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Kirche Mit dem Marienaltar ins neue Jahr

Seit Mitte Oktober ist die Kirchengemeinde Havelberg ohne Pfarrer. Die Arbeit ist auf viele Schultern verteilt.

Von Andrea Schröder 18.11.2020, 00:01

Havelberg l „Wir haben viel zu tun, aber wir sind ein eingespieltes Team und wussten dieses Mal, was auf uns zukommt, wenn der Pfarrer geht“, berichtet die Vorsitzende des Gemeindekirchenrates Sabine Ruß im Gespräch mit der Volksstimme. Frank Städler hatte sich mit seiner Familie Mitte Oktober von Havelberg verabschiedet, weil er eine freie Pfarrstelle in Beeskow an der Spree angenommen hatte.

Für die wirtschaftliche Seite der Kirchenarbeit steht während der Vakanzzeit Pfarrer Norbert Merten aus Rühstädt den Havelbergern zur Seite. „Er kennt sich aus, hat das 2012, als wir schon einmal einige Monate ohne Pfarrer waren, bereits übernommen. Die Mitarbeiterinnen im Kirchenbüro Frau Busse und Frau Kerfien sind super eingearbeitet. Der normale Kirchenbesucher merkt das Fehlen des Pfarrers vermutlich gar nicht“, schätzt Sabine Ruß ein.

Für die Gottesdienste ist die Kirchengemeinde in der glücklichen Lage, mit Friedrich Egberink und Ralf Dülfer zwei ausgebildete Lektoren zu haben. Sie haben zudem Kontakte zu anderen Lektoren, die aushelfen können. Außerdem steht mit dem Havelberger Rainer Richter ein Pfarrer im Ruhestand zur Verfügung. An jedem ersten Sonntag im Monat hält die Bad Wilsnacker Pfarrerin Anna Trapp die Gottesdienste, die in der Kirchengemeinde als Familiengottesdienste stattfinden. So wie der nächste am 6. Dezember, dem Nikolaustag.

Im Gemeindekirchenrat sind die Aufgaben klar verteilt, berichtet die Vorsitzende weiter. So kümmert sich Nancy Lewerken zum Beispiel um die Kinderkirche. Zum Sankt Martinstag, wenn normalerweise in Havelberg das große Martinsfest stattfindet, hat sie Laternen für die Kinder gebastelt, die sie ins Fenster stellen konnten. Max Tietze sorgt dafür, dass die Internetpräsentation stets auf aktuellem Stand ist. Mit Fotos und kleinen Filmsequenzen hält er die Besucher der Seiten auf dem Laufenden. Klaus-Dieter Steuer begleitet bauliche Vorhaben. Aktuell muss er sich um den starken Schimmelbefall kümmern, der in der Stadtkirche wieder aufgetreten ist. „Jeder hat sein Feld, aber natürlich fehlt uns die Leitfigur, denn alle sind ehrenamtlich tätig. Was uns Bauchschmerzen bereitet, ist die Weihnachtszeit. Ideen haben wir, doch müssen wir die Corona-Regelungen dafür abwarten“, sagt Sabine Ruß.

Wie in anderen Kirchengemeinden, gibt es auch in Havelberg den Gedanken, draußen zum Gottesdienst einzuladen. Allerdings soll dies die letzte Variante sein. „Leider steht uns die Stadtkirche nicht zur Verfügung, dann hätten wir neben dem Dom noch einen weiteren großen Raum, um auf Abstand Gottesdienste feiern zu können. Der Paradiessaal ist dafür nicht geeignet. Unsere Überlegungen gehen dahin, an Heiligabend mehrere Veranstaltungen anzubieten. Vielleicht ist das Ausgeben von Eintrittskarten eine machbare Variante. Es wäre jedenfalls fatal, Leute wegschicken zu müssen“, findet sie. Domkantor Matthias Bensch war vor dem erneuten Lockdown dabei, mit den Kindern das Krippenspiel einzustudieren. Jetzt übt er mit ganz kleinen Gruppen. Ob es Aufführungen geben darf, hängt von den Entscheidungen zu Corona ab. Für den ersten Weihnachtsfeiertag hat die Katholische Gemeinde angefragt, ob sie den Dom nutzen kann. „Vielleicht machen wir auch was gemeinsam.“

Mit dem Weggang der Pfarrfamilie Mitte Oktober mussten weitere Aufgaben neu verteilt werden, um die sich Kathrin Städler im Rahmen ihrer Spirituellen Erwachsenenbildung gekümmert hat. Die Regie für die Domgruppe, die die regelmäßigen Öffnungszeiten des Gotteshauses absichert, hat Gerda Schürmann übernommen. Sobald sich der Dom wieder für Besucher öffnen darf, sind die Ehrenamtlichen wieder im Einsatz. Die Zeiten werden in der Winterzeit verkürzt auf 13 bis 16 Uhr und die Tage der Öffnung an die des Prignitz-Museums angepasst. Um den Dekanatsgarten kümmert sich Karin Zombronner.

Im Blick hat der Kirchenrat das Jahr 2021, in dem dann, so hoffen nicht nur die Kirchenmitglieder, das Domjubiläum gefeiert werden kann. Die Domweihe vor 850 Jahren soll künftig der Termin für das bisherige Domfest sein. „Wir haben uns entschieden, terminlich und begrifflich etwas Neues zu etablieren. Zum Domfest im Juni gab es oft Überschneidungen mit dem Havelbiwak der Bundeswehr und auch mit dem Mittelalterspektakel auf der Plattenburg. Der Termin der Domweihe am 16. August 1170 ist ein guter Bezug für ein Domweihfest“, erklärt die Kirchenratsvorsitzende.

„850 plus 1“ soll es 2021 heißen. Der zum Domjubiläum angefertigte Marienaltar als fotografische Abbildung des Altaraufsatzes, der bis 1607 im Chorraum des Domes gestanden hatte und später in der Rossower Kirche aufgebaut wurde, soll deshalb noch im Dom verbleiben. Er dokumentiert die wechselvolle Geschichte des St. Marien gestifteten Gotteshauses, das zunächst katholisch war und nach der Reformation im 17. Jahrhundert evangelisch wurde.

Wann die Kirchengemeinde einen neuen Pfarrer begrüßen kann, steht noch nicht fest. Das Prozedere ist dieses Mal anders. Nicht die Kirchengemeinde, sondern das Konsistorium fällt die Entscheidung. „Wir rechnen nicht vor dem nächsten Frühjahr mit einer Neubesetzung der Stelle. Oftmals nutzen Pfarrfamilien Ferienzeiten für einen Umzug, vielleicht wären die Winterferien ein guter Anlass“, hofft die Kirchenratsvorsitzende. Sie ist froh, dass für Havelberg mit 650 Gemeindegliedern weiterhin eine volle Pfarrstelle vorgesehen ist, womit auch die touristische Bedeutung des Domes berücksichtigt wird.

„Wir haben uns gut organisiert. Hilfreich sind dabei unsere WhatsApp-Gruppe und E-Mails. Was der eine nicht weiß, weiß der andere. Wenn der eine nicht kann, kann der andere“, ist die Gemeindekirchenratsvorsitzende froh, engagierte Mitstreiter an ihrer Seite zu wissen.