1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Klötze
  6. >
  7. Student schreibt Arbeit übers Doppeldorf

Michael Arndt aus Wolfsburg-Sülfeld widmet sein Examen dem Thema Böckwitz-Zicherie Student schreibt Arbeit übers Doppeldorf

Von Markus Schulze 05.01.2012, 05:22

Michael Arndt aus dem niedersächsischen Sülfeld studiert in Braunschweig. Seine Examensarbeit will er über Böckwitz und Zicherie schreiben. Dazu führt der 25-Jährige auch in dieser Woche Gespräche mit Einwohnern dies- und jenseits der Landesgrenze.

Böckwitz/Zicherie l Das Doppeldorf Böckwitz-Zicherie ist erneut in aller Munde. Am Sonntag waren die Orte sogar im Fernsehen des Norddeutschen Rundfunks zu bestaunen (wir berichteten) und belegten beim Wettbewerb um das erstaunlichste Dorf unter 33 Teilnehmern einen achtbaren siebten Platz.

"Zicherie kannte ich schon vorher. Meine Familie hat dort Freunde. Wir waren zu Feiern da"

Nun rücken die Einwohner abermals in den Mittelpunkt des Interesses. Denn Michael Arndt aus Sülfeld bei Wolfsburg will seine Examensarbeit über das Dorf schreiben.

Der 25-Jährige studiert an der Technischen Universität Braunschweig im neunten Semester Englisch und Geschichte. Im vergangenen Sommer, so berichtete er im Gespräch mit der Volksstimme, belegte er das Seminar "Region und Exkursion". Im Rahmen dessen wurden Ausflüge unternommen, unter anderem nach Hornburg und Schladen (jeweils Landkreis Wolfenbüttel/ Niedersachsen).

"Ich konnte bereits einige Gespräche führen. Jedes Mal nahm ich neue Erkenntnisse mit"

"Der Betreuer der Arbeit, Dr. Michael Ploenus erzählte hierbei, dass in der Grenzforschung unheimlich viele unbehandelte Aspekte und Regionen stecken, zum Beispiel der frühere Zonenrandbereich. Außerdem verriet er, dass dies auch sein aktueller Forschungschwerpunkt sei und dass er dafür Helfer suche." Sogleich war das Interesse von Michael Arndt geweckt.

Jedoch ist ihm die Gegend nicht unbekannt: "Zicherie kannte ich schon vorher. Meine Familie hat dort Freunde. Wir waren oft zu Feiern da." Was lag also näher, als die historischen und kulturellen Beziehungen einmal direkt zu beleuchten. Michael Arndt möchte sich vor allem folgenden Fragen und Themen widmen: Wie lebte es sich sich im Sperrgebiet zuzeiten der Teilung? Welche Besonderheiten brachte das Grenzgebiet mit sich? Wie funktioniert das Zusammenleben heute? Und wie haben die Einwohner aus Böckwitz und Zicherie das Interesse von außen erlebt (Stichwort: Grenztourismus)? Einen speziellen Titel hat Michael Arndt für seine Arbeit noch nicht. Derzeit firmiert das Ganze noch unter dem Titel "Grenzerfahrungen in Zicherie-Böckwitz".

Seine Arbeit, so erklärte er, basiert dabei vollkommen auf Zeitzeugen-Interviews. Dazu hat er bereits mit 13 Bürgern Kontakt aufgenommen. In dieser Woche möchte er sich unter anderem mit den Böckwitzern Rainer Lembke und Alwin Bock unterhalten.

"Die Menschen scheinen zu erkennen, dass ihr Leben ein Erbe mit sich bringt"

Die ersten Eindrücke von Michael Arndt sind jedoch durchweg positiv: "Im November und Dezember konnte ich bereits einige ergiebige Gespräche führen. Jedes Mal bin ich mit neuen Erkenntnissen nach Hause gefahren und auch mit dem Gefühl, dass meine Arbeit auf ein sinnvolles Ziel hinausläuft." 20 Jahre nach der Einheit sind für ihn, zumindest von der Infrastruktur her, kaum mehr Unterschiede auszumachen. "Eines Tages fuhr ich durch Zicherie und merkte gar nicht, dass auf einmal Böckwitz kam und ich in ein anderes Bundesland wechselte. Sollte noch eine Grenze bestehen, dann ist sie nicht sichtbar. Optisch wirken die Orte wie ein Dorf." Umso mehr fasziniert ihn auf eine "bedrückende Art und Weise" die Vorstellung, "dass Ost und West einst nur wenige Meter voneinander entfernt waren." Doch genau diesen Umständen möchte Michael Arndt auf den Grund gehen. Dabei ist er natürlich auf die Kooperation der Einwohner angewiesen - und wurde bisher keineswegs enttäuscht. "Ich habe die Menschen in Böckwitz und Zicherie als sehr offen und hilfsbereit erlebt. Ich wurde herzlich empfangen. Die gute Resonanz verleitet mich zu der These, dass die Menschen ein ausgeprägtes Bewusstsein für Geschichte haben. Sie scheinen zu erkennen, dass ihr Leben in Böckwitz oder Zicherie auch ein ¿Erbe\' mit sich bringt, nämlich, kommenden Generationen vom Kapitel der Deuschen Teilung zu berichten."

Im August muss Michael Arndt seine Arbeit fertig haben. "Doch ich merke schon jetzt, dass meine Bemühungen, am ¿Puls der Geschichte\' extrem prägend sind. Menschen lassen mich an ihren Schicksalen teilhaben. Genau das, was ich wollte: Nicht noch eine Arbeit über Rom oder Athen schreiben, sondern von echten Menschen."

"Diese Arbeit werde ich für den Rest meines Lebens mit Böckwitz-Zicherie verbinden"

Nach seinem Studium möchte Michael Arndt Lehrer werden. Vielleicht wird er seinen Schülern von seinen Erlebnissen berichten. Auf jeden Fall, so sagt er, werden die Gespräche und Begegnungen für ihn unvergesslich bleiben. "Diese Arbeit werde ich für den Rest meines Lebens mit diesem Flecken Erde in Verbindung bringen." Mit Vergnügen würde er später nochmal in das Doppeldorf zurückkehren. Eventuell sogar, um seine Arbeit dort vorzustellen. "Vielleicht bekomme ich die Möglichkeit, sie Interessenten zugänglich zu machen. Wenn die Arbeit fertig ist, gebe ich sie gerne weiter an die Menschen, ohne die sie nicht möglich gewesen wäre."