Apotheke Desinfektion aus dem Labor
Auf die aktuelle Corona-Situation hat sich auch die Schönhauser Fontane-Apotheke eingestellt. Desinfektionsmittel werden selbst hergestellt.
Schönhausen l In der Schönhauser Apotheke herrscht ein Kommen und Gehen. Medikamente werden abgeholt, freiverkäufliche Medizin und Kosmetik ebenso. Und immer wieder die Frage: „Gibt es Desinfektionsmittel und Mundschutz?“ Welche Antwort Apotheker Steffen Braunschweig darauf gibt, sagt er im Volksstimme-Interview.
Gibt es denn Desinfektionsmittel und Schutzmasken?
Ja. Ja. Aber nicht in der Auswahl und Menge, wie man es gewöhnt ist und in welchem Umfang diese benötigt werden. Mundschutz oder gar Atemschutzmasken gibt es momentan überhaupt nicht auf dem Markt, einige wenige und die auch nur für Kinder haben wir noch – aber sie passen zur Not auch Erwachsenen. Und Desinfektionsmittel für die Hände gibt es momentan auch nur selbst Hergestelltes.
Die fertig produzierten Desinfektionsmittel sind also ausverkauft?
Ja, am 3. März sind die letzten ausgegeben worden, obwohl wir wirklich viel auf Lager hatten. Wir bestellen zwar immer wieder, aber geliefert wird nichts.
Apotheken dürfen nun auch selbst entsprechende Mittel herstellen?
Ja, die entsprechende Verordnung zur Herstellung von Desinfektionsmitteln wurde dahingehend geändert. Aber ganz so einfach ist das auch nicht. Denn wir brauchen dafür unter anderem 96-prozentigen Alkohol oder Isopropanol – beides ist inzwischen neben Flaschen zum Abfüllen auch Mangelware. Deshalb war es Dienstagabend fast wie Weihnachten, als wir einen Zehn-Liter-Kanister Isopropanol und dazu die Fläschchen zum Abfüllen geliefert bekamen.
Im Labor, das sonst sicher nicht so oft in Nutzung ist, wird alles gemischt?
Genau. Hilfe haben wir dabei von Praktikantin Ina Haake, die als Pharmaziestudentin an der Uni in Halle jetzt ein freiwilliges Praktikum bei uns macht. Die Unis haben ihre Pharmaziestudenten in dieser Hinsicht angehalten, örtlichen Apotheken ihre Hilfe anzubieten. Und dass das Labor nun wieder stärker in Anspruch genommen wird, stimmt auch. Sonst brauchen wir es maximal einmal am Tag, nun natürlich öfters.
So ein kleines 50-Milliliter-Fläschchen ist nicht groß ...
Stimmt, aber es reicht beim Hausgebrauch für ein paar Tage. Ohnehin bleibt es am wichtigsten, sich regelmäßig mit Seife die Hände zu waschen. Wir haben natürlich immer einen Notvorrat für Arztpraxen und Pflegedienste.
Welche Maßnahmen haben Sie zum Schutz der Mitarbeiter und der Kunden getroffen?
Draußen steht ein Schild mit den Verhaltensregeln. Es dürfen nur maximal vier Personen rein, die angehalten sind, sich im Eingangsbereich die Hände zu desinfizieren. Drinnen gibt es markierte Warteflächen pro Person. Außerdem hat Hagen Siedler uns Schutzglas für den Bereich an den Kassen gebaut. Wer Erkältungssymptome wie Fieber und oder Husten hat, muss die Notklingel bedienen und darf die Apotheke nicht betreten – aber das war bisher nicht der Fall. Die Belegschaft nimmt den Eigenschutz zudem sehr ernst.
Reichen diese Vorsichtsmaßnahmen?
Erst einmal ja. Sollte die Zahl der Infizierten drastisch ansteigen, werden wir weitere Vorkehrungen treffen.
Welche?
Mundschutz für den Eigenbedarf liegt bereit. Und wir überlegen, abwechselnd in zwei Teams mit dann damit verbundener geringfügiger Einschränkung der Öffnungszeiten zu arbeiten, damit im Falle einer Infizierung eines Mitarbeiters das andere Team den Betrieb aufrecht erhalten kann. Wir sind insgesamt neun Mitarbeiter. Zwei Angestellte sind meine Vertreterinnen – einer von uns dreien muss laut Vorschrift immer vor Ort sein.
Kommen jetzt mehr oder weniger Kunden her?
Letzte Woche waren es deutlich mehr. Aber es gab keine Hamsterkäufe, eben nur ein wenig Vorrat. Merklich verstärkt genutzt wird unser Lieferdienst. Es gibt in Schollene und Klietz Rezeptsammelstellen, die stärker als sonst üblich genutzt werden. Andreas Bärmann fährt einmal täglich durch den Elb-Havel-Winkel – die Runden sind jetzt deutlich länger.
Desinfektionsmittel und Mundschutz sind Mangelware – andere Medikamente auch?
Ja, da gibt es einige. Aber das auf Corona zu schieben, wäre falsch. Denn die Lieferschwierigkeiten gab es schon vorher. Ich befürchte, dass sich das Problem erst noch verstärken wird. Denn zahlreiche Medikamente oder deren benötigte Inhaltsstoffe kommen aus China und Indien, wo ja mehrere Wochen nicht mehr produziert worden ist. Dort fängt man nun erst langsam wieder mit der Herstellung an. Und bis die Produktion wieder voll angelaufen ist und alles in Deutschland ankommt, könnte es zu Engpässen kommen. Schon jetzt muss man in einigen Fällen etwas länger warten oder auf einen anderen Hersteller mit gleichen Inhaltsstoffen ausweichen. Aber es braucht niemand Sorge zu haben, dass es keine entsprechenden Medikamente mehr gibt.
Was raten Sie den Menschen in Corona-Zeiten?
Abstand von mindestens anderthalb Metern halten und die Vorgaben der Behörden einhalten. Das ist absolut keine übertriebene Vorsichtsmaßnahme, sondern wirklich das Wichtigste, um sich zu schützen und sich nicht anzustecken. Und wenn man vom Einkaufen oder dergleichen nach Hause kommt, gründlich Hände waschen! Desinfektionsmittel in Maßen benutzen!