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Inferno Vor 150 Jahren wütete der Stadtbrand

Am 6. Februar vor 150 Jahren brach auf der Havelberger Stadtinsel ein flammendes Inferno aus, dem viele Häuser zum Opfer fielen.

Von Andrea Schröder 06.02.2020, 00:01

Havelberg l „Es ist Mittag am 6. Februar 1870. Die Havelberger werden um zwölf Uhr durch Sturmgeläut aller Kirchenglocken aus ihrer sonntäglichen Ruhe gerissen. Das Gebäude eines Schlächtermeisters in der Schulstraße 149 steht in hellen Flammen. Die im Hinterhaus einquartierten Soldaten hatten wegen der strengen Kälte einen Ofen zu kräftig geheizt. Das auf dem Boden liegende Stroh war durch das glühende Eisen des Ofens in Brand gesteckt worden. Einwohner eilen zu Hilfe. Es weht jedoch ein derart starker Nordostwind, dass die Flammen schnell auf die Nachbarhäuser übergreifen. Eisige Kälte lässt die Schläuche am Boden an- und die Pumpen einfrieren. So kann sich das Feuer wie ein Flammenmeer schnell ausbreiten.“

So wird in der Chronik der Havelberger Feuerwehr beschrieben, wie es vor 150 Jahren zum großen Stadtbrand in Havelberg gekommen ist. Einer, der diese Geschichte sehr genau kennt, ist Manfred Philipp. Seit vielen Jahren kümmert er sich um die Chronik der Feuerwehr, hat 2017, als sie ihr 140-jähriges Bestehen gefeiert hat, maßgeblich an der Ausstellung mitgearbeitet. Die beleuchtete nicht nur die Geschichte der Feuerwehr, sondern auch das, was zuvor passiert war. Dazu gehört der Stadtbrand, der ausschlaggebend für die Gründung der Feuerwehr am 25. Juli 1877 war.

Denn eine Feuerwehr gab es 1870 noch nicht. In der Chronik heißt es: „Das Havelberger Löschaufgebot, gebildet aus den Handwerkergilden der Stadt und der Umgebung, kann das Feuer nicht eindämmen. Die Löschkräfte bergen das Mobiliar aus den bedrohten Häusern. Doch schon bald laufen sie zu ihren eigenen Wohnungen, um auch hier zu retten, was noch zu retten war. Nachmittags gegen vier Uhr geben die letzten Mutigen die Spritzen auf. Havelberg war den Flammen ausgeliefert.“

In ihrer Verzweiflung schickte die Stadtverwaltung einen Hilferuf an das Kommando der Berliner Feuerwehr: „Bitten dringend um Abordnung einer starken Feuerwehrabteilung mittels Extrazuges, da die ganze Stadt in größter Gefahr! Der Magistrat.“ Der Innenminister setzte sich mit König Wilhelm I. in Verbindung. Zusammen mit Branddirektor Carl Ludwig Scabell wird beraten, ob dem Hilferuf stattgegeben werden könne. Dann ein zweites Telegramm: „Wenn die Hilfe nicht sofort kommt, ist alles verloren!“ Kurze Zeit später erhält Scabell vom Innenminister den Auftrag, „auf königlichen Befehl Hilfstruppen der Berliner Feuerwehr nach Havelberg“ zu entsenden. Diesem Einsatz ist es zu verdanken, dass nicht die gesamte Altstadt Havelbergs ein Raub der Flammen wird.

Noch heute steht Manfred Philipp, der der Havelberger Wehr seit 1956 angehört und nach Beendigung des aktiven Dienstes in der Altersabteilung mitwirkt, in engem Kontakt mit dem Förderverein des Feuerwehrmuseums Berlin, wo die Erinnerung an den Stadtbrand und die Hilfeleistungen noch immer wach gehalten werden. Und er bekommt ab und an auch immer noch neue Dokumente dazu. So erst vor einigen Monaten einen Auszug aus einer alten Gerichtszeitung zu diesem Thema. „Mit Horst Gormann und Günter Strumpf telefoniere ich regelmäßig und wir plaudern über alte Zeiten“, erzählt Manfred Philipp.

Damit die Geschichte bewahrt wird, hält er die umfangreiche Chronik der Feuerwehr zusammen und will sie irgendwann dem Prignitz-Museum übergeben. Dort werden auch schon alle Tafeln aufbewahrt aus der Ausstellung von 2017.