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Rathausstreit Stadtrat nimmt sich einen Anwalt

Der Haldensleber Stadtrat wird sich in der Sache „Bürgermeisterin gegen Stadtrat“ anwaltlich vertreten lassen - auf Kosten der Verwaltung.

Von Jens Kusian 21.09.2016, 01:01

Haldensleben l Bürgermeisterin Regina Blenkle (FUWG) hat im August den Haldensleber Stadtrat verklagt. Hintergrund ist die vom Stadtrat mehrheitlich beschlossene Änderung der Hauptsatzung der Stadt Haldensleben. Gegen diese Änderung hatte die Bürgermeisterin Widerspruch eingelegt. Die Kommunalaufsicht des Landkreises Börde hat die Satzungsänderung jedoch genehmigt. Eine Veröffentlichung der Änderung – und damit ihr Inkrafttreten – ist dagegen von der Stadtverwaltung nicht erfolgt. Vielmehr hat Bürgermeisterin Blenkle gegen diese Genehmigungsverfügung beim Landkreis Widerspruch eingelegt und darüber hinaus beim Verwaltungsgericht Magdeburg Klage gegen den Stadtrat Haldensleben eingereicht.

Mit der Mehrheit der Fraktionen von CDU, Linken und SPD hat der Stadtrat auf seiner jüngsten Sitzung nun beschlossen, auf Antrag der Fraktion Die Linke einen Magdeburger Rechtsanwalt mit der Prozessvertretung zu beauftragen. Bis auf Ralf Neuzerling (FDP/Die Fraktion), der sich bei der Abstimmung der Stimme enthielt, haben Die Fraktion und die Bürgerfraktion gegen die anwaltliche Vertretung gestimmt.

Regina Blenkle hielt im Vorfeld der Abstimmung den Fraktionen von CDU, SPD und Linken vor, dass sie – mit zwei Volljuristen in ihren Reihen – für die Änderung der Hauptsatzung keine externe Rechtsberatung benötigt hätten. „Aber jetzt beanspruchen Sie auf einmal externe Beratung in der juristischen Auseinandersetzung? Das möchten Sie mir bitte mal erklären“, zeigte sich die Bürgermeisterin erstaunt über den Antrag der Linken. „Und insofern weiß ich auch bis zum heutigen Tag nicht, auf welcher rechtlichen Basis dann höchstwahrscheinlich die Verwaltung Ihren Rechtsanwalt bezahlen soll? Es bleibt also interessant und spannend, wie das Ganze sich entwickeln soll“, fügte sie hinzu.

„Sie, Frau Bürgermeisterin, haben gefragt, dass Sie es nicht verstehen können, warum wir jetzt einen Anwalt nötig haben. Der einfache Grund ist, dass Sie uns als Stadtrat verklagt haben“, entgegnete Mario Schumacher (CDU). „Frau Blenkle, wir können uns darauf einigen: Wenn Sie Ihre mehrmaligen Widersprüche gegen die Hauptsatzung und Ihren Widerspruch gegen die Anweisung, die Hauptsatzung auch zu veröffentlichen, zurücknehmen, dann brauchen wir auch den Anwalt für diese Sache nicht. Da Sie uns aber vors Verwaltungsgericht ziehen, brauchen wir auch einen Anwalt“, machte Klaus Czernitzki (Die Linke) deutlich.

Regina Blenkle stellte jedoch klar, dass es hier nicht um eine Klage gegen die Stadträte als Person, sondern gegen den Stadtrat als Organ gehe. „Sie können sich selbstverständlich einen Anwalt nehmen, aber es steht die Frage: Wer bezahlt ihn?“, meinte sie und bat Dezernentin Andrea Schulz als Verwaltungsjuristin um eine Stellungnahme. „Tatsächlich ist es so, dass die Kommunalverfassung das nicht direkt regelt“, führte diese daraufhin aus. Es bestehe aber durchaus die Möglichkeit, dass sich ehrenamtliche Stadträte auf Kosten der Verwaltung anwaltlich vertreten lassen können, meinte die Dezernentin.

Wann sich das Verwaltungsgericht Magdeburg mit der Rechtssache „Bürgermeisterin der Stadt Haldensleben gegen den Stadtrat der Stadt Haldensleben“ beschäftigen wird, steht noch nicht fest. Auf Volksstimme-Nachfrage konnte Christoph Zieger, Pressesprecher des Verwaltungsgerichts, noch keinen Verhandlungstermin nennen. Allerdings hat das Verwaltungsgericht bereits am 17. August – also fünf Tage nach Eingang der Klageschrift von der Bürgermeisterin – den Wert des Streitgegenstandes vorläufig auf 10 000 Euro festgesetzt.

Regina Blenkle sieht in den Änderungen zur Hauptsatzung unter anderem die Verletzung von innerorganisatorischen Kompetenzen und rechtswidriges Handeln. Außerdem sollen die neuen Regelungen gegen geltendes Recht verstoßen und einen finanziellen Schaden für die Stadt verursachen. Mit der geänderten Hauptsatzung hat der Stadtrat unter anderem die Kompetenzen der Bürgermeisterin beschnitten. So wurden ihr die selbständige Einstellung, Eingruppierung und Entlassung von Arbeitnehmern und Beamten entzogen. Zudem darf sie in bestimmten Fällen nicht mehr über Rechtsgeschäfte entscheiden, wenn der Vermögenswert 10 000 beziehungsweise 5000 Euro übersteigt. Zuvor konnte sie bis zu Werten von 50 000 beziehungsweise 15 000 Euro allein verfügen. Für Regina Blenkle stellt die Satzungsänderung einen Verstoß gegen den Paragrafen 66 des Kommunalverfassungsgesetzes des Landes, der die Aufgaben in der Verwaltung regelt, dar.