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Überflutung Biber-Schäden bei Wedringen nehmen zu

Überschwemmungen sind an der Tagesordnung seit der Biber am Ortsrand von Wedringen wieder heimisch geworden ist.

Von Juliane Just 23.12.2020, 00:01

Wedringen l „Wie im Sommer vorausgesagt, ist es heute passiert“, sagt Landwirt Matthias Pätz aus Neuenhofe am Telefon und ist außer sich. Ein schweres landwirtschaftliches Gerät ist am Rande Wedringens im Schlamm versunken. Grund ist ein Biber, der unweit von dem Feld die Beber staut und für Überflutungen sorgt. Darauf wies Matthias Pätz bereits hin. Doch der Biber muss bleiben, sagte der Landkreis bereits im Sommer.

Es war in den späten Nachmittagsstunden, als das schwere Gerät am Feldrand plötzlich einsank. „Die Maschine wäre fast umgekippt. Wir haben sie gesichert und mussten die Rüben entladen“, berichtet Matthias Pätz. Drei Stunden habe die Bergung gedauert, mehrere Traktoren aus dem eigenen Fuhrpark waren beteiligt. „Mein Mitarbeiter hat gezittert und war bleich. Ihm hätte auch etwas passieren können“, verdeutlicht Pätz die Situation.

Mit etwa 600.000 Euro Schäden hätte der Landwirt rechnen müssen, wenn die Maschine umgekippt wäre. Doch auch wenn das Horror-Szenario ausgeblieben ist, bleiben trotzdem die Ausfallzeit für Geräte und Personal. Er fordert Entschädigung vom Landkreis. „Man kann nun nicht mehr abstreiten, dass es hier Probleme mit dem Biber gibt“, sagt er erbost.

Doch wie beim ersten Hinweis des Landwirtes sind den Mitarbeitern des Landkreises die Hände gebunden. Bereits im Sommer machte Jörg Brämer von der Unteren Naturschutzbehörde deutlich, dass der Biber auf der Roten Liste bedrohter Tierarten stehe. Das bekräftigt Matthias Wilcke, Leiter des Natur- und Umweltamtes des Landkreises, im Gespräch mit der Volksstimme auch nach dem Unfall. „Es handelt sich hier um eine Nässefläche. Das ist Natur. Da kann man nichts machen“, sagt er.

Laut dem Amtsleiter hätte der Landwirt Vorsicht walten lassen müssen. Es sei klar gewesen, dass die Fläche überflutet ist. „Man sollte aufpassen und nicht sehenden Auges in sein Unglück fahren“, so Matthias Wilcke. Eine Entschädigung vom Landkreis sei nicht vorgesehen, da keine Pflichtverletzungen seitens der Behörde vorliegen würde. Kurzum: Matthias Pätz ist selbst schuld.

Trotzdem wollen sich die Mitarbeiter das Biber-Problem in Wedringen nochmals vornehmen und nach geeigneten Lösungen suchen. Hier gilt es, Tierschutz und Landwirtschaft unter einen Hut zu bekommen. Es sei ein Prozess, so Wilcke. Wie die Lösung aussehen könnte, ist noch unklar. Klar ist aber, dass ein Eingriff in den Biberdamm wie beispielsweise das Abtragen um einige Zentimeter, grundsätzlich verboten ist. „So eine Maßnahme ist nur möglich, wenn Leib und Leben in Gefahr sind“, erklärt Matthias Wilcke.

Doch nicht nur der Landwirt hatte mit den Überschwemmungen zu kämpfen, auch der beim Bau der B 71 n ergaben sich Probleme. Die Landesstraßenbaubehörde (LSBB) ist Bauherrin der B 71 n. Laut Andreas Boehle, Fachbereichsleiter Planung und Entwurf beim LSBB, habe es beim Brücken- und Straßenbau zwar keine Beeinträchtigungen gegeben. Doch Probleme „gab und gibt es bei der Umsetzung von landschaftspflegerischen Maßnahmen im Bereich des parallel zur Ohre verlaufenden Laakegrabens“. Dieser Bereich liegt zwischen Wedringen und Hillersleben, auch bekannt als „Hinter den Pappeln“. Eine Notiz der Fachgruppe Umweltschutz und Landschaftspflege vermerkt, dass eine geplante Ansaat bisher nicht möglich war. Doch auch eine gute Nachricht gibt es: Laut der Experten vermehren sich Bäume dort teilweise wieder selbst, nachdem sie vom Biber verbissen und als Baumaterial genutzt wurden.

Seit etwa einem Jahr frisst sich der Biber an der Beber zwischen dem Aller-Ohre-Radweg in Wedringen und der Magdeburger Straße in Haldensleben entlang. Im Sommer fand eine Begehung statt, bei der Landwirt Matthias Pätz dem Landkreis-Mitarbeiter die Probleme verdeutlichte. Bereits in den vergangenen Jahren konnte er etwa fünf Hektar nicht befahren, weil dort das Wasser stand. Damit musste er Einbußen hinnehmen.

Eine Ausgleichsfläche, die der Nabu direkt an der Beber als Überflutungsgebiet vorgesehen hatte, war eine Lösung. Das Wasser sollte durch einen Graben auf einer etwa zwei Hektar großen Fläche abfließen. Doch es war nur ein Tropfen auf dem heißen Stein, denn die Felder des Landwirtes liefen weiter voll. Mittlerweile ist der Graben durch die Starkregen abgebrochen, das Wasser läuft über die Felder und hin zum Ort.

Dabei werden die vermeintlichen Lösungen laut Matthias Pätz immer weiter verschoben. Seinen Angaben nach war die Absprache im Sommer, dass der Biberdamm um 20 Zentimeter abgetragen werden soll. Später war ein Ablauf direkt am Biberdamm im Gespräch. „Geschehen ist jedoch nichts“, sagt er. Eine Lösung werde immer weiter verschoben. „Ich habe nichts gegen den Biber, aber das kann doch nicht sein“, macht der Landwirt seinem Ärger Luft.

Bereits im Sommer räumte Jörg Brämer ein, das man den Landwirten im Vorfeld hätte anbieten können, die Pacht für die Flächen zu verringern und damit die vorhersehbaren Einbußen durch die Wasserschäden zu kompensieren. Das habe man jedoch nicht gemacht. Für gewöhnlich gebe es bei Schäden durch den Biber keine Erstattung für Landwirte. „Für den Nabu ist die Landwirtschaft immer der Feind“, resümierte Pätz bereits im Sommer.

Jörg Brämer verwies auf die wichtige Funktion des Bibers. Mit dem Damm sichere der Biber das Überleben von Wasserorganismen. Viele kleine Bäche seien in den vergangenen heißen Sommern gänzlich vertrocknet, der Biber habe die Beber davor bewahrt. Für Matthias Pätz ist das kein Trost. Er will sich zur Not gerichtlich wehren, wenn weiterhin keine Lösungen in Angriff genommen werden.