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Unfall Gaffer bleiben ein Problem

Gaffer sind auch in der Börde ein Problem: Einsatzkräfte haben immer wieder mit solchen Fällen zu kämpfen. Ein Blick nach Ostingersleben.

Von Rica Pahlke 07.11.2019, 23:01

Ostingersleben/Uhrsleben l Kaum kracht es auf der Autobahn, wird die Unfallstelle von schaulustigen Verkehrsteilnehmern belagert. „Mittlerweile gehören Gaffer zu unserer täglichen Arbeit dazu. Es ist gang und gäbe, dass Menschen anhalten, sich umschauen oder sogar Fotos machen“, sagt Friedbert Kloss, Wehrleiter der Feuerwehr in Ostingersleben. Auch wenn die Rettungskräfte laut Wehrleiter bisher noch nicht durch die Gaffer behindert wurden, ist das Phänomen in den vergangenen Jahren zu einem immer größeren Problem geworden.

Um die Unfallstelle vor neugierigen Blicken und Kameras abzuschirmen, nutzen die Feuerwehren der Region seit zwei Jahren Sichtschutzplanen, die das Piktogramm „Fotografieren verboten“ zeigen. „Durch die Nutzung der Planen versuchen wir zu verhindern, dass die Unfallopfer fotografiert werden und schützen somit ihre Persönlichkeitsrechte“, erklärt Christoph Karschunke, Wehrleiter der Uhrsleber Feuerwehr.

Obwohl die Strafen für das Filmen und Fotografieren an Unfallstellen bereits Ende 2017 verschärft wurden und neuerdings neben einer hohen Geldstrafe sogar eine Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren droht, haben die Einsatzkräfte immer wieder mit Gaffern zu tun. Sich neben der Betreuung der Verletzten, der Räumung der Unfallstelle und der Auflösung des Staus jedoch auch noch um zuschauende Menschen zu kümmern, das ist den Feuerwehren des Landkreises einfach nicht möglich. „Um dem Problem entgegenzuwirken, arbeiten wir eng mit der Polizei zusammen“, erklärt Friedbert Kloss, „so gelingt es uns, Schaulustige fernzuhalten.“

Laut Doreen Günther, Polizeioberkommissarin beim Autobahnpolizeirevier Börde, lassen sich Gaffer meist schon durch ein paar aufklärende Worte zurückweisen. Dass jemand die Anweisungen der Polizei ignoriert, habe sie noch nicht erlebt. Trotzdem bedeutet das für die Einsatzkräfte jedes Mal einen zusätzlichen Zeitaufwand.

Durch Gaffer werden außerdem nicht nur die Unfallopfer gefährdet, sondern auch die anderen Verkehrsteilnehmer. Christoph Karschunke erinnert sich vor allem an Folgeunfälle: „Es kommt oft vor, dass Autofahrer langsamer werden, um das Geschehen zu beobachten. Durch die Ablenkung und abruptes Bremsen sind so schon häufig Auffahrunfälle passiert.“

Neben dem Gaffen gilt auch die Behinderung von Einsatzkräften seit zwei Jahren als Straftat: Wer den Weg versperrt, muss mittlerweile nicht nur mit einem Verwarngeld von 20 Euro rechnen, sondern mit einer Geldstrafe von bis zu 320 Euro. Außerdem kann derjenige zwei Punkte und sogar einen Monat Fahrverbot bekommen.

Trotz dieser Verschärfung ist auch die fehlende Rettungsgasse noch oft ein Problem: „In vielen Fällen wird sie nicht eingehalten und Fahrzeuge versperren den Weg zur Unfallstelle“, so Friedbert Kloss. Laut Doreen Günther wird eine Vielzahl der Verkehrssünder angezeigt. Mittlerweile wird die Polizei sogar von aufmerksamen Autofahrern unterstützt: „Es kommt immer häufiger vor, dass wir Fotos von Fahrzeugen zugeschickt bekommen, die die Rettungsgasse versperren. Das vereinfacht es uns enorm, den Verstößen nachzugehen.“

Seit der Verschärfung der Gesetze gab es in den vergangenen Jahren immer mehr Anzeigen. Während es 2018 noch 29 Fälle waren, wurden bis Oktober 2019 bereits 51 Verstöße aufgenommen. Die Fälle, in denen Einsatzkräfte bei der Arbeit behindert wurden, gingen in diesem Zeitraum jedoch von 24 auf fünf zurück.

Neben den zahlreichen Negativbeispielen ist dennoch zu beobachten, dass die Situation in den letzten Jahren etwas besser geworden ist: „Durch Kampagnen und Banner auf der Autobahn denken zunehmend mehr Verkehrsteilnehmer daran, eine Rettungsgasse zu bilden“, sagt Doreen Günther.

Auch wenn die verbesserte Aufklärung und die erhöhten Strafen im Hinblick auf das Gaffen und Behindern von Einsatzkräften offenbar Wirkung zeigen, gebe es noch immer zu viele Verkehrsteilnehmer, die die Regeln missachten. Dass die Rettungskräfte durch sie oft daran gehindert werden, einen Unfallort schnellstmöglich zu erreichen, um dort Hilfe zu leisten, sei ihnen offenbar nicht bewusst.

Um den Verkehrssündern den Ernst der Problematik zu verdeutlichen, werden immer wieder neue Projekte ins Leben gerufen. Die Hoffnung dabei: So könnte die Zahl der Gaffer und der Verstöße gegen die Einhaltung der Rettungsgasse in Zukunft weiter zurückgehen.-