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Richterin sieht eine nicht erlaubte Inkassotätigkeit / Anwältin der Firma geht in Berufung Autofahrer gewinnt vor dem Amtsgericht Klage gegen privateAbschleppfirma

Von Matthias Fricke 11.02.2012, 05:26

Möglicherweise gibt es Hoffnung für alle "Abschleppopfer" der Firma E.A.S.T. Nach einem aktuellen Amtsgerichtsurteil handelte die Firma rechtswidrig, da sie keine Inkassoerlaubnis vorweisen konnte. Diese ist aber für die Abschlepppraxis auf Privatflächen nötig.

Magdeburg l Heinz Wisniewski parkte gestern vor einem Jahr auf dem Gästeparkplatz in der Bertolt-Brecht-Straße, weil er seinem Schwager zum Geburtstag gratulieren wollte. Dafür ist schließlich auch der Gästeparkplatz da, dachte er sich.

Allerdings vergaß er, seine Parkscheibe einzustellen und bekam prompt die Quittung für seine kleine Nachlässigkeit. Das Auto war nach etwa einer Stunde abgeschleppt. Er durfte den Wagen in der Großen Diesdorfer Straße bei der Abschleppfirma E.A.S.T abholen. "Ich hatte kein Geld dabei, da musste ich mir von meiner Bekannten noch Geld borgen. Den Mann am Schalter interessierten nicht die geringsten Argumente. Er wollte nur das Geld, 165 Euro." Im öffentlichen Verkehrsraum wären höchstens zehn Euro Verwarngeld fällig gewesen.

Verhältnismäßigkeit muss geprüft werden

Unter Protest zahlte der Autofahrer und übergab den Fall Rechtsanwalt Ronni Krug, der die Praxis der "kreisenden Abschlepper" seit Jahren beobachtet.

Die immer wieder vom ADAC wegen der Gefahr einer Unverhältnismäßigkeit kritisierte Geschäftspraxis: Die private Abschleppfirma schnürt "Rund-um-Sorglos-Pakete" für Grundstückseigentümer. Sie übernehmen Abschleppen, Kassieren und eventuelle Prozesse. Der Eigentümer hat dafür keine Sorgen mehr mit Falschparkern. Das Prinzip ist weitestgehend nach einem Urteil des Bundesgerichtshofs aus dem Jahr 2009 auch auf Supermarktparkplätzen zulässig, dennoch muss im Einzelfall die Verhältnismäßigkeit immer überprüft werden.

"Genau dies wollten wir im aktuellen Fall auch prüfen, wobei uns auffiel, dass die Abschleppfirma selbst die Kosten eingezogen hat und nicht wie bisher eine Inkassofirma", erklärt Rechtsanwalt Ronni Krug.

Das Landgericht hatte bereits in einem Urteil (36 O 176/05/02) im Jahr 2005 einem anderen Abschleppunternehmen (dies stellte nach dem Urteil den Betrieb ein) genau aus diesem Grund die Praxis untersagt: Nach Ansicht der Richter stellte die "Dienstleistung" eine erlaubnispflichtige Inkassotätigkeit nach dem damaligen Rechtsberatungsgesetz dar.

Auch im aktuellen Urteil sieht die Richterin wegen der fehlenden Inkassoerlaubnis einen Verstoß gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz.

Bei der Eintreibung von Abschleppkosten handele es sich um eine Inkassodienstleistung, welche erlaubnispflichtig ist. Diese sei aber nicht erteilt worden.

In der Urteilsbegründung heißt es weiter: "Eine Inkassodienstleistung liegt daher auch vor, wenn ein Abschleppunternehmer die Herausgabe eines im Auftrag eines Grundstückseigentümers abgeschleppten Fahrzeugs von der Bezahlung der Abschleppkosten abhängig macht, weil darin ein Inkasso einer Forderung des Grundstückseigentümers liegt." Das Urteil stützt sich auf eine Entscheidung des Oberlandesgerichtes Naumburg im Jahr 2006. Und eben dafür bedürfe es einer Erlaubnis, die die Firma nicht nachweisen konnte.

Richterin: Urteil hat grundsätzliche Bedeutung

Außerdem fügte die Richterin in ihrer Urteilsbegründung zu: "Auch nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofes ist es mitnichten so, dass in jedem Fall das Abschleppen eines Kfz von einem privaten Parkplatz rechtmäßig ist. Es bedarf einer rechtlichen Prüfung im Sinne des Rechtsdienstleistungsgesetzes."

Die Prüfung solcher Ansprüche gehöre nicht zum Tätigkeitsfeld von Abschleppunternehmen, so die Richterin weiter.

Sie ließ die Möglichkeit der Berufung zu, da das Urteil eine "grundsätzliche Bedeutung" habe.

Die Anwältin der Firma E.A.S.T war für die Volksstimme in dieser Woche nicht zu erreichen, jedoch erklärte das Büro auf Nachfrage, dass man in Berufung gehen werde, weil die Abschlepppraxis nach ihrem Standpunkt gar keine Inkassotätigkeit sei. Es gebe auch dazu schon einschlägige Urteile.

Rechtsanwalt Ronni Krug: "Wir gehen davon aus, dass das Landgericht das aktuelle Urteil des Amtsgerichtes bestätigen wird. Schließlich hat es Entsprechendes bereits zu einem früheren Zeitpunkt getan. Deshalb war ja auch immer ein Inkassobüro vorgeschaltet. Warum das jetzt nicht mehr so ist, ist mir auch völlig unverständlich."

Eine Bestätigung des Urteils durch das Landgericht würde nach Angaben Krugs bedeuten, dass sämtliche abgeschleppten Autofahrer der Firma von Privatparkplätzen das Geld zurückfordern können, wenn das Abschleppunternehmen und nicht die Inkassofirma im Rechnungskopf steht.

Die Verjährungsfrist betrage drei Jahre, so Rechtsanwalt Krug.