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Weltkrebstag Die Krankheit, die jeden betrifft

Es gibt kaum jemanden, der nicht mit dem Thema Krebs in Berührung kommt. Zum Weltkrebstag sprechen Haldensleber Mediziner darüber.

Von Jens Müller 04.02.2020, 00:01

Haldensleben l Laut der Deutschen Krebshilfe erkrankt im Durchschnitt jeder zweite Bundesbürger im Laufe seines Lebens an Krebs. Doch mit der steigenden Zahl an Patienten steigen auch die Heilungschancen. Es verbessern sich Behandlungsmethoden und Therapien. Das sagen Prof. Dr. Boris Haxel, Chefarzt der Klinik für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde (HNO), und Priv.-Dozent Dr. Frank Reiher, Chefarzt der Klinik für Urologie, Kinderurologie und Uroonkologie am Ameos Klinikum Haldensleben im Volksstimme-Gespräch.

Für seinen Wirkungsbereich nennt Prof. Dr. Boris Haxel rund 100 Krebs-Neuerkrankungen pro Jahr. Behandelt werden in seiner Klinik alle Arten von Tumoren im Kopf- und Halsbereich: an Kehlkopf, in der Mundhöhle und an den Speicheldrüsen. „Die Schleimhauttumore treten am häufigsten auf“, erklärt er. Doch auch Rachenkrebs – hervorgerufen durch humane Papillomviren (HPV) – würde eine immer zunehmendere Rolle spielen. Allerdings könne bei der Diagnose ein sogenannter HPV-Test eingesetzt werden. Dieser helfe, schon früh jene HP-Viren im Mund- und Rachenraum zu identifizieren, die nach heutigem Wissensstand für das Tumorwachstum verantwortlich sind. Je früher sie erkannt werden, umso besser die Prognose für die Patienten - aber auch für die Mediziner. Auch sie können dann besser abschätzen, ob im Falle einer tatsächlichen Erkrankung eine Bestrahlung, eine Operation oder eine Chemotherapie notwendig wird, erläutert Haxel. Die Entscheidung darüber treffe er aber nicht allein: „Diese Fälle werden interdisziplinär besprochen - mit Input von vielen Fachleuten“, so Haxel.

Eine deutliche Erleichterung, so der Chefarzt, haben in jüngster Vergangenheit die Fortschritte in der Laserchirurgie mit sich gebracht. Erst im vergangenen Jahr hat seine Klinik einen neuen Laser bekommen, so Haxel. Damit könne er noch genauer operieren: „Dies bringt eine deutliche Erleichterung für die Patienten mit sich. Es ist einfach die schonendere Variante.“

Allerdings weiß er auch: Egal, ob Bestrahlung, Operation oder Chemotherapie im Kampf gegen Tumore im HNO-Bereich angewendet werden: „Die Lebensqualität der Patienten ist in jedem Fall schwer eingeschränkt. Deshalb appelliert er an jeden, im täglichen Leben bereits die Hauptrisikofaktoren zu minimieren: „Weniger rauchen, weniger Alkohol trinken“, ist sein kurzer und knapper Rat. Zudem sollten Patienten, die über mehr als drei Wochen über Heiserkeit oder über Schmerzen beim Schlucken klagen, sofort einen Arzt aufsuchen und diese Symptome nicht unterschätzen: „Je früher mögliche Tumore erkannt werden, desto besser sind die Heilungschancen und die Chancen zu überleben.“

Während sich Prof. Haxel mit seinem zehnköpfigen Ärztekollegium Tumore im Hals-Nasen-Ohrenbereich bekämpft, ist Dr. Frank Reiher Spezialist für die harnableitenden Organe. „Mit rund 70 000 Neuerkrankungen in Deutschland ist das Prostatakarzinom die häufigste Tumorerkrankung bei Männern“, weiß er. „Tendenz: steigend.“ Die Gründe, so der Mediziner: Die Bevölkerung wird älter, die diagnostischen Methoden immer besser. Da das Prostata-, aber auch das Blasenkarzinom vor allem eher bei Menschen im fortgeschrittenen Lebensalter vorkommt, häufen sich Jahr für Jahr die Fallzahlen.

Da sich seine Klinik inzwischen als Prostatakarzinomzentrum entwickelt hat, sieht er gerade für die Betroffenen in der Region eine hohe Qualität in der Betreuung. So arbeiten in Haldensleben Spezialisten der verschiedensten Fachbereiche in Sachen Diagnostik, Therapie und Nachsorge zusammen. Von Urologen und Strahlentherapeuten über Onkologen, Psychoonkologen, Narkoseärzten und Schmerztherapeuten bis hin zu Rehabilitationsmedizinern.

Auch Dr. Frank Reiher rät, frühzeitig die angebotenen Vorsorgeuntersuchungen zu nutzen. „Gerade bei Männern greift oft ein Verdrängungsmechanismus", weiß er. Doch, so der Mediziner, sollte jeder seine Scham überwinden und regelmäßig die Prostata abtasten lassen und ein Ultraschallbild von der Harnblase bzw. Prostata erstellen lassen. „Der Prostatakrebs tritt gehäuft familiär auf“, erklärt Dr. Reiher. Deshalb sollten Männer, bei denen dieser Tumor bereits im Familienkreis aufgetreten ist, schon mit dem 40. Lebensjahr zu einer Früherkennungsuntersuchung gehen - alle anderen mit dem 45. Lebensjahr. Aufschlussreich ist hierbei auch der PSA-Wert. Übersteigt dieser Wert im Blut eine bestimmte Grenze oder erhöht er sich ungewöhnlich schnell, kann dies ein früher Hinweis auf Prostatakrebs sein.

Auch für das Fachgebiet von Dr. Reiher gilt: „Je früher wir solche Hinweise erkennen, umso besser sind die Heilungschancen. Bei einigen Männern reicht hier sogar eine sog. „aktive Überwachung“ des Krebsleidens aus. „Hier geht es auch darum, Männern Lebensqualität zu sichern“, so Frank Reiher.

Ein wichtiges Instrument der Diagnose bei Krebsverdacht ist in der Haldensleber Klinik die Fusionsbiopsie, die patientenschonend mit dem MRTund Ultraschall vorgenommen wird. Dabei werden die dreidimensionalen Bilder zusammengefügt und ermöglichen damit das Erkennen krebsverdächtiger Areale und deren gezielte Punktion. „Diese Technik hat uns weiter nach vorn gebracht“, so Dr. Reiher.

Ist ein operativer Eingriff notwendig können er und seine Kollegen gerade bei Prostata-Operationen heute schonender vorgehen. Nerven und Gefäße werden weniger in Mitleidenschaft gezogen, damit bleiben auch Erektion und Kontinenz erhalten.

Frank Reiher, der seit 13 Jahren bereits in der Haldensleber Klinik arbeitet und das Prostata-Karzinomzentrum aufgebaut hat, ist besonders stolz auf die umfassende Betreuung der Patienten - nicht zuletzt auch nach einer Operation. „Hier geht niemand raus ohne Anschluss an eine Reha und Nachsorge.“