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Hauptkommissar Heinrich ermittelt 1. Magdeburger Weihnachtskrimi

Von Dirk Heidicke und den Leserinnen und Lesern der Magdeburger Volksstimme 30.11.2013, 07:42

Prolog: Der Kommissar eilt zum Weihnachtsmarkt.

Hauptkommissar Heinrich betrat das Büro, an dessen Tür sein Name angebracht war, hängte seinen Trenchcoat an den Haken und fuhr den Rechner hoch. Der Kaffee, den er sich am Automaten geholt hatte, dampfte, und Heinrich wusste, dass er ihn trinken musste, solange er heiß war, denn in lauwarmem Zustand würde er nicht mehr genießbar sein. Aber wenn man im schlechtesten Dienstgebäude der deutschen Polizei Dienst tat, konnte man vermutlich auch nicht erwarten, dass der Kaffee schmeckte, dachte Heinrich, als er sein Passwort eingab, um seine Mails zu checken.

Seine Assistentin Claudia betrat das Büro – wie immer pünktlich, aber eben auch keine einzige Minute zu früh. Heinrich hatte keine Ahnung, wie sie das machte, vermutlich schloss sie sich auf der Toilette ein oder drehte noch eine Runde um den Hasselbachplatz, falls sie doch einmal zu zeitig dran war.

"Guten Morgen, Herr Heinrich", flötete sie gut gelaunt. - Heinrich hasste seinen Namen. Es geschah ihm nicht selten, dass Menschen, denen er sich vorstellte, mit der Nennung ihres eigenen Vornamens antworteten, weil sie der Auffassung waren, er habe ihnen gerade das Du angeboten. Also war er fortwährend gezwungen, darauf hinzuweisen, dass dies sein Nachname sei und er gesiezt zu werden wünsche. In einer Stadt, in der alle Otto waren, war man mit dem Du ohnehin schnell bei der Hand, und Heinrich wollte sich gar nicht ausmalen, was auf ihn zugekommen wäre, hätte nicht erst Kaiser Otto der Große, sondern schon dessen Vater Heinrich I. Magdeburg zu seiner Lieblingspfalz erkoren.

"Guten Morgen, Herr Heinrich", insistierte Claudia, da er ihren Gruß nicht erwidert hatte. "Morgen, Claudia", murmelte der Kommissar, ohne sich für seine Unhöflichkeit zu entschuldigen.

Er betrachtete die junge Frau aus den Augenwinkeln. Sie war attraktiv, offenherzig und keineswegs dumm, und er fragte sich, warum sie ausgerechnet bei der Kriminalpolizei gelandet war. Vielleicht hatte sie ja die Flut an Kommissarinnen, die inzwischen die deutsche Fernseh-Landschaft überschwemmte und die in keiner Weise der polizeilichen Realität entsprach, dazu verleitet. Oder sie glaubte … - Das Klingeln des Telefons unterbrach seine müßigen Gedanken. Heinrich hörte konzentriert zu, stellte ein paar kurze Gegenfragen und machte sich eilig Notizen. "Wir kommen", beendete er das Gespräch und erhob sich.

Claudia sah ihn an. "Auf zum Weihnachtsmarkt!", kommandierte der Kommissar und griff nach seinem Mantel.

"Wollen Sie mich zum Glühwein einladen?", versetzte die Assistentin kokett.

"Sobald wir den Täter haben", entgegnete Heinrich. "Kommen Sie."

"Was ist denn geschehen?"

Teil 1: Menschenauflauf am Märchenwald

"Was ist denn geschehen?" fragte Claudia. - "Das erzähle ich Ihnen im Auto", beschied sie der Kommissar und verließ das Büro.

Als sie über den Breiten Weg in Richtung Alter Markt fuhren, berichtete er: "Es hat offenbar ein Tötungsdelikt gegeben, aber offen gestanden bin ich aus dem Anruf nicht ganz schlau geworden.Das Opfer heißt wie eine Märchenfigur, Aschenputtel oder Schneewittchen oder so, es steht auf meinem Zettel." - "Wahrscheinlich ihr Nickname", vermutete die Assistentin. "Neuerdings ist es ganz ratsam, seinen Klarnamen nicht mehr zu verwenden." - "Warten wir es ab", versetzte Heinrich.

Er parkte den Wagen hinter dem Rathaus und eilte in Richtung Märchenwald. An der Weihnachtstanne hatte sich ein Menschenauflauf gebildet, dessen Mittelpunkt ein herzzerreißend weinendes Mädchen bildete, das seine Hände verzweifelt in Richtung des Baumwipfels ausstreckte, von wo ein klägliches Miauen zu vernehmen war. "Ach Gott, ein Kätzchen!", rief Claudia und blieb abrupt stehen. "Dafür haben wir keine Zeit, das ist Sache der Feuerwehr!", entschied Heinrich und eilte weiter, während Claudia zurückblieb.

Weihnachtsmarktchef Adler, der die Beamten gerufen hatte, erwartete ihn bereits. "Heinrich, Kripo Magdeburg", stellte der Kommissar sich vor. "Ich bin der Ted", erwiderte Adler. Heinrich verdrehte die Augen, verzichtete aber diesmal darauf, das Missverständnis aufzuklären. - "Wo ist die Tote?", fragte er. - "Im Schloss", erklärte Adler. - "In welchem Schloss?!" - "Da drüben." Adler wies auf die Dornröschen-Gruppe. "Es fehlt nur der Kopf, den Rest hat er da gelassen." Claudia, die endlich auch eintraf, erklärte, dass sie wegen des Kätzchens die Feuerwehr verständigt habe. "Musste das sein?", fragte Adler. "Gerade jetzt kann ich hier wirklich keine Panik gebrauchen." - "Man hat Dornröschen geköpft", erklärte Heinrich. "Klare Sache: die 13. Fee", versetzte Claudia flapsig, aber Adler blieb ernst.

Tatzeit war wahrscheinlich die Nacht zum Donnerstag, jedenfalls war der Kopf bei der Marktöffnung am Freitag verschwunden. Und heute kam er mit der Post." Adler zeigte den Beamten das geöffnete Paket mit dem Haupt der Prinzessin. "Zusammen mit einem Erpresserschreiben, in dem weitere Schritte angedroht werden." - "Und welche? Will er die Hexe in den Ofen schieben und Rapunzel vom Turm stoßen?", fragte Heinrich lapidar.Aber Adler lachte wiederum nicht. "Es ist derselbe Täter, der im Vorjahr Rudi, den singenden Elch in Brand gesteckt hat." - "Was übrigens das erste Verbrechen war, das ich ausdrücklich begrüßt habe", gestand Heinrich. "Aber das sage ich nur als Privatperson, als Polizist war ich selbstverständlich erschüttert."Adler lachte abermals nicht, während Claudia grinste. Heinrich zückte sein Notizbuch. "Gibt es eine Forderung, Herr Adler? An wen ist sie gerichtet? Und womit droht der Erpresser?"