Kulturstiftung des Bundes fördert in den nächsten drei Jahren das modellhafte Projekt Interaktives Kulturverzeichnis als Vorbild
Die Hanse- und Domstadt Havelberg soll auch "Kleinste Kulturhauptstadt Europas" werden. Dieses Ziel hat sich das "Kulturprojekt Stadtinsel" gesetzt. Dazu gehört auch ein Adressverzeichnis der Kulturschaffenden.
Havelberg l Am heutigen Freitag findet in Werben ab 19.30 Uhr ein Blueskonzert mit dem Kölner Eric Zeiler in der St.-Johannis-Kirche statt. Der Havelberger Peter Meier ist Fan von ihm und sucht im Internet nach Gleichgesinnten. Rasch findet sich eine vierköpfige Fahrgemeinschaft zusammen. Das Auto-Übersetzgeld für die Fähre spart der Fahrer auch noch: Denn ein Kulturfreund aus Werben holt die Gruppe von der Fähre ab, das Auto kann am Ostufer stehen bleiben.
Einzig der Konzerttermin ist real, der Rest erfunden. Noch immer bildet die Elbe eine trennende (Kultur)Grenze zwischen Ost und West. Doch muss dies auf Dauer nicht so bleiben, wenn es nach den Plänen des Kulturprojekt-Vereins aus Havelberg geht.
Am Montag hatte eine Veranstaltung im Rathaus stattgefunden, auf der die Idee den Interessenten präsentiert wurde. Geplant ist, im Internet ein virtuelles Informations-Netz für Kulturangebote und -anbieter in Altmark, Prignitz und Ostprignitz-Ruppin herzustellen. Ein Kulturadressbuch soll entstehen, das aber noch weit mehr kann.
"Mit diesem Adressverzeichnis wollen wir über die Stadtgrenzen hinaus denken und verborgene Schätze heben", begründete Kulturberater und Initiator Reinhart Richter das Projekt. Besonders in solch dünn besiedelten Regionen sei es für Künstler schwer, ein Publikum zu finden. Mit dem Verzeichnis soll ein großer Bezugsraum geschaffen werden.
Im Verzeichnis sollen sich Künstler und andere Kulturanbieter wiederfinden. An Kultur interessierte Personen werden angeschrieben. Das Verzeichnis wird in Sparten untergliedert, beispielsweise Tanz, Orgel, Theater oder Bildhauerei. Interessenten können sich zu Terminen verabreden oder bei Bedarf Fahrgemeinschaften bilden. Ein Unterpunkt würde die Rubrik "Hol über!", wo man sich gegenseitig ans andere Elbufer einladen und dort zum Konzert chauffieren kann.
Ja, sogar die Fähre selbst könnte als "Bühne" für Orchester- oder Theateraufführungen genutzt werden, schwebte Reinhart Richter eine weitere Idee vor. Ganz nach dem Motto "Der Weg ist das kulturelle Ziel". Doch steht das auf einem ganz anderen Blatt...
Eine grobe Skizze, wie das System funktionieren könnte, lieferte eine Software-Firma aus Berlin. Auch soll es möglich sein, Kommentare zu den Kulturangeboten zu schreiben oder die Beiträge auf Facebook zu veröffentlichen.
Ein Geldgeber für die Anschubfinanzierung fand sich in der Kulturstiftung des Bundes. Eigentlich werden meist große Vorhaben unterstützt, aber auch beispielhafte kleinere ehrenamtliche Initiativen wie jene in Havelberg würden gefördert, betonte Kirsten Haß von der Stiftung. Sie sei schwer beeindruckt von Havelberg und denke, dass dieses Projekt modellhaft wirken könnte. Darum wird der Verein in den nächsten drei Jahren eine Anschubfinanzierung für das Adressverzeichnis erhalten.
Reinhart Richter hofft, dass die Software spätestens in zwei Monaten im Internet genutzt werden kann. Nach der Veranstaltung führte er interessierte Gäste noch zu den einzelnen Stationen des Kulturprojektes auf der Stadtinsel. In das Kulturprojekt füge sich das Bilderbuch-Café gut ein, meinte Reinhart Richter zu den Gästen.
Eine Anmerkung: Vielleicht könnte die Software noch um die Rubrik "Fährmann-Benachrichtigung" erweitert werden: Denn die Räbeler Fähre setzt in der Woche nur bis 20 Uhr über, am Wochenende ist gar schon um 18 Uhr Feierabend. Und wer will abends schon den großen Umweg in Kauf nehmen?