Ausbildung Wie zwei junge Frauen in Calvörde ihren Beruf finden
Marie Fehse und Celine Kranz absolvieren bei der Stiftung Neinstedt in Calvörde ein Freiwilliges Soziales Jahr. Die jungen Frauen erzählen, wie diese Zeit ihre Berufswahl beeinflusst.

Calvörde - „Behinderte sind anders, wir auch“, sagen Marie Fehse und Celine Kranz. Die beiden jungen Frauen leisten derzeit ein Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ) in den Wohnhäusern der Evangelischen Stiftung Neinstedt in Calvörde.
Die beiden FSJlerinnen packen beim Sommerfest der Einrichtung für Menschen mit Handicap tatkräftig mit an. „Das Jahr bietet uns die Möglichkeit, die vielseitigen Aufgabengebiete von Pflegekräften kennenzulernen“, sagen die Freiwilligen, während sie die Kaffeetassen abwaschen. Schnell legen sie ihre Geschirrtücher beiseite, denn ihr Chef ruft sie. Der ist nämlich gerade bei seiner Festansprache und möchte das Engagement der jungen Leute hervorheben. „Ihr werdet viel zu oft bei den Würdigungen vergessen, obwohl ihr fast jeden Tag hier seid, fleißig und sogar freiwillig bei uns arbeitet“, sagt Rainer Jäschke, der für den Landkreis Börde verantwortliche Wohnverbundsleiter der Evangelischen Stiftung. Er bedankt sich bei den Freiwilligen.
„Marie und Celine sind sehr nett und helfen uns“, bestätigt auch Brigitte Lars. Sie wohnt seit 50 Jahren in den Häusern der kirchlichen Einrichtung und hat mit den Jahren schon viele junge Leute kommen und gehen gesehen. Für die Bewohner seien neue Mitarbeiter meist eine willkommene Abwechslung im Alltag.
Tosenden Beifall gibt es vom Publikum für die lobenden Worte. Wenn auch bei der Arbeit nicht gleich immer alles rund läuft, weil Berührungsängste und Anlaufschwierigkeiten überwunden werden müssen, so mache der Umgang mit Behinderten doch Spaß, sind sich die jungen Frauen einig. „Man geht motiviert an die tägliche Arbeit“, versichern die Mädchen, die in den Wohnhäusern ein gutes Betriebsklima angetroffen haben.
„Wir sind unter anderem dafür zuständig, die Betten zu machen, Essen zu verteilen, beim Anziehen zu helfen und bei der Körperhygiene zu unterstützen“, erklärt Marie Fehse, die in Calvörde wohnt. Die 18-Jährige erzählt, dass sie nach der Schule bereits ein FSJ in der Calvörder Kindertagesstätte absolviert hatte. „Dabei habe ich gemerkt, dass die Arbeit mit den Kindern mir nicht so liegt. Dann habe ich die Chance bekommen, mich in der Pflege von älteren Menschen auszuprobieren“, erzählt die Calvörderin. Die Arbeit in der Einrichtung würde genau das sein, wozu sie große Lust habe.
Mit dem freiwilligen Jahr Bedenkzeit überbrücken
„Die Arbeit mit Behinderten ist gar nicht so schlimm, wie ich es mir anfangs vorgestellt habe. Im Gegenteil – es macht Freude. Wir lachen viel mit den Bewohnern. Ich werde eine Ausbildung als Pflegefachkraft machen“, erzählt Marie Fehse.
„Wir begleiten Bewohner zu Terminen, gestalten Freizeitangebote und bieten Hilfestellungen bei hauswirtschaftlichen Tätigkeiten an“, ergänzt Celine Kranz. Die 16-jährige Wegenstedterin erzählt, dass sie nach ihrem Hauptschulabschluss nicht wusste, wie ihre berufliche Zukunft aussehen soll. So entstand nach einer Berufsberatung bei ihr die Idee, mit dem FSJ die Bedenkzeit zu überbrücken und mit der Zeit in der Einrichtung besser auf die berufliche Wirklichkeit schauen zu können.
„Durch meine Oma, die betreut werden muss, kannte ich die Pflege schon ein wenig. Ich wollte schauen, ob diese Tätigkeit mir wirklich liegt“, erzählt Celine. Nach ihren Worten stehe nun ihre Entscheidung fest, dass sie nach dem freiwilligen Jahr ihren Realschulabschluss machen wird und dann eine Ausbildung als Altenpflegerin beginnen möchte.
Dankbarkeit schafft Glücksmomente
In der Überzeugung, dass sie Menschen eine ganze Menge geben und vor allem viel fürs weitere Leben lernen können, sei das freiwillige Jahr ein Schritt, den sie bisher nicht bereut haben, so die Freiwilligen. „Die Bewohner zeigen auch ihre Dankbarkeit, wenn wir ihnen helfen. Von behinderten Menschen bekommt man vieles von dem, was man ihnen gibt, wieder zurück“, weiß Celine.
Als Glücksmomente empfindet es Marie Fehse, wenn sie früh morgens herzlich von den Bewohnern begrüßt wird. „Sie rufen dann: ,Marie, schön, dass du wieder da bist. Dann fängt der Tag für mich richtig gut an“, erzählt die 18-Jährige. Auch für Celine sind die dankbaren Gesten, wie eine spontane Umarmung einer Bewohnerin, eine schöne Motivation für die Arbeit.
Bundesfreiwilligendienst oder ein Schulpraktikum
„Wer Erfahrungen in einem sozialen oder diakonischen Arbeitsgebiet sammeln möchte, ein Interesse an den verschiedenen Arbeitsfeldern der Stiftung hat und eine intensive, praktische Orientierung sucht, kann eine der vielfältige Möglichkeiten im Rahmen der Freiwilligendienste, wie das FSJ oder den Bundesfreiwilligendienst, absolvieren“, erklärt Jäschke. Auch in Sachen Ausbildungen sei das Angebot nach den Ausführungen des Wohnverbundsleiters groß. Alle jungen Leute seien gerngesehen.
Auch ein Schulpraktikum sei möglich, um in einen sozialen Arbeitsbereich reinzuschnuppern. „Man sollte unvoreingenommen sein gegenüber Menschen mit Beeinträchtigung. Man sollte weltoffen sein, man muss keine kirchliche Prägung haben“, erklärt Rainer Jäschke.
„Das Freiwillige Soziale Jahr ist für Marie und Celine bald zu Ende. Deshalb steht jetzt die Tür für die nächsten Freiwilligen offen. Man kann mich jederzeit anrufen“, betont der Verbundsleiter.
Wer Interesse hat, ein Freiwilliges soziales Jahr oder den Bundesfreiwilligendienst in der Calvörder Einrichtung zu absolvieren, kann sich direkt bei Rainer Jäschke, Wohnverbundsleiter, Teufelsküche 6, 39359 Calvörde, unter Tel. 039051/98269 oder auf der Website unter www.neinstedt.de/esn/job-karriere informieren.