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Armutsbericht Kinderarmut in Magdeburg wächst

Deutlich stärker als im Bundesdurchschnitt sind Kinder und Jugendliche in Magdeburg von Armut betroffen.

Von Katja Tessnow 21.11.2016, 00:01

Magdeburg l In ganz Deutschland lebten im Juni 1,96 Millionen Kinder und Jugendliche in Familien, die jeden Cent zweimal umdrehen müssen; das sind 14 Prozent aller jungen Bundesbürger unter 18  Jahren. In Magdeburg sieht die Situation noch deutlich dramatischer aus. Hier lebten zum gleichen Zeitpunkt knapp 27 Prozent aller minderjährigen Bewohner in sogenannten Hartz-IV-Bedarfsgemeinschaften. Betroffen war also mehr als ein Viertel aller Kinder und Jugendlichen in der Stadt.

Die soziale Lage junger Magdeburger und ihrer Familien hat sich damit seit 2011 verschärft. Vor fünf Jahren lag der Anteil der Hartz-IV-Bezieher unter den Magdeburger Kindern und Jugendlichen noch bei 22 Prozent und damit deutlich unter der heutigen Marke. Seither ist die Zahl junger Magdeburger in von Armut betroffenen Familien entgegen dem Landestrend stetig angestiegen. In ganz Sachsen-Anhalt hat die Zahl von Armut betroffener Kinder seit 2013 dagegen kontinuierlich abgenommen.

Mehr als die Hälfte der in Magdeburg rund 9350 Kinder und Jugendlichen in Hartz-IV-Bedarfsgemeinschaften wächst bei nur einem Elternteil auf, die meisten bei ihren Müttern. Mit Stand Dezember 2015 mussten 201 alleinerziehende Väter mit 261 Kindern und 3078 alleinerziehende Mütter mit 4799 Kindern ihren Alltag von staatlicher Unterstützung, also am Existenzminimum, bestreiten.

So weit zu den Fakten. Als Mittel zur Herstellung von Chancengleichheit zählt das Sozialdezernat Freizeitangebote, Familienbildungsmaßnahmen und Schulsozialarbeit auf. Alle diese Angebote richteten sich zuerst an Familien in sozialen Notlagen. Auch die kommunalen Kinder- und Jugendeinrichtungen würden in erster Linie von Kindern aus sozial schwachen Familien besucht. „In den Einrichtungen wird leider häufig festgestellt, dass viele Kinder und Jugendliche weder über eine gesunde noch regelmäßige Ernährung verfügen“, heißt es im Bericht aus dem Sozialdezernat. Angeregt wird eine Prüfung der kostenlosen Nahverkehrsnutzung über ein Kontingent an Gruppenkarten für Kinder- und Jugendeinrichtungen, „damit Kinder uneingeschränkt am sozialen und kulturellen Leben teilhaben können“. Daneben fordert das Dezernat die Ausweitung der Schulsozialarbeit auf alle Schulen.

Als wichtiges Instrument zur Sicherung der Teilhabe am gesellschaftlichen Leben erachtet die Verwaltung den "Magdeburg Pass", der Familien im Hartz-IV-Bezug ermäßigten Eintritt, Zuschüsse bei Bus- und Bahnfahrten und eine Reihe weiterer Vergünstigungen bis zum kostenlosen Besuch von Kita und Schulhort einräumt. Den Pass kann jeder Magdeburger beantragen, der von Hartz-IV-Bezügen lebt oder nur über ein Mini-Einkommen bis zu zehn Prozent über Hartz-IV-Niveau verfügt. Anspruchsberechtigt sind rund 36 000 Magdeburger; mehr als 23 300 von ihnen nutzten den Pass. Im September hatte die Linke im Angesicht dauernder Preiserhöhungen auch für die Nutzung kommunaler Kultureinrichtungen eine Ausweitung des Passrechtes auf weitere Kreise der Bevölkerung (Einkommen bis 25 Prozent über Hartz-IV-Niveau) beantragt. Das lehnt die Verwaltung ab. Das letzte Wort dazu hat der Stadtrat im Januar 2017.