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Asyl Magdeburger kämpfen gegen Abschiebung

Tareq Aziz Azimi darf laut Gericht nicht in Deutschland bleiben. Seine Klassenkameraden in Magdeburg kämpfen für sein Bleiberecht.

Von Stefan Harter 13.04.2018, 01:01

Magdeburg l Am Vormittag des 21. März 2018 wurde die Klage des Afghanen Tareq Aziz Azimi gegen die Ablehnung seines Asylantrags vor dem Verwaltungsgericht Magdeburg abgewiesen. Am Nachmittag desselben Tages ging die Meldung eines weiteren Bombenanschlags in der afghanischen Hauptstadt Kabul um die Welt. Über 20 Menschen starben an diesem Tag in jener Stadt, in die Tareq abgeschoben werden soll.

Seit Jahresbeginn wurden bereits mindestens 200 Menschen in seinem Geburtsland durch Attentate getötet. Ein Land, in dem er nie gelebt hat, weil seine Eltern kurz nach seiner Geburt vor den Taliban in den Iran flohen. Ein Land, in dem er niemand kennt, weil auch die restliche Familie nach Pakistan geflohen ist. Ein Land, dessen Amtssprache er kaum kennt.

Ungeachtet der Kritik von zahlreichen Flüchtlingsorganisationen gilt Afghanistan aber als ein sicheres Herkunftsland. Immer wieder starten Flieger als Sammelabschiebungen nach Kabul, der jüngste erst Ende März. Tareq fürchtet nun, auch bald in einem solchen Flugzeug zu sitzen.

Der heute 19-Jährige machte sich vor gut drei Jahren als Minderjähriger zu Fuß auf den Weg vom Iran nach Deutschland. Landsleute halfen ihm auf dem langen Weg, der über zehn Monate dauerte. Bei der nächtlichen Überfahrt von der Türkei nach Griechenland dachte er, er muss sterben, als das Boot voll Wasser lief. Er wurde gerettet – und kam zunächst ins Gefängnis, weil er seit der elterlichen Flucht in den Iran keine gültigen Ausweispapiere besitzt.

Über Frankfurt und Halberstadt kam er schließlich nach Magdeburg. Nach einem Deutschkurs landete er in der IGS „Regine Hildebrandt“. Seit zwei Jahren lernen Tareq und seine Mitschüler nun schon zusammen. Demnächst beenden sie gemeinsam die 10. Klasse, haben ihren Abschluss so gut wie in der Tasche.

Für sie ist es völlig unverständlich, warum er in ein Land wie Afghanistan zurückgeschickt werden soll. Im Gegensatz zu anderen Flüchtlingen, die schon in ihrer Klasse waren, lerne er eifrig und schreibe bessere Noten als manch deutscher Mitschüler, erzählen sie. „Er verdient es nicht, weil er sich so anstrengt“, sagt Lucy Lemme. Für sie sei der Gedanke, ihn nach Kabul mit den vielen Anschlägen zu schicken, „grausam“.

Zuspruch kommt auch von Steffen Wienroth vom Verein Soziabell. Der Sozialpädagoge betreut die Wohngruppe, in der Tareq lebt. „Er ist ein sehr verlässlicher und hilfsbereiter Jugendlicher. Er packt mit an, wenn Hilfe benötigt wird“, sagt er. Der Verein unterstützt ihn bei der Suche nach einer Ausbildungsstelle in Magdeburg und Umgebung. „Denn ohne diese Ausbildung soll er das Land verlassen müssen. Dies ist für uns ein unerträglicher Gedanke“, erklärt Wienroth.

Tareq hätte auch die Möglichkeit, freiwillig auszureisen und zu seinen Eltern in den Iran zurückzukehren. „Ich habe dort aber keine Zukunft“, sagt er offen. In Deutschland will er einen Beruf erlernen, „am liebsten etwas Handwerkliches“. Mehrere Bewerbungen habe er schon verschickt. Doch jetzt muss er mit der Angst leben, „dass jeden Moment die Polizei vor der Tür stehen kann“.

Seine Mitschüler haben für Tareq eine Onlinepetition gestartet, sammeln Unterschriften, spannen Eltern und Freunde ein. Mehr als 5000 Unterstützer gibt es insgesamt bereits.