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Schönhauser Kirche Friedenskapelle ist eingeweiht

Zur Aufbewahrung der Bücher mit den Namen aller Kriegsopfer hatte Hagen Siedler 2013 einen Friedensaltar gebaut. Er steht nun in der Friedenskapelle.

Von Anke Schleusner-Reinfeldt 12.11.2018, 16:13

Schönhausen l Endlich ist sie fertig! Am 100. Jahrestag des Endes des Ersten Weltkrieges weihten die Schönhauser die Friedenskapelle im nördlichen Seitenschiff der Kirche ein, wo schon viele Jahrzehnte ein Mahnmal mit den Namen der Kriegstoten des Ersten Weltkriegs hängt. Hier steht nun auch der vom Ehepaar Bärbel und Hans Paulßen und ihren Freunden sowie weiteren Stiftern finanzierte Friedensaltar, der die „Bücher der Namen“ beherbergt. Diese hatte die gebürtige und inzwischen verstorbene Schönhauserin Flora Pütsch in mühevoller Arbeit auch mit Unterstützung von Bernhard Bleis zusammengetragen. Hans Paulßen, gebürtiger Schönhauser, Anfang der 50-er Jahre geflüchtet und nach der Wende in die geliebte Heimat zurückgekehrt, ist 2013 verstorben.

Die Vision von einer Friedenskapelle gab es schon 2013, als Hagen Siedler den hölzernen Altar als würdigen Aufbewahrungsort für die Bücher gebaut hatte. Aber erst in diesem Jahr wurde der Raum dafür frei. Denn das Seitenschiff wurde als Lagerstätte für die Teile des Augustus-Epitaphs gebraucht, der nun fertig restauriert ist.

Dass die im Sommer geäußerte Bitte um Spenden so erfolgreich sein würde, überwältigte Pfarrer Ralf Euker und den Gemeindekirchenrat. Mehrere tausend Euro kamen zusammen, so dass die noch fehlenden Sitzgelegenheiten für die Kapelle geschaffen werden konnten. Tischlermeister Hagen Siedler baute acht Stühle und eine Bank, zudem befindet sich noch ein aufwendig verzierter Leuchter in Arbeit. Möbel, Altar und Mahnmal bilden nun die Kapelle. Dazu noch ein von Hagen Siedler geschaffenes Relief mit den Jahreszahlen des Zweiten Weltkrieges, 1939 bis 1945, und einer flehenden Frau. „Gib Friede Herr, gib Friede!“ umrahmt als Schriftzug das in Holz geschnittene Bild.

In den „Büchern der Namen“ sind nicht nur die Namen junger Männer zu finden, sondern auch von Kindern, Müttern und Alten, die an den Folgen der Kriege verstorben sind. Die heute noch in Schönhausen vorkommenden Namen verlas Ralf Euker während der Andacht am Sonntagabend in der Kapelle. Auch die Zahlen der Opfer des Ersten Weltkrieges. Zwischen 1914 und 1918 verloren weltweit fast 19 Millionen Menschen ihr Leben. Knapp 90 derjenigen, die nicht wieder heim kamen, stammen aus Schönhausen. Noch viele mehr waren es im Zweiten Weltkrieg. „Die Namen all der aus dem Leben Gerissenen lassen uns empfinden, dass etwas unglaublich Sinnloses geschehen ist und immer noch geschieht auf der Welt, das um Gottes Willen nicht mehr geschehen soll“, sagte Ralf Euker. Und „An der unerwartet hohen Spendensumme, die uns anvertraut wurde, ist ablesbar, wie sehr einzelne von uns das Leid der Kriege noch heute bewegt.“

Gewürdigt wurde auch das Werk von Hagen Siedler, der „mit Kunstverstand, Handwerkskunst und Hunderten von Arbeitsstunden auch mit Unterstützung seiner Gesellen Reno Krapf und Maik Gietzke Möbel und Leuchter geschaffen hat“.

Hagen Siedler erklärte während der Andacht dann auch, dass er die Sitzgelegenheiten, den Leuchter und den Altar bewusst nicht in dem selbstbewussten und lebensbejahenden Barockkstil geschaffen hat, der in der Schönhauser Kirche sehr präsent ist. Die Ausstattungsgegenstände zeigen sich stattdessen im eher schlichten, gradlinigen romanischen Stil, dem ursprünglichen Baustil der Kirche – passend zum Thema Krieg und Tod. Die Oberfläche der Stühle sei deshalb auch nicht glatt, sondern per Hand gehobelt – die bewegliche, verletzlich raue Oberfläche steht für das Nachdenken und Innehalten an diesem Ort des Gedenkens an die Kriegsopfer und des Bittens um Frieden.

Den Spendern und Erschaffern der Kapelle sprach Ralf Euker im Namen der Kirchengemeinde und des Gemeindekirchenrates ein tief empfundenes Dankeschön aus. Und im Gebet sagte er: „Unsere Friedenskapelle soll uns und alle Gäste in unserer Kirche zum Frieden bewegen... Und zum Schluss bedenken wir, dass Frieden im Kleinen beginnt. Jeder für sich trägt dazu bei, ob es Eintracht oder Zwietracht gibt.“ Jeder könne ein Friedensbote sein.

Gleich neben der Kapelle steht schon das nächste Projekt bereit: der arg mitgenommene Engel vom reich verzierten „Deckel“ der Kanzel, die restauriert werden soll.