei Eickendorf entsorgt wird.

Von Anett Roisch 16.06.2019, 01:01

Eickendorf l Enrico Engelke, Bewohner von Eickendorf, ist entsetzt, als er einen riesigen Berg von Unrat im Wald zwischen Eickendorf und Belsdorf entdeckt. „Bei einem Spaziergang habe ich den Haufen Müll, darunter alte Bücher, Schuhe, Zeitschriften und alles, was man eigentlich ordentlich entsorgen kann, gefunden“, erklärt der Eickendorfer, der am gleichen Tag noch Anzeige bei der Polizei erstattet.

Sorgen macht sich Engelke, der auch Leiter der Eickendorfer Ortsfeuerwehr ist, nicht nur wegen der Umweltbelastung, sondern auch wegen der Brandgefahr. „Es ist alles brennbares Material. Wenn sich das hier in Gang begibt, dann wird es eine Katastrophe, denn die Feuerwehren ringsum – wie Klinze, Belsdorf und Eickendorf – haben nicht genug Löschwasser in ihren Fahrzeugen“, sagt der Wehrleiter.

Der Müll wird nach Spuren – etwa einer Rechnung oder einem Brief, die Rückschlüsse auf den Verursacher geben könnten – untersucht. Augenzeugen werden gesucht. Polizeihauptmeister Klaus-Günter Krüger meldet die Fundstelle dem Umweltamt des Landkreises Börde, der den Müll von einer Entsorgungsfirma beräumen lässt.

Landesweit wird seit Jahren regelmäßig Müll auf Feldern und in Wäldern entsorgt. Und es wird immer mehr. Die Vorgehensweise der Müllsünder ist laut Polizei fast immer gleich: Die Täter kommen meist in den Abendstunden oder nachts und kippen den Müll am Waldrand, an Parkplätzen und an Schranken ab. Es gibt mittlerweile kaum etwas, was nicht im Wald entsorgt wird. Bauschutt, Autoreifen, Möbel, Unrat aus aufgelösten Wohnungen sowie Benzin- und Ölfässer werden in großen Mengen achtlos in die Umwelt geschmissen.

„Der Müll ist ein großes Problem. Das ganze Ökosystem leidet“, weiß Thomas Roßbach, Leiter des Flechtinger Betreuungsforstamtes. Nach den Ausführungen des Forstamtsleiters mache es im Besonderen einen schlechten Eindruck auf Besucher, wenn überall im Wald Müll herumliegt. Außerdem wäre nicht nur der Wald betroffen, sondern auch die Lebewesen vom Käfer bis zum Reh, das sich am Müll verletzen könnte.

Wer bei der illegalen Müllentsorgung im Wald erwischt wird, muss mit einer erheblichen Geldstrafe rechnen. Die Bußgelder beginnen bei zehn bis 25 Euro für das Wegwerfen von Pappbechern, Taschentüchern oder Zigarettenschachteln und gehen bis zu 5 000 Euro für das Abkippen von Bauschutt. Das Kreislaufwirtschaftsgesetz ist an dieser Stelle eindeutig: Wer Abfälle vorsätzlich oder fahrlässig illegal behandelt oder entsorgt, begeht eine Ordnungswidrigkeit und kann mit einer Geldbuße bis zu 100 000 Euro belangt werden. In besonders schweren Fällen drohen sogar bis zu zehn Jahre Haft.

Das Unverständnis über das Verhalten der Müllsünder ist groß. „Es gibt doch Annahmestellen, wo der Unrat kostenlos entsorgt werden kann. Bei der illegalen Müllentsorgung haben die Ämter den Aufwand, alles fachgerecht zu entsorgen. Das kostet alles Steuergelder. Es wäre der beste Weg, wenn die Leute ihren Müll gleich zu den Annahmestellen bringen“, appelliert der Forstamtsleiter an die Vernunft der Menschen.

Außerdem sei das Forstamt zuständig für die Waldbrandabwehr. „Wenn es sich um Gegenstände, wie Kanister oder Farbtöpfe handelt, von denen die Gefahr von Bränden ausgehen kann, dann ist es keine Ordnungswidrigkeit mehr, sondern eine Straftat. Dann handeln wir zur Gefahrenabwehr als Forstbehörde gemeinsam mit der Polizei“, betont Roßbach.

Auch Grünschnitt gehöre nicht in den Wald. „Mit den Gartenabfällen gelangen Pflanzen und Schädlinge in den Wald, die sich dort unkontrolliert ausbreiten und das natürliche Gleichgewicht empfindlich stören können“, betont der Amtsleiter. Grünschnitt in der freien Natur ist rechtlich Abfall. Jeder, der seine Gartenabfälle im Wald oder in der freien Landschaft entsorgt, verstößt gleich gegen mehrere Gesetze, dem Abfallrecht und dem Forstrecht. Er begeht eine Ordnungswidrigkeit, die mit einem Bußgeld geahndet wird. Der Forstamtsleiter weist darauf hin: „Die Polizei, die Ordnungsämter und auch wir passen auf. Also, es sind drei Behörden im Wald.“

Trotzdem wird an gleicher Stelle wieder Unrat illegal entsorgt. Wieder meldet Engelke den Fund, die Beräumung wird vom Umweltamt veranlasst.