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Anna-Ebert-Brücke Schlussstein in Magdeburg

Schwere Schäden hat das Hochwasser 2013 an der Anna-Ebert-Brücke verursacht. Diese wird daher derzeit gesichert.

Von Martin Rieß 15.07.2019, 01:01

Magdeburg l Das war schon ein bisschen feierlich: Alle Klinkersteine unter den Gewölben der Magdeburger Anna-Ebert-Brücke in Magdeburg sind gesäubert; die schadhaften sind restauriert oder ersetzt. Am Mittwoch haben Thomas Hochheim und Stefan Malzer von der Bauhütte Naumburg GmbH den letzten Stein eingesetzt. Nicht irgendeinen Stein, sondern eine besondere Arbeit, die Kollege Richard Crivellaro ein paar Tage vorher angefertigt hat. „Da stecken schon ein paar Stunden Arbeit drin“, berichtet er. Anders als die anderen Steine unter dem Gewölbe handelt es sich nicht um einen Klinkerstein, sondern um einen gleichgroßen Granitstein.

Richard Crivellaro hat diesen aus einem Granitblock herausgeschnitten, der im 19. Jahrhundert aus einem Harzer Steinbruch nach Magdeburg gebracht wurde und fast ein Jahrhundert lang Teil der Balustraden-Abdeckung war. In den 1970er Jahren war er beim Umbau der Brücke in die Alte Elbe gestürzt und hatte die Jahrzehnte dort überdauert. Als Erinnerung daran, dass es sich um den letzten Stein für diesen Bauabschnitt handelte, hat der Steinmetz auch die Jahreszahl 2019 eingearbeitet.

Johannes Bach vom Ingenieurbüro Bach+Bach sagt: „Das ist wirklich ein Meilenstein bei der statischen Sicherung der Brücke.“ Über Monate hatten die Bauleute hier gearbeitet. Dort, wo die Steine nicht mehr zu retten waren, wurden sie durch neue ersetzt. Das war in mehr als 10.000 Fällen so. 700 bis 800 Exemplare normalerweise pro Gewölbe – in einem von ihnen aber fast 4000. Johannes Bach erläutert: „Hier mussten schwere Schäden von einer Splittergranate ausgebessert werden.“

Ein Blick auf die bereits fertiggestellten Gewölbe auf der Werderseite zeigt übrigens: Viele Klinkersteine sind wieder weiß vom Tausalz, welches aufgrund von Schäden an der Abdichtung im Winter jahrzehntelang von oben in die Brücke eindringen konnte. Haiko Schepel, der das Projekt seitens des Magdeburger Tiefbauamts betreut, sagt: „Daran können wir leider auch nichts ändern. Immer wieder, wenn Feuchtigkeit in die Brücke eindringt, wird Salz durchs Mauerwerk nach unten transportiert.“ Das kann auf Dauer zu neuen Schäden an den neuen Steinen führen. Johannes Bach sagt: „Das macht deutlich, dass nach der gegenwärtig laufenden statischen Sicherung dringend eine Generalsanierung von oben erfolgen muss, um das Eindringen von Wasser ins Brückenbauwerk zu verhindern.“ Das Problem: Eine solche Sanierung ist bei fließendem Verkehr undenkbar. Und das bedeutet: Erst mit der Freigabe der neuen Pylonbrücke parallel zur Anna-Ebert-Brücke kann dieses Vorhaben angegangen werden. Das dürfte nicht vor 2023 der Fall sein. Zudem muss die Finanzierung rechtzeitig geklärt werden.

Die laufende Phase der statischen Sicherung wird noch bis zum Ende des Jahres andauern. Unter anderem geht es hier darum, weitere Feinstzementsuspension in das alte Gemäuer zu pressen. Mit dem Material sollen Hohlräume – die sogenannten Klüfte – im Mauerwerk aufgefüllt und stabilisiert werden. Ein vergangenes Jahr in Auftrag gegebenes Gutachten weist für bereits eingebrachte Injektionen einen guten Erfolg aus. Die Hohlräume machten in den funktionstüchtigen Teilen des Mauerwerks fünf bis zehn Prozent des Volumens aus. Etwa 70 Prozent dieser Hohlräume sind jetzt mit Material gefüllt und damit ist die Standsicherheit gewährleistet. Haiko Schepel sagt: „Das ist ein guter Wert, damit können wir wirklich zufrieden sein.“

Felix Bach von Bach+Bach berichtet: „In den kommenden Monaten geht es außerdem darum, die letzten Anker in die Brücke einzubringen.“ Dabei gilt es, etwa elf Meter lange Löcher quer durch die Brückengewölbe zu bohren. Ein an beiden Seiten befestigter profilierter Metallstab sorgt dann dafür, dass künftig einer für Gewölbebrücken typischen Bildung von Längsrissen entgegengewirkt wird. „Von den insgesamt ca. 130 Ankern fehlen noch zwölf“, berichtet Felix Bach. Die Vorspannung pro Anker beträgt 25 Tonnen.

Wenn auch diese Arbeiten abgeschlossen sind, ist es so weit, zu sagen: Jetzt ist die Brücke wieder sicher.

Was allerdings dennoch bedeutet, dass die Verkehrseinschränkungen bezüglich der Geschwindigkeit und der Belastung weiter gelten, so Haiko Schepel.

Mit diesem Jahr werden die Arbeiten an dem Bauwerk allerdings noch nicht abgeschlossen sein. Es geht nach der statischen Sicherung der vom Hochwasser 2013 stark geschädigten Brücke dann unter anderem um Arbeiten an den Brückenvorköpfen, von denen aus sich auf der Werderseite und der Brückfeldseite die Brücke über die Alte Elbe schwingt. Zudem wird noch an den Oberflächen des Bauwerkes gearbeitet.

Restauratorin Corinna Grimm-Remus sagt: „Angesichts der Einzigartigkeit der Anna-Ebert-Brücke sind diese Arbeiten aus Gründen des Denkmalschutzes sehr wichtig.“ Beim Blick auf Mauerstücke, die von den Mitarbeitern der Bauhütte Naumburg nachempfunden wurden, ist sie voll des Lobes für die Arbeit der Handwerker: „Es ist beeindruckend, wie genau die Kollegen arbeiten.“

Es geht darum, die zum Teil komplizierten geometrischen Formen passend zum bestehenden Brückenkörper herauszuarbeiten. Es geht darum, Schmuckelemente wiederherzustellen. Und es geht auch darum, die Methoden der Oberflächenbearbeitung, die im 19. Jahrhundert zum Einsatz kamen, nachzuvollziehen.

Während sich die Bauhütte Naumburg – vereinfacht dargestellt – vorrangig um die Oberflächen des Bauwerkes kümmert, beschäftigt sich die w+s bauinstandsetzung GmbH aus Fuldabrück als Hauptauftragnehmer mit den Injektionen und Querverankerungen im Inneren des Bauwerkes. Außerdem ernähren die Arbeiten an der Brücke zurzeit mehr als 20 gewerblich tätige Nachunternehmen und Dienstleister, die vorrangig aus der Region stammen. Dabei handelt es sich z. B. um Gewerke wie Spezialtiefbau, Gerüstbau, Verkehrssicherung, Kampfmittelbergung, Metallbau, Spengler und Elektroinstallation.