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Alter Markt Kompromiss im Magdeburger Toilettenstreit

Öffentlichkeitswirksam protestierten die Händler der Hartstraße in Magdeburg gegen das Vorhaben, ein öffentliches WC vor ihre Tür zu stellen. Mit Erfolg.

Von Karolin Aertel 18.12.2020, 00:01

Magdeburg l Die Suche nach einem Platz fürs stille Örtchen am Alten Markt geht weiter. Nachdem Gewerbetreibende und Mieter den favorisierten Standort in der Hartstraße am Ratsgarten scharf kritisiert haben, prüfte die Stadtverwaltung nun einen Vorschlag der IG Innenstadt. Diese warb für die Haltestelle des roten Doppeldeckerbusses (Parkplatz Bei der Hauptwache) als alternativen Standort für eine öffentliche Toilettenanlage.

Obgleich einer Umsetzung dort ein rechtskräftiger Bebauungsplan, der eine mehrgeschossige, geschlossene Bebauung vorsieht, im Wege steht, scheint der Standort nicht ganz vom Tisch. Denn, wie Ordnungsbeigeordneter Holger Platz auf eine Anfrage des Linken-Stadtrats Oliver Müller antwortete, gebe es dort die Option einer temporären WC-Anlage. Im Zuge einer späteren Bebauung könne dann eine öffentliche Toilette im Erdgeschoss integriert werden - die temporäre Anlage wiederum andernorts aufgestellt.

Platz wies aber auch darauf hin, dass die Anlage dann als Solitär wirke und damit unmittelbar in Konkurrenz zum Otto-von-Guericke-Denkmal stehe. Dies müsse bei der weiteren Planung und Gestaltung des unmittelbaren Umfeldes beachtet werden. Die Umgestaltung des Alten Marktes, der ein Gestaltungswettbewerb vorausging, ist nicht vor 2022 vorgesehen. In dem Siegerentwurf war die Einordnung einer öffentlichen Toilette noch nicht enthalten, da sie zu diesem Zeitpunkt nicht Thema und somit auch kein Bestandteil der Ausschreibung war, erklärt Platz. Bei der Umsetzung soll sie dann jedoch Beachtung finden.

Als Übergangslösung die Toiletten im Rathaus zu öffnen, wie Oliver Müller es vorschlug, wies Magdeburgs Ordnungsbeigeordneter ab. Sie seien außerhalb von Veranstaltungen und Terminen im Rathaus für Besucher nicht öffentlich zugänglich. Platz erklärt: „Hier wurden erhebliche Verschmutzungen festgestellt, so dass zum Schutz der Mitarbeitenden des Rathauses die Toiletten für die Öffentlichkeit geschlossen wurden.“

Und auch eine Nutzung des ehemaligen Kiosks zwischen der Bötelstube und der Industrie- und Handelskammer Magdeburg am Alten Markt 9 komme nicht infrage. Die Wobau habe dies abgelehnt. Die Räumlichkeiten sollen als Teil des Maßnahmenplans ,,Handel in Innenstadt und Stadtteilzentren 2020“ für das Projekt „Alter Zauber in der neuen digitalen Welt mit der Faszination des mechanischen Puppenspiels“ genutzt werden, erklärt Platz.

Weitere Räumlichkeiten, die sich für eine öffentliche Toilette eignen, gebe es im Immobilienbestand des Wohnungsunternehmens nicht. Auch die Nutzung der WC-Anlage in der Magdeburger Tourist-Information sei für die Öffentlichkeit aus technischen Gründen nicht möglich, so Platz.

So favorisierte die Stadtverwaltung zunächst den Standort in der Hartstraße. Dort würde sich die WC-Anlage, die eine hochwertige Glaskeramik-Fassadengestaltung bekommen soll, nach Analyse der Verwaltung sehr gut in den bestehenden Funktionsstreifen aus Stellplätzen und Bäumen einordnen, wäre auch in Bezug auf das in der Nähe befindliche Baudenkmal verträglich und für Ortsunkundige gut wahrnehmbar. Zudem wäre die Erschließung für die Unterhaltung der Anlage gewährleistet, so Platz. Und letztlich sei dieser Standort auch vor dem Hintergrund der Kosteneinsparung gewählt worden.

Die Anwohner und Händler der Hartstraße sahen dies jedoch gänzlich anders und protestierten mit Bannern gegen eine öffentliche Toilette vor ihrer Tür. Sie halten den Standort für ungeeignet und fürchten, dass sich die Probleme, die es am bisherigen Standort an der Buttergasse gab, verlagern - Vandalismus, Drogenkonsum, Gestank und Dreck. Letztlich lenkten Stadtverwaltung und Bauausschuss nach Gesprächen mit Vertretern der IG Innenstadt jedoch ein und wischten den Standort vom Tisch.

Wie Stadtsprecherin Kerstin Kinszorra mitteilt, seien Abstimmungen zwischen Stadtplanungsamt und Städtischem Abfallwirtschaftsbetrieb (SAB) zum möglichen Standort, zu den Vorgaben des Bebauungsplans und zur Art der Anlage (Größe, Gestaltung) für Anfang 2021 vorgesehen. Die Finanzierung für eine WC-Anlage ist im Wirtschaftsplan des SAB eingestellt.

Die Klo-Problematik am Alten Markt lässt sich derzeit auf weite Teile der Stadt beziehen. Wenn denn ein Klo vorhanden ist, sei es oft nicht mehr zeitgemäß. Wie Holger Platz erklärt, sei die überwiegende Zahl der WC-Anlagen in der Landeshauptstadt nicht mehr auf dem Stand der Technik, eine Umrüstung und Modernisierung nach Rücksprache mit dem Hersteller jedoch nicht immer wirtschaftlich.

In Zusammenarbeit mit dem Stadtplanungsamt, tourismusverantwortlichen Einrichtungen sowie mit dem Amt für Statistik sollten die Standorte der WC-Anlagen nun überprüft und in der Folge einer Bedarfsanalyse nach Relevanz und Priorität neu geordnet werden. Hinsichtlich Anträgen und Anfragen neu erwünschter WC-Anlagen soll diese Liste herangezogen werden.

Bereits bestehende WC-Anlagen seien hinsichtlich ihres technischen Zustandes mit Fokus auf die Modernisierungseignung überprüft und je nach Zustand Empfehlungen zur Sanierung/Modernisierung beziehungsweise zu einer Ersatzbeschaffung vorgelegt worden. Die verschiedenen Durchführungsvarianten werden derzeit erarbeitet und könnten, so Platz weiter, im zweiten Halbjahr 2021 vorgestellt werden.