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Medizin Der Rettungsdienst ist auch ohne Krankenhaus in Havelberg gesichert

Verantwortliche sehen Rettungsdienst im Elb-Havel-Winkel auch ohne Krankenhaus als sicher

Von Andrea Schröder 21.04.2021, 19:08
Peter Ruppert und  Dr. Peter Hoffmann (von rechts),  hier mit Notfallsanitäter Stefan Skibbe vor der Rettungswache in Havelberg, sehen die Notfallversorgung als gesichert an.
Peter Ruppert und Dr. Peter Hoffmann (von rechts), hier mit Notfallsanitäter Stefan Skibbe vor der Rettungswache in Havelberg, sehen die Notfallversorgung als gesichert an. Foto: Andrea Schröder

Havelberg

2250 bis 2500 Einsätze ist der Rettungsdienst der Johanniter-Unfall-Hilfe in den Jahren 2015 bis 2019 im Bereich Havelberg gefahren. 2020 waren es 2634 Fälle. Eine Steigerung, die mit der im September 2020 erfolgten Schließung des Havelberger Krankenhauses zusammenhängt. Aber nicht nur, wie Landrat Patrick Puhlmann (SPD), der Hauptamtliche Regionalvorstand der Johanniter-Unfall-Hilfe Peter Ruppert und der Leitende Notarzt für den ostelbischen Rettungsdienstbereich Dr. Peter Hoffmann berichten. Es sind verschiedene Faktoren, die sich in den Zahlen niederschlagen, weshalb ein Vergleich nur bedingt möglich ist.

„Dass die Zahl der Einsätze gestiegen ist, hängt auch mit dem Anforderungsverhalten der Patienten zusammen“, macht Peter Hoffmann auf einen weiteren Fakt aufmerksam. Das sei allgemein so, die 112 werde öfter in solchen Fällen gewählt, wo normalerweise auch der ärztliche Bereitschaftsdienst, der unter der 116 117 erreichbar ist, helfen könnte. Das sei im gesamten Landkreis so, ergänzt der Landrat. Fakt ist, so versichert der Leitende Notarzt, der viele Jahre als Anästhesist und Leitender Chefarzt im Havelberger Krankenhaus tätig war, dass die Notfallversorgung der Bevölkerung gesichert ist.

Für den ostelbischen Bereich stehen in der Rettungswache in Havelberg und in der vor gut einem Jahr neu eingerichteten Wache in Klietz jeweils ein Rettungswagen (RTW) rund um die Uhr zur Verfügung. Hinzu kommt seit September 2020 ein Mehrzweckfahrzeug, das werktags montags bis freitags von 8 bis 16 Uhr verfügbar ist. „Damit können wir die Einsatzzeiten, die sich deutlich verlängert haben, kompensieren“, sagt Patrick Puhlmann. Dieses Fahrzeug sei ganz bewusst in Havelberg nicht als Krankentransportwagen (KTW), sondern auch als RTW stationiert worden, als das Krankenhaus geschlossen wurde. „Damit steht immer ein Auto zur Verfügung. Die Zahl der Fälle, in denen Rettungswagen aus anderen Bereichen hinzugezogen werden müssen, hat sich nicht wesentlich vergrößert.“

Weiteres Fahrzeug kompensiert längere Einsatzzeiten

Der Landrat sieht in der Stationierung eines zusätzlichen Fahrzeuges und der Eröffnung der Rettungswache in Klietz eine deutliche Verbesserung bei der Einhaltung der Hilfsfristen, die beim RTW bei zwölf Minuten nach Eingang des Notrufes in der Leitstelle und beim Notarzt bei 20 Minuten liegen. Darum steht der Landkreis mit den Krankenkassen in Verhandlungen, damit der Status quo mindestens erhalten bleibt, im besten Fall die Einsatzzeit des Fahrzeuges verlängert wird, so der Landrat. Ziel sei es, die Zeit auf zwölf Stunden pro Tag plus Wochenende auszudehnen.

