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Wasserwanderer des Jugendzentrums kämpfen sich nach dem Schweriner See durch den berüchtigten Wallensteingraben Paddeltour: Im Kanu von Havelberg nach Rerik

Von Ingo Freihorst 06.08.2013, 03:14

Wer von Havelberg aus zur Ostsee möchte, wählt in der Regel das Auto. Das man auch mit dem Kanu dorthin gelangt, bewiesen jetzt die Wasserwanderer des Jugendzentrums. Knackpunkt war dabei der berüchtigte Wallensteingraben.

Havelberg l Ganz ohne Transportmittel ging es allerdings bei der Tour auch nicht ab. Um in den Wallensteingraben, die anderthalb Kilometer lange Verbindung vom Schweriner zum Lostener See, zu gelangen, mussten die Kanus mit dem Kleinbus um einen Bahndamm herumgefahren werden. Der Durchlass dort ist vergittert, ein Umtragen über die Bahnstrecke wäre lebensgefährlich.

Was die jungen Wasserwanderer dann erwartete, darf man getrost als die härteste Paddeletappe der Tourgeschichte bezeichnen: Umgestürzte und teils morsche Bäume gleich zu Dutzenden, die um- oder übertragen werden mussten. Dichtes Schilf, wo ein Fortkommen nur durch Ziehen mit den Händen möglich war. Etliche Stromschnellen sowie zehn Wehre machten das Fortkommen sehr, sehr beschwerlich.

Weil die Paddler am Vormittag schon 22 Kilometer auf dem Schweriner See zurücklegten und erst nach dem Mittag in den Wallensteingraben gelangten, konnten sie bis zum Einbruch der Dunkelheit nur zwei Drittel des Grabens bewältigen. Umlaufende Gewitter führten hier schließlich zum Abbruch dieser Etappe. Der Kleinbus kam wieder zum Zuge, zwei Boote hatten Platz auf dessen Dach.

Etappenziel war Wismar, hier mündet der Wallensteingraben in den Hafen. In seinem Lauf überwindet der Graben fast 38 Höhenmeter, daher die hohe Fließgeschwindigkeit. Angelegt worden war er künstlich, dem Lauf der einstigen Stivine folgend.

Feldherr Wallenstein fungierte übrigens nur als Namensgeber des Grabens, an der Planung war er nicht beteiligt.

Kraut in der Löcknitz ist beim Paddeln hinderlich

Doch auch die anderen Etappen der Tour waren nicht ganz einfach. Zum einen machte die Hitzewelle den Kanuten zu schaffen, hinzu kamen Schwärme von Pferdebremsen und Mücken. Zum anderen war durch die Witterung auch viel Kraut in den Gräben hochgewachsen, was vor allem im Schmaldiemen und der Löcknitz bei der Weiterfahrt arg hinderlich war. In diesen Gewässern waren die Paddler auf der zweiten Etappe unterwegs.

Am ersten Tag paddelten die zehn Kanuten nach dem Ablegen am ELCH in Havelberg über 52 Kilometer die Elbe bis hoch nach Cumlosen. Beim Bootsklub in der einstigen DDR-Zollstation gleich hinterm Deich wurde Quartier gemacht. Hier war die Elbe bis zur Wiedervereinigung zugleich Grenzfluss gewesen. Viele der Sandbänke entlang des Stromes hatten hunderte Gänse besiedelt - der Tisch für die vier Seeadler, die auf einer Buhne ebenfalls gesichtet wurden, war also reichlich gedeckt.

Anderntags mussten die Boote erst ein Stück getragen werden, denn die Weiterfahrt erfolgte im bereits erwähnten Schmaldiemen, danach in der Löcknitz. Hinter Lenzen wurde dann in die Alte Elde abgebogen, Tagesziel war nach 36 Kilometern der Campingplatz im mecklenburgischen Eldena.

Durch die Schleuse im Ort gelangten die Wasserwanderer in die Elde-Müritz-Wasserstraße. Um der Monotonie des künstlichen Wasserweges zu entfliehen, bot sich ein Abstecher in die Alte Elde an, die über weite Strecken parallel zur Wasserstraße fließt. Hier gab es zahlreiche Kurven mit etlichen Spitzkehren zu umschiffen, Steilhänge bieten Nistmöglichkeiten für Eisvogel und Uferschwalbe. Die Bäume hier sorgten zudem für erholsamen Schatten. Im glasklaren Wasser konnten die Paddler stellenweise bis auf den Gewässerboden schauen.

Nach der Rast in Grabow gab es bei der Schleusung noch eine unfreiwillige Zwangspause für die Paddler: Die Schleuse ist in Eigenregie zu bedienen, eine Dame auf der zuerst einfahrenden Yacht betätigte gleich nach dem Anlegen den Schließmechanismus. Die Ampel schaltete daraufhin auf Rot, die Paddler mussten kurz vor dem Schleusentor anhalten und eine halbe Stunde auf die nächste Schleusung warten.

Waten im Wasser als herrliche Abkühlung

Tagesziel war nach 35 Kilometern Neustadt-Glewe. Übernachtet wurde beim Yachtklub im Schatten der beeindruckenden Burganlage. Diese ist seit 2006 wieder vollständig saniert, Ausstellungen zur Burg- und Stadtgeschichte sind hier zu sehen.

Nach einigen Kilometern auf dem Eldekanal ging es am nächsten Tag wieder in natürlichere Gewässer: In Elde, Turmgraben und Breiten Graben gab es viel Schatten, aber auch Hindernisse in Form von Wehren oder Fischaufstiegen. Das Waten im kalten Wasser empfanden alle bei der drückenden Hitze als willkommene Abkühlung. Kurz vor Banzkow wurde in den Störkanal umgesetzt, welcher in den Schweriner See mündet. Die Paddler staunten über das klare Gewässer, leider fehlten aber Anlegemöglichkeiten. So blieb nichts weiter übrig, als quer über den See zu einer Insel zu paddeln.

Nächstes Tagesziel war Wismar, wo der erste Ruhetag eingelegt wurde - den hatten sich die Paddler nach dem Wallensteingraben auch redlich verdient. Durchs Salzhaff hindurch führte die Etappe nach Rerik, hier wurde in die Ostsee umgesetzt. Die geplante letzte Etappe nach Rostock musste entfallen - Windstärke 5 machte das Paddeln zu gefährlich.