Hörfunkprogramm Eine Radiosendung für Klötze kommt aus einem Wohnzimmer
Immer wieder sonntags sendet „Radiokloetze“ sein zweistündiges Programm. Am Mikrofon steht dann Ralf Hübner. Der Purnitzstädter ist seit fast 44 Jahren als DJ unterwegs. Doch in Zeiten von Corona sind die Aufträge weggebrochen. Um am Pult nicht „einzurosten“, geht Hübner auf Sendung.

Klötze. In ein Radio-Studio verwandelt der Klötzer Ralf Hübner sein Wohnzimmer in einem Neubaublock an jedem Sonntagvormittag. Dann geht der 59-Jährige mit „Radiokloetze“ zwischen 10 und 12 Uhr live auf Sendung und spielt Klassiker, Schlager und Hits der vergangenen zehn Jahre. Das Internet macht es möglich. Wer zuhören will, benötigt ein Gerät mit Internetzugang wie Smartphone, Fernseher oder Computer.
Das alte Küchenradio reicht nicht. Mit dem könnte man auch nicht dem Moderator bei der Arbeit zusehen. Denn dank Kamera wird Hübner für seine Zuhörer sichtbar. Überhaupt ist „Radiokloetze“ interaktiv ausgelegt. Wer will, kann sich am Programm beteiligen und Nachrichten schicken. „Es wäre wichtig, dass sich viele Menschen im Chat anmelden, damit ein Mitmach-Radio entsteht“, sagt Ralf Hübner, der während der Sendung auf die Gespräche eingehen will. Es soll nicht nur Musik konsumiert, sondern auch von und mit den Klötzern kommuniziert werden.
Seit 1977 als DJ aktiv
Am kommenden Sonntag, 2. Mai, wird der erste Geburtstag des Programms gefeiert, dann sollen rund 80 Fotos aus dem alten Klötze eingeblendet werden. Diesen Tag hat Ralf Hübner dafür ausgewählt. Wann es mit „Radiokloetze“ genau losging, weiß er nicht mehr. Einen offiziellen Startschuss gab es im Frühjahr 2020 nicht.
Und wie kommt man auf die Idee, im kleinen Klötze ein eigenes Programm zu starten? Das hat eine lange Vorgeschichte. Bereits seit September 1977 ist Hübner als DJ aktiv. Doch mit Corona kam die Zwangspause, Veranstaltungen und Feiern, bei denen er auflegen könnte, gab es plötzlich kaum noch. Vor der Pandemie war er regelmäßig als musikalischer Unterhalter mit gewerblicher Anmeldung unterwegs, auch außerhalb der Grenzen des Altmarkkreises.
Dabei hatte er sich zu Beginn der Pandemie gerade ein neues Pult gekauft. Damit dieses nicht einstaubt, nutzt Hübner es für sein Radio-Programm. So bleibt er selbst während der auftrittsfreien Zeit ebenfalls in Übung. „Ich wollte nicht einrosten.“ Die Leute sollen ihn nicht vergessen, begründet Hübner den Schritt, Radio zu machen.
Im Laufe der vergangenen Monate entwickelte sich das Projekt technisch immer weiter. „Es war ein Lernprozess“, blickt Hübner zurück. Abbrüche bei der Übertragung, schlechter Klang und Echos bereiteten Probleme. Und auch auf rechtlicher Seite gab es einiges zu beachten. „Nicht jeder darf Musik verbreiten“, fügt Hübner mit Blick auf das Urheberrecht hinzu. Um sich abzusichern, nutzt der Klötzer nun einen speziellen Dienst im Internet, für den er bezahlen muss. Geld verdient er mit dem Radio keines, es ist kein kommerzielles Projekt, betont Hübner. Ganz im Gegenteil, für ihn entstehen Kosten in Höhe von rund 25 Euro im Monat.
Stolz auf Zuhörerstamm
Zunächst wurde nur Ton übertragen, ohne zusätzliches bewegtes Bild. Dann bat eine Zuhörerin darum, doch auch Videos zu zeigen. Diesen Wunsch erfüllte er. Mittlerweile kommen bis zu drei Kameras zum Einsatz und zeigen Hübner während der Sendung am Mischpult. Zwischendurch werden Grafiken eingeblendet.
„Es ist sehr schön zu erleben, dass es immer mehr Zuhörer werden, das erfüllt mich mit Stolz“, sagt Ralf Hübner. Er kann genau sehen, wie viele Menschen sein Radio-Programm aufrufen. Bis zu 100 Klicks verzeichnet der Klötzer aktuell pro Sendung. Davon hören aber nicht alle bis zum Ende zu. Doch ein fester Stamm von rund 20 Hörern sei immer während der gesamten zwei Stunden dabei. Und es hören nicht nur Klötzer zu. Auch ehemalige Einwohner der Purnitzstadt schalten ein, etwa in Hessen oder am Bodensee.
Was ist leichter: Als DJ direkt vor Publikum aufzulegen oder im Radio zu moderieren? Im Radio sei es einfacher, sagt Hübner. „Als DJ ist man von Anfang bis Ende darum bemüht, die Leute auf die Tanzfläche zu kriegen“, erklärt der Klötzer. Dafür wird eine musikalische Dramaturgie benötigt, die ganz rockigen Klänge könnten nicht gleich zu Beginn ertönen, weiß er aus Erfahrung. „Im Radio will ich gute Laune und Gefühl transportieren“, so Hübner.
Unterstützen möchte er auch andere Projekte aus der Kulturszene. Gespielt hat Ralf Hübner schon das Seemannslied, das während der Aktion „Klötze malt die Pandamie“ entstanden ist. Vorstellen könne er sich ebenfalls eine Zusammenarbeit mit dem Sportverein VfB Klötze. Vor Fußball-Heimspielen könnten in Zukunft vielleicht Trainerstimmen ausgestrahlt werden, so seine Idee. Länger als die zwei Stunden am Sonntagvormittag kann Ralf Hübner übrigens nicht senden. „Ich muss auch an die Arbeit denken“, begründet er, nebenbei ist er nämlich noch berufstätig.
Moderation ohne Konzept
Ein Konzept schreibt der Moderator nicht, das hat er im Kopf. Jede Woche wechselt das Thema. Die Liste mit den Liedern stellt Ralf Hübner am Abend vorher zusammen, klappt das nicht, wird während der Sendung improvisiert. Hinterher schaut er sich selbstkritisch das Video an. Was kann er in Zukunft anders oder besser machen?
„Das Radio werde ich so lange machen, bis ich sonnabends wieder als DJ auflegen kann“, blickt Ralf Hübner voraus und ergänzt: „Nichts ist schöner als eine volle Tanzfläche.“ Finden wieder Feiern statt, wird es „Radiokloetze“ wohl nicht mehr in der bisherigen Form geben. Die Sendung könnte dann eher am Sonntagnachmittag oder auch am Sonntagabend laufen.