1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Magdeburg
  6. >
  7. AOK kündigt Verträge: Blaue Briefe für 42 Beschäftigte der Praxisklinik Sudenburg

AOK kündigt Verträge: Blaue Briefe für 42 Beschäftigte der Praxisklinik Sudenburg

Von Karl-Heinz Kaiser 23.03.2012, 03:18

Die im April 2000 gegründete Praxisklinik Sudenburg steht vor dem Aus. Vorgestern hat die Geschäftsführung 42 der insgesamt 50 Mitarbeiter gekündigt. Als Grund wird die Aufkündigung des Klinik-Vertrages mit der AOK genannt.

Sudenburg. l Zum 31. März will die AOK Sachsen-Anhalt den seit dem Jahr 2000 bestehenden Vertrag mit der Praxisklinik Sudenburg auslaufen lassen. Verlängert werden soll er nach bisherigem Stand nicht mehr. Der wegen ihrer besonderen Leistungsart stadtweit populären Einrichtung in der Bahrendorfer Straße brechen damit 80 Prozent der Umsätze weg. Die Praxis-Klinik sei unter diesen Umständen wirtschaftlich nicht mehr zu halten, sagte Thomas Weigel gestern auf Volksstimme-Nachfrage.

"Wirtschaftlich ist so die Praxisklinik nicht zu halten."

Weigel ist gemeinsam mit Ernst-Bernd Wischeropp jr. Geschäftsführer der medizinischen Versorgungseinrichtung. Auch Letzterer bestätigte: "Das ist eine unternehmerische Entscheidung. Bald würden wir keine Gehälter zahlen können und wirtschaftlich Gefahr laufen, in die Insolvenzverschleppung zu driften."

Das Geschäftsführer-Duo der Praxisklinik Sudenburg GmbH und Co KG sprach deshalb am Mittwoch die vorsorgliche Kündigung für 42 der insgesamt 50 Mitarbeiter aus. Die Fristen laufen schrittweise bis September 2012 ab. Die anderen, so Weigel weiter, seien Betriebsratsmitglieder. Sie werden entsprechend den Gesetzlichkeiten erst einmal weiterbeschäftigt.

Man wolle versuchen zu retten, was zu retten ist und führe weiter Gespräche mit der AOK, betonten Weigel und Wischeropp.

Realistisch betrachtet ist die Lage jedoch beklemmend. Die vier OP-Säle mit moderner Technik in der Praxisklinik, die 40 Betten und die Aufwachstation auf dem rund 2000 Quadratmeter großen Bereich werden, sollte es bei der AOK-Entscheidung bleiben, nach und nach geschlossen.

Hier führen (bislang noch) 30 niedergelassene Ärzte der Region Operationen in den Bereichen Chirurgie, Neurochirurgie, Orthopädie, Urologie und Gynäkologie aus. Die operierten Patienten können, wenn es vertretbar und von diesen gewollt ist, wenige Tage nach der OP die Einrichtung verlassen. Selbst "Knopflochoperationen" werden angeboten. Das alles galt als Besonderheit dieser Klinik. Begonnen hatte deren Karriere im April 2000 als bundesweit einmaliges Experiment. Die Kosten sollen zeitweise bei 65 Prozent des Durchschnitts in einem Akutkrankenhaus gelegen haben. Die AOK rechnete mit einer jährlichen Einsparung von ca. 1,5 Millionen Euro. Die Kasse beteiligte sich am Modell, das zunächst für fünf Jahre ausgelegt war.

Das Modell überdauerte 12 Jahre. Jetzt wird das Ende eingeläutet. Auch den 30 niedergelassenen Ärzten wird eine Grundlage ihrer Tätigkeit entzogen - falls die AOK keine anderen Möglichkeiten bietet. Das sei 12 Jahre in Ordnung gewesen, und man frage sich, wieso das jetzt nicht mehr so sein solle, bedauerte Mathias Tronnier, Vorstand der Kassenärztlichen Vereinigung. Hier würden hochqualifizierte Operateure für die Patienten wirken, sagte er.

"Das war 12 Jahre in Ordnung, und das soll es jetzt nicht mehr sein?"

Er wusste aber auch, dass es noch Verhandlungen zwischen der Praxisklinik sowie der AOK Sachsen-Anhalt gebe.

Das bestätigte zwar der Krankenkassenriese gestern. Allerdings hielt er sich bedeckt: "Die AOK Sachsen-Anhalt und die Geschäftsführung der Praxisklinik Sudenburg befinden sich in laufenden Gesprächen. Deshalb können wir uns zum jetzigen Zeitpunkt nicht äußern", so die Antwort von Christiane Riedel, AOK.

Handelt es sich um eine routinemäßige Antwort auf eine unbequeme Frage oder soll ein Fünkchen Hoffnung vermittelt werden? Insider glauben, dass es Konzept sei. Denn der Saaleklinik Halle waren unlängst gleichfalls die Verträge gekündigt worden.

Für die entlassenen Mitarbeiter der Sudenburger Einrichtung bleibt jetzt banges Hoffen. Sie mühen sich um neue Arbeitsplätze. Zwar fallen nicht alle sozial in ein tiefes Loch. Fachkräfte seien gesucht, zum Beispiel im Uni-Klinikum, sagte Thomas Weigel.

Andererseits: In einem Fall hat eine qualifizierte Mitarbeiterin (Name der Redaktion bekannt) mehrere Dutzend Bewerbungen geschrieben. Zurückgekommen seien bis jetzt ausschließlich Ablehnungen, ließ sie wissen. Die erste Absage kam bereits vom Uni-Klinikum.