1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Havelberg
  6. >
  7. Eltern fordern optimale Lernbedingungen

EIL

Schulschließung Eltern fordern optimale Lernbedingungen

Aus heiterem Himmel traf die Wuster Eltern die Nachricht, dass ihre Kinder ab Sommer in Schönhausen zur Schule gehen müssen.

Von Anke Schleusner-Reinfeldt 09.04.2018, 14:46

Wust/Schönhausen/Klietz l „Wenn in Schönhausen die baulichen Voraussetzungen geschaffen sind“, ziehen die Wuster Kinder von der Außenstelle Wust um nach Schönhausen. Auf diese Aussage haben sich die Wuster verlassen, die 2016 erfolgreich für den – wenn auch zeitlich begrenzten – Erhalt ihrer Schule gekämpft hatten. Deshalb blickten sie entspannt in die Zukunft.

Denn in Schönhausen ist noch nichts passiert. Und doch sagt das Schulamt nun plötzlich in einem Schreiben an Landkreis und Verbandsgemeinde als Träger der Schule, „dass nach aktueller Prüfung vor Ort durch das Referat für Grund- und Förderschulen festgestellt wird, dass die baulichen Voraussetzungen zur ordnungsgemäßen Beschulung aller Schülerinnen und Schüler am Standort Grundschule Schönhausen bereits jetzt vorhanden sind ...“ Auch mit den Wuster Kindern seien zusätzliche Klassenbildungen nicht vonnöten. „Alle 114 Schüler könnten in den fünf Klassen mit einer Stärke von dann durchschnittlich 23 Kindern unterrichtet werden.“

Die aktuellste Übersicht über die Schülerzahlen im Elbe-Havel-Land, die die Verbandsgemeinde für ihre derzeit laufende Schulentwicklungsplanung erstellt hat, geht von 117 Schülern aus: 83 aus Schönhausen und 34 aus Wust. Derzeit werden jeweils 17 Mädchen und Jungen in den Klassen 1/2 und 3/4 unterrichtet.

Der Verbandsrat hatte es einst so beschlossen und auch Bildungsminister Tullner hatte erst im Januar per Post ausrichten lassen: „Die Genehmigung der Außenstelle in Wust kann solange fortgesetzt werden, bis durch den Schulträger die baulichen Voraussetzungen am Grundschulstandort in Schönhausen geschaffen sind, um dort beide Standorte wie geplant zusammenzuführen.“ Erleichtert wurde das in Wust zur Kenntnis genommen. „Doch nun diese Hiobsbotschaft! Wieder hält man sich nicht an Versprechen. Keine Schule mehr im Ort bedeutet auch, dass junge Familien fortziehen“, sagt Katja Hallmann.

Vor über einem Jahr, im Februar 2017, hat Finanzminister André Schröder zwei Fördermittelbescheide übergeben. Und zwar über 3,35 Millionen Euro für den Neubau des Kindergartens und 1,5 Millionen Euro für den Umbau des alten Kindergartens zum Hort. Erst soll das „Spatzennest“ gebaut werden, nach dem Umzug der „Spatzen“ können die Hortkinder in den freigezogenen Altbau ziehen und der jetzige „Spatzennest“-Neubau wird zum Hort mit Nutzung als Schule am Vormittag umgebaut. Aber es gibt 13 Monate nach dem grünen Licht für das Stark-III-Projekt noch nicht einmal eine Planung für das „Spatzennest“ – sie ist jetzt zum zweiten Mal ausgeschrieben. Ist eine Firma gefunden, erstellt sie die Pläne, die dann ein Genehmigungsverfahren beim Landkreis durchlaufen. Dann beginnt die Suche nach Baufirmen. Die Verbandsgemeinde beharrt darauf, noch in diesem Jahr mit dem Bau beginnen zu können – die Schönhauser Eltern glauben längst nicht mehr daran. Und sie fragen besorgt, was passiert, wenn wie bei allen anderen derzeitigen Bauprojekten (Wuster Gerätehaus, Kitas in Sandau und Kamern) die Kosten enorm steigen?

