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Krankenhaus Bei Notfällen weiter im Einsatz

Fast 40 Jahre war Dr. Peter Hoffmann am Havelberger Krankenhaus tätig. Jetzt ist er im Ruhestand. Nicht ganz freiwillig.

Von Andrea Schröder 21.07.2018, 01:01

Havelberg l „Eine derart lange Zeit an einer Arbeitsstelle tätig zu sein, ist schon etwas Besonderes. 1979 habe ich als Pflicht­assistent begonnen und am 1. September 1980 wurde ich am Havelberger Krankenhaus fest angestellt. Ich war der erste Anästhesist dort, und auch der letzte“, erzählt der 64-Jährige im Gespräch mit der Volksstimme. Während seiner Facharztausbildung in Magdeburg war er eine Woche im Monat in Havelberg, um den Kontakt zu den Kollegen nicht zu verlieren. „Die zweite Besonderheit ist, dass ich in zwei gegensätzlichen Gesellschaftssystemen meinen Beruf ausüben konnte. Das liegt sicher an der Fachrichtung. Aber ich war auch nie in irgendeiner Partei und konnte dennoch meinen Weg gehen.“

Im Mai 1985 wurde an dem damaligen Kreiskrankenhaus die Anästhesieabteilung gegründet, zwei Jahre später wurde Peter Hoffmann Chefarzt dieser Abteilung, 1998 dann Leitender Chefarzt des Krankenhauses, was einem heutigen Ärztlichen Direktor gleichzusetzen ist. Während es medizinisch darum ging, den Patienten in der Intensivmedizin, der Anästhesie und der Notfallmedizin die bestmögliche Versorgung zukommen zu lassen, spielten nach der politischen Wende in der DDR plötzlich noch ganz andere Verantwortlichkeiten eine Rolle. Das Krankenhaus kam mit der Gebietsreform 1994 zum Landkreis Stendal und wurde eine gemeinnützige GmbH. Irgendwann ging es dann um die Existenz des Krankenhauses und Peter Hoffmann arbeitete gemeinsam mit dem damaligen Verwaltungsdirektor Wolfgang Lemke an einer zukunftsfähigen Lösung für die Einrichtung, die damals noch 140 Betten hatte.

2001 wurde das Krankenhaus von der KMG übernommen – einem privaten Träger. „Das war damals die beste Alternative“, sagt der Havelberger. „Die Krankenhäuser standen kurz vor der Einführung des Fallpauschalensystems und gerieten damit immer mehr unter stärkeren finanziellen Druck. Wir haben mit den Johannitern verhandelt und auch mit dem Träger des Krankenhauses in Seehausen. Die KMG bot uns Beschäftigungsgarantie für die Mitarbeiter, Bestandsschutz und Investitionszusagen“, denkt er an die aufreibende Zeit zurück. Etliche Jahre lief das Haus, das als Akutkrankenhaus mit 80 Betten geführt wurde, gut, es wurde investiert. „Für ein ,Provinzkrankenhaus‘ haben wir gute Medizin geboten und haben unsere Patienten auf der Höhe der Zeit versorgen können.“

Mit dem Beginn der baulichen Investitionen 2014, die 2016 abgeschlossen wurden, gingen Strukturänderungen innerhalb der KMG einher. Die zumindest baulich auf modernen Standard vorbereitete Intensivstation ist nie eröffnet worden. Vor zwei Jahren wurde auch noch die alte Intensivstation geschlossen. Es gibt nur noch Räume als sogenannte Intermediate Care Station (IMC), eine Überwachungsstation für die Patienten. „Das hatte Auswirkungen auf meine Arbeit und die Patientenzahl ging zurück. Wenn ich niemanden mehr intensivmedizinisch versorgen kann, finden bestimmte Behandlungen nicht mehr statt. Gleichzeitig sind die Qualitätsanforderungen gestiegen.

