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Lesung Mutige Frauen der Reformation

Sie wurden verspottet, geachtet und geliebt, die Frauen der Reformatoren. Auf einer Lesung in Wulkau wurden einige davon vorgestellt.

Von Ingo Freihorst 31.10.2017, 10:00

Wulkau l Vor genau 500 Jahren setzte Martin Luther in Wittenberg mit seinem Thesenanschlag die Reformation in Gange, bedeutende Männer verbreiteten die neue Botschaft von der unverdienten Gnade Gottes. Doch gab es auch tapfere Frauen, welche den Reformatoren den Rücken stärkten. Neun von ihnen stellt die Historikerin und Autorin Ursula Koch in ihrem 2015 erschienenen Buch „Verspottet, geachtet, geliebt – die Frauen der Reformatoren“ vor.

Zur Lesung in die Wulkauer Kirche hatte Johanna Leu, Ex-Warnauerin und Landesvorsitzende des Kulturfördervereins Mark Brandenburg, zudem die Vereinsmitglieder Verena Balzer und Peter Kurth aus Rathenow mitgebracht.

Gastgeberin Caren Pfundt begrüßte die Anwesenden und erinnerte daran, dass der Ort Wulkau 150 Jahre vor Reformationsbeginn in kirchlichen Akten als „Wulkowe“ erstmals schriftlich erwähnt worden war. Etliche der Reformatoren seien bekannt, ihre Frauen hingegen weniger. Caren Pfundt lud nach der Lesung zu Kaffee und Kuchen ein und dankte den vielen Kuchenbäckern.

Martin Luther habe den Frauen mit seiner Reformation eine neue Wertung zukommen lassen, erinnerte Johanna Leu.Eine Forderung war zudem die Schulbildung für alle, damit man die Bibel lesen konnte. Manche der Frauen litten für ihre Überzeugung. So wie Katharina Kreutter aus Mühlhausen, welche als Anhängerin von Thomas Müntzer gebrandmarkt und verfolgt wurde.

Verena Balzer verlas zuerst einen Text über Katharina Zell, welche in Straßburg gewirkt hatte. Ihr späterer Mann Matthäus Zell predigte bereits 1521 im Sinne der Reformation, sie gehörte zu seinen Zuhörern. Sie mischte sich in die Auseinandersetzungen ein und schrieb dem Bischof „rauhe Briefe“. 1523 folgte die Hochzeit, ein Jahr später verfasste sie ihre ersten literarischen Werke.

Sie kümmerte sich um Arme, Kranke und Gefangene, das große Pfarrhaus des Münsters wurde oftmals zu einer Herberge für Schutzsuchende. Sie organisierte die Aufnahme von über 2000 Bauernkriegsflüchtlingen in Straßburg, oft wurden in jener Zeit täglich an die 100 Gäste im Pfarrhaus versorgt.

Katharina Zell nahm sich auch der armen Schüler an und setzte sich 1543 für die Errichtung eines Stiftes ein. Mit Martin Luther stand sie im Briefwechsel. Mit diesem und ihrem Mann sprach sie in Wittenberg über Fragen der Abendsmahlskonkordie. Später, als die Wogen des Abendmahlstreites sich zu legen begannen, bat Luther sie, mitzuhelfen „dass Frid und Einigkeit erhalten werden“. Ein absolutes Novum für jene Zeit: Als ihr Mann verstarb, hielt sie die Grabrede. Sie war in Straßburg sehr populär und wurde 1562 unter großer Anteilnahme beerdigt.

Viele Verfechter der Reformation hatten unter heftigen Anfeindungen zu leiden. So auch die bayrische Adlige Argula vom Grumbach, deren Briefe an die Fürsten und die Kirche Luther als Flugschriften veröffentlichte. Ihre Ehe litt darunter.

Elisabeth Cruziger, die mit ihrem Mann Caspar in Wittenberg und Magdeburg lebte, hat ein Lied geschrieben, welches bis heute im Gesangsbuch steht: „Herr Christ, der einig Gotts Sohn“.

Die Frauen, welche sich im wahren Leben wohl nie begegnet sind, treffen im Buch zu einem posthumen Erfahrungsaustausch zusammen. Jedem Kapitel ist ein interessantes Thema gewidmet.

Hauptanliegen des im gesamten Land Brandenburg tätigen Kulturfördervereins ist das Anbringen von Tafeln für die „Märkische Dichterstraße“, informierte Johanna Leu am Rande. Das geschehe in all jenen Orten, wo die Dichter gewirkt oder über die sie geschrieben haben. So wurden Tafeln für Erwin Strittmatter in Bosdorf, für Christian Blum in Rathenow und für Friedrich de la Motte Fouqué in Nennhausen aufgestellt.

Karl-Heinz Gorges aus Schollene begleitete die musikalische Lesung an der Orgel.