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Zahl der Jugendlichen, die eine Lehrstelle suchen, geht weiter deutlich zurück Ausbildung in Magdeburg: Viele Stellen unbesetzt, weniger Bewerber

Von Peter Ließmann 02.08.2011, 06:34

Der Ausbildungsmarkt hat sich in Magdeburg deutlich verändert, in einigen Wirtschaftsbereichen sogar dramatisch. Viele Unternehmen können ihre Ausbildungsplätze nicht mehr besetzen, weil dafür die Bewerber fehlen. Jugendliche können sich auf der andren Seite ihren Ausbildungsplatz fast aussuchen.

Magdeburg. Für 47 Jugendliche wurde es gestern "ernst": Sie haben ihre Ausbildung bei der Magdeburger Stadtverwaltung angetreten. Begrüßt wurden sie von ihrem obersten Ausbildungsleiter, Beigeordneten Holger Platz.

Ausbildungsplätze im Rathaus und den städtischen Betrieben sind beliebt, darum hatte man auch keine Probleme, die Stellen zu besetzen. Allerdings: In den vergangenen Jahren hatten sich auf die fast 50 Ausbildungsplätze in der Regel 3000 Jugendliche beworben. In diesem Jahr waren es "nur" 1066. Immer noch genug zum Auswählen, die Zahl weist aber auf die Tendenz hin, unter der andere Wirtschaftsbereiche bereits zu leiden beginnen: Es gibt immer weniger Bewerber.

Der Anteil an jugendlichen Bewerbern für Ausbildungsplätze sei in Magdeburg um rund ein Drittel gesunken, berichtet Ramona Kleinod von der Magdeburger Agentur für Arbeit. Und das werde auch in den kommenden Jahren so bleiben. Die Kinder, die jetzt ins Ausbildungsalter kommen oder in ihm schon sind, seien ja bereits geboren, darum verfüge man über eine aussagekräftige demografische Daten. "Es wird zwar nicht schlimmer, aber auch nicht besser", kommentiert Ramona Kleinod die Lage. Konkret seien in Magdeburg noch 234 Ausbildungsplätze nicht besetzt. Betroffen davon seien alle Wirtschaftsbereiche, eine "kleine Katastrophe" könne man aber durchaus die Situation im Handwerk nennen. So seien etwa die Ausbildungsplätze für Elektroniker oder Anlagenmechaniker nur sehr schwer zu besetzen.

"Sei schlau, geh zum Bau!"

Das liege daran, dass es zum einen viel weniger Bewerber gebe, zum anderen, dass die schulischen Voraussetzungen in diesen Bereichen relativ hoch seien. "Gute Mathematik- und Physikzensuren beispielsweise", sagt Ramona Kleinod. Anders sehe es etwa im Baugewerbe aus. "Dort konnten die Ausbildungsplätze gut besetzt werden. Das liegt unter anderem an der guten Bezahlung für diese Ausbildungsberufe", meint Ramona Kleinod.

Insgesamt wurden der Arbeitsagentur für Magdeburg von den Unternehmen 1415 Ausbildungsstellen gemeldet, die zum 1. August zu besetzen waren. Dem stehen 1234 Jugendliche gegenüber, die sich bei der Agentur gemeldet und um einen Ausbildungsplatz nachgefragt hatten. Das geht aus der Arbeitsmarktstatistik der Agentur für den vergangenen Juli hervor.

Die Aussage der Agentur für Arbeit deckt sich mit der Einschätzung der Lage durch die Magdeburger Kreishandwerkerschaft. Wilfried Rogge beobachtet dort die Situation. "Einige Handwerksbetriebe sind schon am Schimpfen", sagt Rogge. Auch er nennt als Beispiel den Elektrobereich. "Für eine Ausbildung zum Elektroniker wird ein gutes Realschulzeugnis verlangt", sagt Rogge. Leider gebe es davon nicht übermäßig viele. Soll heißen, viele Schulabgänger erfüllten nicht den geforderten Leistungsstand. Näher wollte Rogge das nicht kommentieren, das Problem sei hinlänglich diskutiert worden.

Berufsschulen auf Situation vorbereitet

Klar sei aber auch, dass der Ausbildungsmarkt zurzeit ein "Nachfrager-Markt" sei. Das bedeutet, wer um einen Ausbildungsplatz nachfrage, könnte sich aus dem großen Angebot etwas Passendes aussuchen. "Das machen auch viele Jugendliche. Sie unterschreiben etwa einen Ausbildungsvertrag und suchen weiter, bis sie etwas Besseres finden und lösen den ersten Vertrag dann kurzfristig wieder", erklärt Rogge dazu. Das habe man im vergangenen Jahr schon beobachtet, in diesem Jahr habe sich dieses für die betroffenen Unternehmen bedeutende Problem noch verstärkt.

Und Wilfried Rogge bringt noch einen Gesichtspunkt zur Sprache. "Dieser demografische Wandel wird sich auf die Berufsschullandschaft sehr stark auswirken." Weniger Berufsschüler, weniger Berufsschulklassen, weniger Berufsschulen, so seine einfache Rechnung.

In Magdeburg habe man sich frühzeitig auf dieses zu erwartende Problem eingestellt, sagte Kulturbeigeordneter Rüdiger Koch, zuständig auch für die Magdeburger Berufsschulen. Die Entwicklung sei ja frühzeitig und deutlich zu erkennen gewesen.

Darum habe die Stadt Magdeburg schon vor rund sieben Jahren damit begonnen, die Berufsschulstandorte zu optimieren. Aus acht Standorten wurden vier, und diese wurden aufwendig saniert und modernisiert. Gleichzeitig wurden auch die pädagogischen Konzepte in den Berufsschulen angepasst. Beispielsweise wurden deutlich mehr Schulplätze eingerichtet, mit denen Schulabgänger fit für den Ausbildungsmarkt gemacht würden, so Koch. Spezielle Ausbildungsbereiche ganz aus dem Unterrichtsplan habe man mangels Schülermasse noch nicht streichen müssen. "Und wir haben auch noch Restkapazitäten übrig, um möglicherweise Berufsschüler aus dem Umland aufzunehmen", so Koch abschließend.

(Siehe auch Wirtschaft)