Dass die Wuster Schule schließt – damit haben sich die Eltern wohl oder übel abgefunden. „Obwohl wir es nach wie vor für das Beste für die Kinder halten, wenn es eine Schule vor Ort gibt“, sagt Anja Meyer, Mutter von zwei Grundschülern in der 1. und der 4. Klasse. „Es geht hier familiär zu, es gibt ein sehr gutes Miteinander mit den beiden Lehrerinnen Kristin Fabian und Sabine Ebel, die Kinder erleben hier eine harmonische Grundschulzeit und sind genauso schlau wie andere Schüler und gut vorbereitet auf die weiterführenden Schulen. Dazu lernen sie Rücksichtnahme, selbstständiges Arbeiten, Hilfsbereitschaft ... Und das Modell des klassenübergreifenden Unterrichts funktioniert auch gut – wenn die entsprechenden Bedingungen dafür herrschen. Das allerdings ist in Wust nicht so und man hat die Lehrerinnen hier so manches Mal allein gelassen.“

Im Dezember kam es sogar so weit, dass während der Erkrankung einer Lehrerin kein Ersatz aus Schönhausen einspringen konnte und nur auf Eigeninitiative der Wuster mit Helfern – zumeist ehemalige Lehrerinnen – der Schulbetrieb halbwegs aufrecht erhalten werden konnte. Der klassenübergreifende Unterricht funktioniert, „aber die Lehrerinnen brauchen in den Hauptfächern auch Kernstunden, in denen sie ganz intensiv den Stoff vermitteln“, so Vater Steffen Wolkenhaar nach Gesprächen mit den Lehrerinnen. Für solche Kernstunden allerdings reichen die Stunden nicht, die auf die gesamte Grundschule Schönhausen mit Außenstelle berechnet sind. „Hier versagt die Schulpolitik! Es geht nur um Zahlen, die Kinder spielen gar keine Rolle mehr! Dabei wird immer vom Kindeswohl gesprochen ...“

Mit dem Schreiben vom Schulamt scheint das Schicksal des Hauses in Wust besiegelt. „Wir werden dagegen auch nicht mehr protestieren“, sagen die Eltern im Gespräch mit der Volksstimme. „Aber wir wollen, dass unseren Kindern, wenn sie schon fahren müssen, am neuen Lernort optimale Bedingungen geboten werden.“

Doch die sehen sie aktuell in Schönhausen nicht. „Die Räume sind sehr klein, es ist über einen längeren Zeitraum mit Baulärm zu rechnen, wenn Kindergarten und Hort gebaut werden“, so Silke Meyer. Sie fragt sich, wie das mit dem Hort geregelt wird, vor allem in den Ferien, wenn keine Busse fahren? Sie müsste dann ihre Arbeit in Genthin aufgeben. Im Volksstimme-Gespräch erklärten die Eltern, dass die Kinder dort, wo sie zur Schule gehen, auch den Hort besuchen sollten. „Gibt es dafür überhaupt so viel Platz in Schönhausen?“ fragen die Wuster, die in der Zeitung gelesen hatten, dass die Plätze schon jetzt für die Schönhauser Hortkinder gerade so ausreichen.

Und auch diese entscheidende Frage bewegt sie: „Warum müssen unsere Kinder eigentlich nach Schönhausen, wo der Platz beengt ist? Wenn sie schon fahren müssen, dann wären auch die paar Kilometer bis nach Klietz nicht schlimm. Dort gibt es genug Räume, es muss nicht mehr für viel Geld gebaut werden, es gibt eine Turnhalle und einen sehr schönen Sportplatz“, zählt Silke Meyer auf.

Es gibt noch mehr Dinge, die die Eltern bewegen: Wie wird das mit dem Mittagessen geregelt? Wie oft fahren die Busse? Was ist mit den beiden vertrauten Lehrerinnen? „Wir Wuster brauchen zeitnah Antworten von der Verbandsgemeinde, damit wir wissen, woran wir sind“, fordert Anja Meier. Und Steffen Wolkenhaar ergänzt: „Dieses ganze Hin und Her muss endlich ein Ende haben und es muss Ruhe einkehren! Es muss eine für die Kinder optimale Lösung gefunden werden, die von Dauer ist!“

Die zu schaffen, ist Aufgabe der Verbandsgemeinde. Der Sozialausschuss wird am 17. April ab 19 Uhr im Schönhauser Bürgerzentrum alle möglichen Varianten diskutieren und dem Verbandsrat für die Entscheidung am 2. Mai eine Empfehlung erteilen.

Und die Gemeinde Wust-Fischbeck muss sich nun auch schneller als erwartet Gedanken machen: Was wird mit dem Schulgebäude, der Sommerschule und der gerade erst modernisierten Gemeinde­küche, die in der Schule untergebracht ist?