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Corona Der Pferdemarkt 2021 in Havelberg ist abgesagt

Kein Pferdemarkt, kein Bootskorso: Der Stadtrat Havelberg hat entschieden, beide Veranstaltungen abzusagen. Somit gibt es auch in diesem Jahr wegen Corona keine fünfte Jahreszeit in der Hansestadt.

Von Andrea Schröder Aktualisiert: 31.05.2021, 18:57
Zehntausende Besucher lockt der Havelberger Pferdemarkt alljährlich ins Mühlenholz. Ein beliebtes Ziel ist dabei der Rummel mit rund 100 Fahrgeschäften und Versorgungsständen.
Zehntausende Besucher lockt der Havelberger Pferdemarkt alljährlich ins Mühlenholz. Ein beliebtes Ziel ist dabei der Rummel mit rund 100 Fahrgeschäften und Versorgungsständen. Archivfoto: Andrea Schröder

Havelberg - Die Mehrheit des Havelberger Stadtrates hat entschieden: Der Pferdemarkt und der Bootskorso 2021 finden aufgrund der Corona-Pandemie nicht statt. Im schriftlichen Verfahren waren die 20 Mitglieder aufgefordert, bis Montag, 12 Uhr, über die Beschlussvorlage zur coronabedingten Absage des Pferdemarktes und des Bootskorsos abzustimmen. 16 Antworten sind bei Evelin Bullwan, Sachgebietsleiterin Allgemeine Verwaltung, eingegangen. Zwölf Stadträte votierten für die Absage, drei dagegen, eines enthielt sich der Stimme. Mit den vier nicht geschickten Rückmeldungen sind es fünf Enthaltungen.

Bürgermeister Bernd Poloski (parteilos) hatte die Beschlussvorlage eingebracht, weil jetzt die Entscheidung getroffen werden müsse, ob der Pferdemarkt als größtes Volksfest in der Region stattfinden kann. Noch länger abzuwarten, sei nicht möglich gewesen. „Es kann sich sicherlich jeder vorstellen, dass es für mich als Bürgermeister sehr bedauerlich ist, den Pferdemarkt in diesem Jahr nicht durchzuführen. Dafür gibt es drei Gründe: Ich hätte unseren Einwohnern und Gästen nach der Absage 2020 ungeheuer gern dieses große Vergnügen wieder gegönnt. Zum zweiten ist der Pferdemarkt für die Stadt eine wichtige Möglichkeit, Einnahmen zu generieren. Wir müssen im zweiten Jahr darauf verzichten und Mindereinnahmen von 200.000 Euro hinnehmen, was angesichts unserer Haushaltssituation eine große Summe ist. Und drittens ist die Absage für mich persönlich bedauerlich, weil es mein letzter Pferdemarkt als Bürgermeister gewesen wäre.“

200.000 Euro Verlust für die Stadt

Dass die Entscheidung jetzt abgefordert wurde und nicht erst zur regulären Ratssitzung am 1. Juli hängt damit zusammen, dass bei der Stadt massiv Nachfragen von Händlern und Schaustellern eingehen nach einer verbindlichen Aussage zum Pferdemarkt, erklärt der Bürgermeister. Auch Besucher von auswärts fragen nach. Zudem sei die Stadt an rechtliche Vorgaben wie Ausschreibung und Vergabe von Dienstleistungen gebunden. Derzeit könne niemand sagen, wie die Regelungen Ende August/Anfang September sein werden. „Die aktuelle Eindämmungsverordnung gilt mit all ihren Einschränkungen bis 13. Juni. Vieles ist noch nicht möglich. Da ist es nicht vorstellbar, dass gut zehn Wochen später eine Veranstaltung mit 200.000 Besuchern stattfinden kann“, sagt Bernd Poloski.

Lieber noch etwas abgewartet und dann am 1. Juli im Stadtrat darüber diskutiert hätte Jürgen Kerfien, Vorsitzender der SPD-Fraktion.