Die Einsatzzeiten eines Fahrzeuges haben sich um ein Viertel verlängert, berichtet Patrick Puhlmann weiter. Im Schnitt sind es 25 Minuten mehr. Das hat einerseits damit zu tun, dass die Wege in ein Krankenhaus länger geworden sind, andererseits dauert es aufgrund der Pandemiebestimmungen länger, bis ein Fahrzeug nach der Desinfektion wieder einsatzbereit ist.

Grundsätzlich gilt in Notfällen, dass das nächst gelegene und geeignete Krankenhaus angefahren werden muss, macht Peter Hoffmann deutlich, dass es dafür klare Regelungen gibt. „Welches Krankenhaus er anfährt, entscheidet der Notarzt.“ Das Havelberger Krankenhaus sei schon vor seiner Schließung oftmals nicht angefahren worden. Das lag in seiner Struktur und Leistungsfähigkeit begründet. Bei Herzinfarkten, Schlaganfällen und schweren Verletzungen etwa wurden die Patienten in andere Krankenhäuser gebracht. „Gut 50 Prozent der Patienten wurden schon damals in andere Krankenhäuser gefahren. Hinzu kamen Verlegungen von Havelberg in andere Kliniken“, sagt Peter Ruppert, dass sich die Situation für den Rettungsdienst mit der Schließung des Krankenhauses nur bedingt geändert hat. Die meist angefahrenen Krankenhäuser sind Perleberg und Stendal, weil sie ein umfangreiches Leistungsspektrum bieten und mit Sondersignal schnell erreichbar sind, so Peter Hoffmann.

Mitarbeiter werden bestens qualifiziert

Im Grenzbereich zum Brandenburgischen gibt es schon immer Kooperationen mit den benachbarten Rettungsdiensten. Hinzu kommen regelmäßig die Rettungshubschrauber, die aus Perleberg, Brandenburg oder Magdeburg angefordert werden und innerhalb von 15 bis 20 Minuten vor Ort sein können.

Ob zu einem Notfall der Notarzt hinzugerufen wird, entscheidet zunächst die Leitstelle anhand eines standardisierten Abfrageschemas für die Dringlichkeitseinstufung. Je nach Situation vor Ort kann der Notarzt von der Besatzung des RTW nachgeordert werden. Eine Schmerzbehandlung etwa können die Notfallsanitäter unverzüglich nach Rücksprache mit dem Notarzt vornehmen. „Die Abläufe sind standardisiert und die Notfallsanitäter sehr gut ausgebildet. Die Johanniter-Unfall-Hilfe ist sehr aktiv darin, ihre Mitarbeiter bestens zu qualifizieren“, schätzt Peter Hoffmann ein.

Verringert hat sich die Zahl der Krankentransporte zum Beispiel, weil keine Verlegungen in andere Krankenhäuser mehr stattfinden und weil teilweise private Dienste Transporte übernehmen.

Ein Arzt für den Bereitschaftsdienst

Viele Fälle, die in der Leitstelle eingehen, sind keine lebensbedrohlichen und wären oftmals ein Fall für den ärztlichen Bereitschaftsdienst außerhalb der Hausarzt-Sprechstunden. Die Zahl der Hausbesuche ist nicht gestiegen, wie Peter Ruppert berichtet. Hier steht für den ostelbischen Bereich ein Arzt rund um die Uhr zur Verfügung, der auch Hausbesuche macht und zum Beispiel die leichte Kopfplatzwunde beim Kind oder den verstopften Katheter bei einem Senior im Pflegeheim behandeln kann. Eine wichtige Ergänzung zum Rettungsdienst, wie Peter Hoffmann findet.

Etwa drei Viertel der Anforderungen sind keine echten Notfälle für den Notarzt. Die Steuerung dieser Einsätze soll optimiert werden. „Das ist bundesweit in der Diskussion“, sagt Peter Ruppert. Auch wenn es öfter um vermeintliche Bagatellsachen geht: „Es muss niemand Angst haben, den Rettungsdienst zu rufen. Die Versorgung ist flächendeckend gut organisiert und wir haben eine gute Erreichbarkeit.“