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Kirchweihjubiläum Seit 170 Jahren läuten die Glocken

Weil beim großen Schollener Dorfbrand im Juni 1844 auch die Kirche niedergebrannt war, musste sie neu aufgebaut werden.

Von Ingo Freihorst 07.10.2019, 15:44

Schollene l Fünf Jahre später wurde der Neubau geweiht – also vor genau 170 Jahren. Anlässlich des runden Kirchweih-Jubiläums hatte der Gemeindekirchenrat eine Fotoausstellung rund um die Kirche zusammengestellt. Die gesammelten Werke wurden mit Klammern an Wäscheleinen im Kirchenschiff aufgehängt, beim Erntedankgottesdienst am Sonntag konnten sie erstmals betrachtet werden. „Der Großteil der Fotos stammt von Edgar Musow, er hatte uns sehr geholfen“, berichtetet Birgit Lewerenz, Vorsitzende des Kirchspiels Molkenberg-Schollene, zu welchem auch Ferchels gehört.

Zu sehen sind neben Aufnahmen von der Kirche unter anderem Fotos von Konfirmanden- oder Klassentreffen. Etliche der ausgestellten Abbildungen entstanden zudem im Kunstkreis der Kirchgemeinde, welcher sich alle zwei Wochen im Wechsel mit dem Singkreis im Pfarrhaus trifft. Leiter Christoph Wolf – der Pädagoge leitet auch den Singkreis – hatte dazu ein Foto von der Kirche am Computer bearbeitet, was danach von den Teilnehmern bunt bearbeitet oder ausgemalt werden konnte. Den Singkreis gibt es seit etwa 15 Jahren, die Kunstgemeinschaft hingegen ist noch recht jung.

Der Singkreis begleitete diesen Erntedankgottesdienst mit Abendmahl auch musikalisch, es erklangen geistliche Gesänge wie „Gib uns deine Hand“ oder „Bleibe bei uns, o Herr“. An der Orgel begleitete den Gottesdienst zudem Karl-Heinz Gorges.

Pfarrer Ralf Euker blickte anlässlich des Jubiläums in seiner Predigt kurz in die Geschichte zurück. Es war der 14. Juni des Jahres 1844, als ein von der Windmühle des nachts ausgegangener Brand den gesamten Ort bis auf wenige Wohnhäuser verheerte. Beim Sturm sprangen die Flammen rasch von Haus zu Haus, denn die meisten Dächer waren noch mit Stroh und Reet gedeckt und boten so den Flammen reichlich Nahrung. Irgendwann brach auch der mächtige Kirchturm zusammen, das Geläut der Glocken verstummte für die nächsten Jahre.

Vor genau 171 Jahren, am 7. Oktober 1848, wurde der Grundstein für den Wiederaufbau gelegt. Das Gotteshaus unter dem Patronat des Herrn von Hagen aus Hohennauen entstand im neugotischen Stil. Laut den Akten im Pfarrhaus wurde der Neubau noch im selben Jahr fertiggestellt. Auch die Glocken wurden laut Gemeindechronik in jenem Jahr aufgehängt. Die Turmkugel wurde am 30. September 1849 aufgesetzt und am 2. Advent jenen Jahres wurde die neue Kirche dann geweiht.

Eine grundlegenden Renovierung folgte in den Jahren 1905 und 1906, in den 1930er Jahren wurde das Schollener Gotteshaus zudem ausgemalt. Im Jahr 1940 machte ein Blitzeinschlag im Turm dessen Reparatur erforderlich. Anfang Mai 1945, zum Ende des Krieges, wurde auch diese Kirche durch Granatenbeschuss beschädigt.

Eine gründliche Renovierung folgte nach der Wende. Mit Hilfe von staatlichen Fördermitteln wurde 1992 der Turm mit Kupfer neu eingedeckt, es bekam zudem eine moderne Funkuhr. Fünf Jahre später wurde dann das komplette Kirchendach neu eingedeckt. Die Gemeinde Daverden an der Aller schenkte zudem eine neue elektrische Orgel.

In jener Zeit wurden auch die beiden kostbaren Gemälde im Kirchenschiff, welche den Gekreuzigten sowie den Pfarrer Pretzel darstellen, restauriert. Erschaffen hatte die Gemälde die talentierte Tochter jenes damaligen Pfarrers.

Zeicherisches Talent besaß übrigens auch der Schollener Johannes Meyer, von ihm hängen ebenfalls einige Zeichnungen als Kopien in der Fotoausstellung.

In seine Fürbitte zum Erntedank schloss der Schönhauser Pfarrer auch alle Landwirte in der Region mit ein, welche unter der nun schon zwei Jahre währenden Dürre arg zu leiden hatten.

Nach dem Gottesdienst bestand Gelegenheit für alle Wahlberechtigten, ihre Stimme zur Gemeindekirchenratswahl persönlich abzugeben.Neun Kandidaten standen auf der Liste, acht davon werden dem neuen Kirchenrat angehören. Gewählt wurde am Erntedanktag auch im Kirchspiel Schönhausen, dem anderen Gremium im Pfarrbereich.

Zudem konnten sich die Besucher die Fotos anschauen und sich draußen bei Mario und Alexander Sydow am Grill stärken. Traditionell werden zum Erntedankgottesdienst Gaben von Feld und Garten in die Kirche mitgebracht. Auch in Schollene kam so einiges an Spenden für die Havelberger Tafel zusammen.

Traurig sind die Christen über den Weggang des Pfarrers zum Ende des Monats. Ralf Euker wird im Alten Land nahe Hamburg im November seine neue Stelle antreten.

Heute wird im Rahmen der „offenen Kirche“ um 18 Uhr wieder eine Andacht in Schollene stattfinden. Diese werden jeden Dienstag von Jutta Brecht oder Birgit Lewerenz in der Kirche gehalten. Danach trifft sich der Kunstkreis im Pfarrhaus, in den „geraden“ Wochen ist dann der Singkreis an der Reihe.