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Verkehr Ausschuss lehnt Shared Space für Breiten Weg in Magdeburg ab

Gleichberechtigung für alle im Straßenverkehr – das ist Shared Space. Ein Ausschuss lehnt das im Breiten Weg Magdeburg ab. Er will Verbesserungen für Radfahrer.

Von Martin Rieß Aktualisiert: 5.5.2021, 10:44
Statt einen Teil des Südabschnitts des Breiten Wegs in Magdeburg lieber den Nordabschnitt  in einen Shared Space (gemeinsam genutzten Raum) verwandeln? Im Bauausschuss gab es für diesen Vorschlag  eine Abfuhr. Überhaupt möchte der Ausschuss auf dem Breiten Weg auf dieses Modell verzichten.
Statt einen Teil des Südabschnitts des Breiten Wegs in Magdeburg lieber den Nordabschnitt in einen Shared Space (gemeinsam genutzten Raum) verwandeln? Im Bauausschuss gab es für diesen Vorschlag eine Abfuhr. Überhaupt möchte der Ausschuss auf dem Breiten Weg auf dieses Modell verzichten. Foto: Martin Rieß

Magdeburg. Wie möchte es Magdeburg mit dem Shared Space (englisch: „geteilter Raum“) halten? Jenem Verkehrsmodell, bei dem sich alle gleichberechtigt den Straßenraum teilen und bei dem im Zweifelsfall eine Verständigung per Blickkontakt und Handzeichen erforderlich ist? Das Wirtschaftsdezernat hat dazu in seinem Konzept für die Innenstadt einen Bereich im Südabschnitt des Breiten Wegs zwischen Danzstraße und Ernst-Reuter-Allee vorgesehen.

Zu entscheiden hat am Donnerstag der Magdeburger Stadtrat. Doch im Ausschuss für Stadtentwicklung, bauen und Verkehr fand die Idee schon einmal keine Gnade. Der Ausschuss hat Änderungsanträge formuliert, in denen der Shared Space keine Rolle mehr spielt.

Vorangegangen war eine kontroverse Debatte. So hatte Madeleine Linke (Grüne) noch für die Idee im Sinne des Wirtschaftsdezernats geworben, da auf dieser Weise ein erster Schritt getan werden könne, eine attraktive Flaniermeile zu schaffen. Und die Wirtschaftsbeigeordnete Sandra Stieger sieht im Shared Space einen Kompromiss zwischen einer klassischen Aufteilung des Straßenraums in Fahrbahn, Radweg und Fußweg wie bisher auf der einen und einer Fußgängerzone auf der anderen Seite.

Sorge um die Kosten

Doch die Kritiker behielten die Oberhand. Unter den Gegnern ist auch Sandra Stiegers Parteifreund und CDU-Stadtrat Reinhard Stern. Er wies darauf hin, dass ein Shared Space etliche Probleme mit sich bringe. Unter anderem nannte er die Belange von Blinden und Sehbehinderten, denen ohne Schilder und Markierungen die Orientierung fehlt. CDU-Stadtrat Michael Hoffmann sieht hier auch den vordringlicheren Handlungsbedarf: „Eine echte Barrierefreiheit auf den Magistralen würde viel mehr in Richtung Gleichberechtigung im Verkehr bringen.“

Zudem - so Reinhard Stern -sei völlig unklar, wie eine Umgestaltung der bestehenden Straße in einen Shared Space finanziert werden soll.

Gegen die Idee sprach sich auch AfD-Stadtrat Ronny Kumpf aus, der sagte, dass es wieder nur darum gehe, die Rechte von Autofahrern zu beschneiden. Aus seiner Sicht gibt die Berliner Friedrichstraße ein Negativbeispiel ab.

Negativbeispiele auch in Magdeburg

Und auch SPD-Stadtrat Falko Grube erneuerte seine Kritik. In einer vorangegangenen Diskussion hatte er bereits darauf hingewiesen, dass es in Magdeburg bereits gemischte Verkehrsflächen gibt. Er nannte den Nordabschnitt des Breiten Weges und die Elbuferpromenade. Und er sagte: „Da funktioniert es doch auch nicht sonderlich gut.“

Doch gerade im Nordabschnitt sieht die Fraktion FDP/Tierschutzpartei eine Chance. Burkhard Moll stellte den Änderungsantrag seiner Fraktion vor. Demnach solle der Nordabschnitt des Breiten Weges als Shared Space ausgewiesen werden – sozusagen als preisgünstige Testvariante anstelle des Südabschnitts.

Nordabschnitt keine Option

Aber weder bei der Verwaltung noch bei den anderen Stadträten mochte sich für die Idee Begeisterung breitmachen.

Der inzwischen in den Ruhestand verabschiedete Baubeigeordnete Dieter Scheidemann beispielsweise wies darauf hin, dass im Nordabschnitt die Rolle der Straßenbahn in einem gemeinsamen Verkehrsraum neu definiert werden müsste. Es stellt sich die Frage, ob dann Straßenbahnfahrer sich wie die anderen Verkehrsteilnehmer auch per Handzeichen und Blickkontakt mit den anderen darüber verständigen sollen, ob die Strecke frei ist.

Und Stadtplanungsamts-Chef Matthias Lerm sagte: „Bei einem Shared Space müsste man sich auch darüber klar werden, dass wir dann den Autoverkehr mit in den Nordabschnitt reinholen.“ Für René Hempel (Linke) ein Ding der Unmöglichkeit. Er sagte: „Ich mag mir gar nicht vorstellen, wie da noch Autos durchpassen sollen. Bei den Treppen und Gittern und Bepflanzungen ist dafür doch gar kein Platz.“ Und das frisch angelegte Grün zum Beispiel auf den Gleisen wieder zu entfernen, ist für ihn keine Option.

Radverkehr verlagern

Mirko Stage (Future) und Falko Grube setzten sich in der Diskussion stattdessen dafür ein, den Radverkehr zu stärken. Entsprechend auch der Intention der CDU müsse für den Durchgangsverkehr die Strecke über Otto-von-Guericke-Straße und Erzbergerstraße attraktiver gestaltet werden, so dass der Breite Weg nicht mehr für den Durchgangsverkehr von Radfahrern genutzt wird. Diese Idee wurde in einen Änderungsantrag gegossen, über den der Stadtrat zu entscheiden hat.

Per Änderungsantrag setzt sich der Bauausschuss aber auch dafür ein, dass von der Ernst-Reuter-Allee Fahrspuren weggenommen werden, um städtischen Raum für Fußgänger und Radfahrer zurückzugewinnen. Diese Idee war von Händlern an die Stadträte herangetragen worden.

Unter anderem ist der Marktplatz in Schönebeck als Shared Space ausgewiesen.