Wenn man diese erfüllen will, muss man investieren. Ein Computertomograph zum Beispiel gehört mittlerweile zur Grundausstattung. Es gab keinen, das schränkt unsere Möglichkeiten immer mehr ein.“ Zwar wurden viele Dinge durch die enge Zusammenarbeit mit den KMG-Häusern etwa in Kyritz und Wittstock aufgefangen, doch gingen damit eben die Patientenzahlen zurück. Jeder Patient mit Herzinfarkt- oder Schlaganfall-Verdacht zum Beispiel geht woanders hin.

„Dass eine eigene Kardiologie in Havelberg vorgehalten wird, geht tatsächlich nicht. Aber eine Intensivstation und ein CT wären erforderlich. Wir haben uns in Havelberg Gedanken gemacht, wie wir wirtschaftlich arbeiten und dennoch einen guten Standard anbieten können, etwa wenn wir die Intensivstation gleichzeitig als IMC-Überwachung und Aufwachraum nutzen, doch wurde uns von der Geschäftsführung immer wieder gesagt, dass investiert wird, wenn die Patientenzahlen steigen. Doch wo sollen die Patienten herkommen?“, spricht Peter Hoffmann die Problematik an. Seiner Ansicht nach wird andersherum ein Schuh daraus: „Das Krankenhaus kann nur existieren, wenn in Ausstattung und Personal investiert wird.“

Unter der Konstellation, keine ITS mehr, Operationen nur noch an drei Tagen pro Woche und immer mehr Personal, das woanders hin oder in den Ruhestand geht, sah der Arzt für sich keine Zukunft mehr an dem Krankenhaus und er entschied sich, vorzeitig in den Ruhestand zu gehen. Der Medizin bleibt er dennoch treu, denn als Notfallmediziner ist er weiterhin im Einsatz. „Ich war schon zu DDR-Zeiten Leiter der Schnellen Medizinischen Hilfe und bin im Landkreis Stendal als einer von zwei ärztlichen Leitern des Rettungsdienstes für den Bereich Havelberg zuständig. Ich beaufsichtige die Rettungswache, habe die fachliche Aufsicht, bestelle die Medikamente“, erklärt er. Zudem nimmt er aktiv am Notfalldienst teil, fährt als Notarzt aktuell vier bis sechs Dienste pro Monat. Die Notärzte werden in Sachsen-Anhalt von der Kassenärztlichen Vereinigung organisiert. „Den Notarztdienst mache ich gerne, das liegt mir, ich habe dafür die notwendige Berufserfahrung.“ Auch Dr. Peter Monschau, der als Chirurg im Havelberger Krankenhaus über 15 Jahre tätig war und nun ebenfalls in den Ruhestand gegangen ist, fährt weiter den Notfalldienst.

„Sorge vor Langeweile habe ich nicht. Ich versuche mehr Sport zu treiben, mache beim SV 90 Kraftsport und spiele Tennis. Außerdem fahre ich gerne Rad, bin sommers wie winters mit dem Fahrrad zur Arbeit gefahren“, berichtet der gebürtige Osterburger, der mit Begeisterung Havelberger ist, „von Anfang an stand für mich fest, dass ich hier freiwillig nie wieder wegziehe“. Mehr Zeit zum Lesen will er nutzen. Und dann sind da noch die Jagd und das Angeln, womit er sich die Bio-Lebensmittel für den Eigenbedarf sichert. Das ist eng verbunden mit einer weiteren Leidenschaft: das Kochen. „Die Küche ist mein Revier und wird es auch in Zukunft bleiben, vom Einkauf bis zum Abwasch ist das meins. Meine Frau kümmert sich um andere Dinge wie den Garten.“ Peter Hoffmann ist zudem seit 25 Jahren im Rotary Club Havelberg sozial engagiert und gehört zu den Gründungsmitgliedern.

Mit dem Abschied vom Krankenhaus schwingt auch Wehmut mit. „Ich finde es traurig, am Ende des Arbeitslebens sagen zu müssen, dass ich froh bin, aufhören zu können.“ Wobei das endgültige Ende seiner beruflichen Tätigkeit ja noch auf sich warten lässt, denn als Notarzt kümmert er sich weiterhin um Patienten.