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Klietzer See Drohende Verlandung bereitet Sorge

Sorgenkind Klietzer See. Schon vor der Flut machte man sich Gedanken darüber, wie die drohende Verlandung gestoppt werden könnte.

Von Anke Schleusner-Reinfeldt 29.09.2015, 01:01

Klietz l Das Wasser im Klietzer See ist glasklar, Fische tummeln sich und die Pflanzen sprießen. Dass sich das Gewässer nach der Flut 2013, als alles Leben abgestorben war, so schnell erholt, hatten Experten nicht zu hoffen gewagt. Doch die Natur hat es mit menschlicher Unterstützung und Fischbesatz geschafft, den See wieder zum Lebensraum für Tier und Pflanzen zu machen. Doch gerade die Pflanzen sind es, die nun Sorge bereiten. Die „Amerikanische Wasserpest“, die auch schon in Maßen vor dem Juni 2013 im See wuchs, hat sich durch den zusätzlichen Nährstoffeintrag stark ausgebreitet. „80 Prozent des Sees sind bewachsen“, sagt Fischer Gernot Quaschny, der das Gewässer vom Bundesforstamt als Eigentümer gepachtet hat. „Man kann die Wasserpest wie eine Distel an Land betrachten: Sie steht über allem und andere Pflanzen verschwinden. Sie hat sich so sehr ausgebreitet, dass es kaum noch einen Durchfluss im See gibt. Das wird zur Folge haben, dass sich das Artenspektrum verschiebt. Freiwasserfische wie beispielsweise den Schlei wird es nicht mehr geben, weil wirklich kaum noch freies Wasser im See ist.“

Die wuchernde Pflanze hat auch Folgen für die Bundeswehr. Denn der See ist Übungsbetrieb die Ausbildung im Motorbootfahren. „Kommandeur Oberstleutnant Michael Vormwald hat uns schriftlich informiert, dass die Beübbarkeit immer schwieriger wird, weil sich die Wasserpflanzen im Motor verfangen“, erklärt Forstoberrat Kurt-Werner Balke, Leiter des Bundesforstamtes. „Wir müssen handeln. Denn der See ist ein militärisches Ausbildungsgewässer. Und das wird mit zunehmendem Bewuchs immer schwieriger.“

Doch dem Vorschlag des Fischers könne man nicht folgen. Gernot Quaschny empfiehlt zwar auch das Entschlammen des Sees, aber zur schnellen Abhilfe den Einsatz von Graskarpfen. „Die brauchen nicht lange und die Wasserpest ist verschwunden. Die Flut hat die letzten Graskarpfen, die noch zu DDR-Zeiten eingesetzt worden waren, absterben lassen, so dass die Wasserpest ungehindert wachsen kann.“ Diese Maßnahme wäre nicht nur schnell umzusetzen, sondern auch kostengünstig.

Doch Graskarpfen im Kampf gegen die „Pest“ einzusetzen, kommt für das Bundesforstamt nicht in Frage. „Wir müssen uns an zwei Vorgaben halten: Zum einen ist der See militärisches Ausbildungsgewässer und zum anderen zu schützendes FFH-Gebiet „Lebensraumtyp ,Natürliche eutrophe Seen‘, die mehrschichtige und artenreiche einheimische Wasservegetation hat hier Vorrang. Und die Richtlinie besagt, dass Besatzmaßnahmen wie mit Gras- oder Silberkarpfen zu vermeiden sind“, erklärt Wolfgang Rost, der im Bundesforstamt Leiter des Funktionsbereiches Naturschutz ist und sich auch mit dem Thema befasst.

Auf seinem Schreibtisch liegt auch die Studie, die der hiesige Wasser- und Bodenverband „Trübengraben“ 2012 erstellen lassen hat. Damals machte noch das Laub, das im Herbst von den dicht am Ufer wachsenden Pappeln in den See fiel und eine faulige Schlammschicht bildete, Schwierigkeiten. Nun sind die Pappeln nicht mehr da. Aber dafür die „Pest“. Und die sorgt nicht nur im Frühling und Sommer für Schwierigkeiten, sondern wenn sie in so großem Umfang im Herbst abstirbt, wird sich schnell wieder eine dicke Schlammschicht bilden. Diese Schmallschicht ist durch das Durchrauschen des Flutwassers im Juni 2013 nur zum Teil verschwunden, „eher gehen wir von einer Verlagerung aus“, vermutet Wolfgang Rost. Denn mehrere Sandbänke haben sich mitten im See, wo das Wasser derzeit ohnehin einen Meter niedriger als üblich steht, gebildet.

Für das Bundesforstamt kommt nur eine Entschlammung des Sees, wenn auch nur teilweise in der Fahrrinne, infrage, um den Verlandung entgegen zu wirken. „Und die Ursache muss behoben werden!“ fordern sowohl Gernot Quaschny als auch Kurt-Werner Balke. „Der Nährstoffeintrag über den Hauptgraben muss reduziert werden. Dass heißt, dass die Düngemittel von den an die Gräben angrenzenden Felder nicht mehr ins Wasser gelangen dürfen. „Bestensfalls 15 Meter breite Gehölzstreifen müssen entlang des Hauptgrabens angelegt werden – das wäre eine sinnvolle und nachhaltige Investition“, so der Forstoberrat.

Und die Entschlammung des Sees? Laut Studie kostet sie bis zu vier Millionen Euro. Diese Summe könnte allerdings entsprechend der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie zu 100 Prozent gefördert werden

„Wir hatten 2012 mit der Studie alles angeleiert, aber dann kam die Flut“, erklärt Uwe Klemm, Geschäftsführer des Unterhaltungsverbandes „Trübengraben“. Inzwischen ist die Förderperiode abgelaufen und die nächste beginnt erst 2016. „Wir müsen das gesamte Verfahren neu eröffnen. Aber das wird 2016 wohl noch nichts. Denn bevor nicht die zahlreichen Flutschäden abgearbeitet sind, bei denen wir Fristen einhalten müssen, können wir uns damit nicht beschäftigen. Das ist bedauerlich, aber personell einfach nicht zu schaffen.“ Uwe Klemm ist zuversichtlich, dass die Fördermittel für das Entschlammen bewilligt werden, „bei Vorgesprächen mit dem Landesverwaltungsamt im Jahr 2012 waren die Signale positiv“.

Auch Joachim Steinborn, unter dessen Regie der Naturlehrpfad um den See angelegt worden ist, macht sich Sorgen. „Der See wächst regelrecht zu. Wenn wir ihn für nachfolgende Generationen erhalten wollen, müssen wir dringend etwas unternehmen. Schon vor der Flut hatte der Verlandungsprozess begonnen, nun schreitet er noch schneller voran.“