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Wasserverband Wohin mit dem Klärschlamm?

Der Wasserverband Klötze wird seinen Klärschlamm nicht los. Das Lager in Immekath ist zu 80 Prozent voll. Die Entsorgung sorgt für Probleme.

Von Markus Schulze 05.05.2018, 03:00

Klötze l Wohin mit dem Klärschlamm? Vor dieser Frage steht der Wasserverband Klötze (WVK). „Das Problem gibt es nicht nur in Sachsen-Anhalt, sondern auch in Niedersachsen. Keiner weiß, wo der Schlamm bleiben soll“, machte WVK-Geschäftsführerin Birgit Lange bei der Verbandsversammlung deutlich. Pro Jahr, so informierte sie, fallen auf der Kläranlage in Immekath zirka 1200 Tonnen fester Klärschlamm und etwa 2400 Kubikmeter flüssiger Klärschlamm an. Allerdings hat der WVK derzeit keine Möglichkeit, den ganzen Klärschlamm zu entsorgen. Und das wäre dringend nötig. Denn: „Unsere Lagermöglichkeiten sind zu 80 Prozent ausgelastet“, berichtete Lange. Weiterer Klärschlamm müsste bis zur Entsorgung zwischengelagert werden.

Im Grunde gibt es für die Entsorgung des Klärschlamms lediglich zwei Optionen. Erstens: Die landwirtschaftliche Entsorgung. Und zweitens: Die thermische Entsorgung, das heißt, der Klärschlamm wird verbrannt.

Im Jahr 2017, so erinnerte Lange, konnte der Klärschlamm des WVK aufgrund erhöhter Cadmiumwerte nicht landwirtschaftlich entsorgt werden. Stattdessen wurde er in Bernburg verbrannt. Doch 2018 geht das nicht, weil der Entsorger dort keine Kapazitäten mehr hat. Daher begab sich der WVK auf die Suche nach einer Alternative und schrieb die thermische Entsorgung im Dezember 2017 aus. Bei dieser Ausschreibung gab es aber keinen Bieter. Auch eine Ausschreibung im Februar 2018 war nicht von Erfolg gekrönt. Es gab zwar einen Bieter, doch der aufgerufene Preis zur Entsorgung des festen Klärschlamms lag bei 250 Euro pro Tonnesowie 350 Euro je Kubikmeter für flüssigen Klärschlamm. „Das wäre eine Preissteigerung um das Zehnfache, fast eine Million Euro“, wie Lange sagte.

Den enormen Anstieg erklärte sie mit dem Inkraftreten der Düngemittel- und der Novelle bei der Klärschlammverordnung. Denn vorher kostete die thermische Entsorgung „nur“ 60.000 Euro pro Jahr. Dazwischen gab es einen Sprung auf knapp 82.400 Euro und zuletzt auf rund 90.700 Euro pro Jahr. „Es gibt in Sachsen-Anhalt zu wenige Verbrennungsanlagen“, stellte Lange fest. Daher verzichtete der WVK auch auf weitere Ausschreibungen. „Sie würden kein anderes Ergebnis bringen. Telefonische Nachfragen bei den uns bekannten Entsorgern spiegeln das dar.“

All das wäre vielleicht zu verkraften, wenn die landwirtschaftliche Entsorgung ohne Weiteres möglich wäre. Das ist sie jedoch nicht. Ein Hauptgrund dafür liegt in der Klärschlammverordnung. Diese besagt nämlich, dass das Auf- oder Einbringen von Klärschlamm auf oder in einen Boden mit landwirtschaftlicher Nutzung nicht zulässig ist, „wenn der Klärschlamm in einer Abwasserbehandlungsanlage angefallen ist, in der Abwasser aus der industriellen Kartoffelverarbeitung behandelt wurde“. Mit diesem Paragrafen soll die Ausbreitung von pflanzlichen Krankheitserregern, hier besonders der sogenannte Kartoffelkrebs, verhindert werden. Der WVK ist von diesem Passus insofern betroffen, weil es in seinem Gebiet eine Kartoffelverabeitungsfirma gibt, deren Abwässer in Immekath gereinigt werden. Aber handelt es sich beim Kartoffelcenter tatsächlich um ein industrielles Unternehmen? Nach niedersächsischer Definition ist es das nicht, aber die kommt in Sachsen-Anhalt nicht zur Geltung.

Der WVK will diese Frage geklärt wissen und hat nun eine Einzelfallentscheidung beantragt, wie Lange informierte. Außerdem wurde der Wasserverbandstag eingeschaltet und sogar im Umweltministerium wurde man vorstellig.

Birgit Lange resümierte: „Für uns ist das ein riesiges Problem.“ Auf der einen Seite fehlen die Entsorgungsmöglichkeiten und auf der anderen Seite steigen die Preise für die Entsorgung. „Das wird sich drastisch auf den Abwasserpreis der Bevölkerung und auch auf den Einleitungspreis für das Unternehmen auswirken.“ Sie brachte ihre Hoffnung auf einen positiven Ausgang des Verfahrens zum Ausdruck, damit der Klärschlamm landwirtschaftlich entsorgt werden kann. Wohl wissend allerdings, dass auch die Landwirte nicht mehr wissen, was sie mit ihrer Gülle machen sollen.

Die Verbandsversammlung war nach diesen Worten schier fassungslos. „Das betrifft direkt den Bürger“, sagte Andreas Finger aus Dannefeld. Horst Wienecke aus Steimke meinte: „Die sollen hier einen Erlass machen wie in Niedersachsen. Aber es gibt keine Lobby.“ Carsten Borchert aus Jübar, der für die CDU im Landtag sitzt, kündigte an, sich im Sinne des WVK einsetzen zu wollen. „Das geht aber nicht über Nacht.“

Hans-Jürgen Zeitz aus Immekath wies darauf hin, dass der WWK mehrfach Fördermittel für eine Überdachung des Schlammlagerplatzes in Immekath beantragt hat, ohne je eine Antwort erhalten zu haben. Damit sollte die Geruchsbelästigung im Ort eingedämmt werden. Er spekulierte, dass der Zwischenlagerplatz für den Klärschlamm, sollte der wirklich erforderlich werden, nicht weit von der Kläranlage entfernt sein wird. „Und dann wären die Immekather wieder die Leidtragenden. Was kommt als Nächstes? Werden Masken verteilt?“

Ähnlich äußerten sich Hans-Jürgen Schmidt aus Klötze und Heinrich Schmauch aus Beetzendorf. Die Runde übte scharfe Kritik und war sich einig, dass die Politik, speziell das Umweltministerium, endlich eine Lösung für das Problem finden muss. Der Tenor lautete: „Irgendwo muss der Klärschlamm ja hin.“