SPD-Fraktion hätte gern später entschieden

„So hatten wir nur die Möglichkeit, Ja oder Nein zu sagen, und keine Alternative. Wir fahren alle auf Sicht, gehen davon aus, dass sich nicht viel ändern wird und die Impfungen schleppend weitergehen. Aus Verwaltungssicht ist die Entscheidung verständlich und wir wollen auch nicht, dass Havelberg zum Hotspot wird. Doch bin ich nicht dafür, jetzt schon abzusagen. Über eine Veranstaltung im kleineren Maßstab mit zum Beispiel Schankschluss und Kontrollen hätten wir reden können. Ich glaube, mit gewissen Einschränkungen wäre was möglich und die Schausteller würden auch noch im Juli/August entscheiden können, ob sie nach Havelberg kommen.“ Nach zwei Jahren ohne Pferdemarkt rechne er damit, dass es schwer werde, an Vor-Corona-Zahlen wieder heranzukommen, so Jürgen Kerfien. Er denkt an einen „kleinen Pferdemarkt“, wie es ihn 2013 nach der Flutkatastrophe auf Privatinitiative gegeben hatte. Mit solch einer Aktion würde man wenigstens am Ball bleiben. In der Fraktion gebe es unterschiedliche Meinungen zu dem Thema, die Stadträte hatten sich telefonisch verständigt – abgestimmt hat jeder für sich.

Mit der Absage des Oktoberfestes in München, aber auch des Burgfestes in Tangermünde sei schon klar gewesen, dass auch der Pferdemarkt in Havelberg nicht stattfinden kann, sagt Doreen Müller, Vorsitzende der CDU-Fraktion. „Die Situation ist noch immer ungewiss, aber die Stadt muss handeln. Wir können die Schausteller nicht noch länger hinhalten, wir tragen eine Verantwortung“, bleibe aus ihrer Sicht nur die Absage des Marktes. „Wir sind alle traurig. Aber wir hoffen, dass wir die Corona-Pandemie 2022 so im Griff haben, dass wir den Pferdemarkt wieder feiern können.“

Beim Bündnis Stadt-Land war die Entscheidung klar, sagt Fraktionsvorsitzende Sabine Schulze. „Wir hatten diese Diskussion schon im letzten Jahr. Wir wollen keine Verantwortung für eventuelle Katastrophen übernehmen. Die Situation hat sich nicht verbessert. Wir hoffen, dass Corona 2022 nicht mehr so präsent ist und der Markt stattfinden kann.“ Der Fraktionsvorsitzende der Linken, Herbert Luksch, war gestern nicht zu erreichen.

Marktmeister: Pferdemarkt ist gelebte Freiheit

Für Marktmeister Dieter Härtwig ist es aktuell überhaupt keine Frage, ob der Pferdemarkt stattfinden kann. Er bringt es kurz und knapp auf den Punkt: „Der Pferdemarkt ist gelebte Freiheit, Wildwest-Romantik am Lagerfeuer. Das ist mit all den Regeln und Einschränkungen nicht möglich.“ Neben dem organisatorischen Aufwand, der für ein Fest, das normalerweise auf der Wiese gefeiert wird, unter Corona-Regelungen erforderlich wäre, führt er die Kosten ins Feld. Etwa, wenn man die Sicherheitskräfte und die Dusch- und Toilettencontainer verdoppeln würde. Da kämen allein schon einige 10.000 Euro zusammen. Täglich hat er Anrufe von Händlern, Trödlern, Schaustellern, Besuchern. Auch wenn so mancher hoffte, dass Havelberg am ersten Septemberwochenende zum Markt willkommen heißen kann, gebe es viele Realisten und somit Verständnis. „Natürlich bin ich auch traurig über die Absage. Aber wir können nicht seriös planen. Ein Zaun passt nicht zum Pferdemarkt. Der Markt ist so, wie er ist, alles andere wäre Ersatz.“