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Barleber See Sind die Fische schuld an den Blaualgen?

Der Barleber See in Magdeburg ist umgekippt. Doch welche Rolle spielen die Fische? Ein Interview mit Mitgliedern des Anglervereins.

Von Franziska Ellrich 17.04.2018, 01:01

Magdeburg l Die Wasserqualität des Barleber Sees I hat sich seit Sommer 2016 sprunghaft verschlechtert. Das bestätigen auch die Untersuchungen vom Landesbetrieb für Hochwasserschutz (LHW) und des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung (UFZ). Schuld an den folgenreichen Blaualgenplagen ist der außergewöhnlich hohe Phosphorgehalt, dessen Herkunft bis jetzt unklar ist. Für Schäden an den Pflanzen werden zudem die Fische verantwortlich gemacht. Darüber sprach die Volksstimme mit Harald Rohr und Edgar Appenrodt, Doktor der Zoologie, vom Magdeburger Anglerverein.

Volksstimme: Attraktives Badegewässer oder fischreicher Angelsee? Diese Frage wird im LHW-Gutachten gestellt. Es heißt, man müsse sich auf ein Nutzungsziel festlegen. Schließen sich denn Baden und Angeln aus?

Edgar Appenrodt: Nein, ein gutes Badegewässer mit interessantem Fischbestand stellt für uns Angler und Naturschützer keinen Widerspruch dar. Deswegen lehnen wir diese Polarisierung ab, sie dient letztlich niemandem. Der Barleber See I ist schon seit Jahren kein fischreicher Angelsee mehr, er soll und kann es aus Sicht des bewirtschaftenden Magdeburger Anglervereins auch nicht werden. Im Gegenteil, wir sind daran interessiert, die Artenvielfalt in diesem See möglichst zu erhalten und noch zu verbessern.

In den Untersuchungen des LHW werden Fischarten wie große Karpfen und Brassen genannt, die für den Rückgang der höheren Wasserpflanzen und damit an der schlechten Wasserqualität verantwortlich sein sollen. Durch die Wühltätigkeit dieser Fische bei der Nahrungsaufnahme aus dem Sediment würde unter Umständen Phosphor ins Freiwasser befördert. Ist das der Fall? Wenn ja, was könnte man dagegen tun?

Harald Rohr: Dass stark wühlende Fischarten negativ auf die Stabilisierung der Sedimentverhältnisse in einem Gewässer einwirken können, ist uns bekannt. Dies jedoch ohne Belege als Ursache für die Probleme im Barleber See verantwortlich zu machen, ist abzulehnen. In dem Gutachten des UFZ kommt man übrigens nicht zu solch einem kausalen Zusammenhang. Um so etwas wissenschaftlich zu belegen, würde man ein fischereiwirtschaftliches Gutachten mit langjähriger Bestandserhebung benötigen. Uns sind jedoch keinerlei derartige Untersuchungen bekannt. Ist das vielleicht nur eine subjektive Einschätzung des Autors, der vielleicht einige Karpfen oder Brassen nahe am Ufer schwimmen sah?

Also die Fische spielen Ihrer Meinung nach nicht die entscheidende Rolle in Sachen Blaualgenplage und verschlechterter Wasserqualität?

Edgar Appenrodt: Nein, allerdings ist etwas anderes wissenschaftlich sehr gut belegt. Bei einer erhöhten Nährstoffkonzentration im Gewässer entwickeln sich explosionsartig Mikroalgen. Diese schränken zum einen die für die Wasserpflanzen am Bodengrund nötige Lichtmenge durch Wassertrübung stark ein und zum anderen werden diese von Algen überwuchert. Beides führt zu einem rapiden Verlust der Bodenvegetation, dazu bedarf es keines einzigen Fisches.

Wie sind denn Ihre Erfahrungen mit anderen Magdeburger Seen?

Edgar Appenrodt: Wir beobachten die Wasserqualität in unseren Angelgewässern sehr genau. Da ist zum Beispiel der Neustädter See, dieser ist nahezu flächendeckend stark mit Wasserpflanzen bewachsen, obwohl er nachweislich einen viel höheren Fischbestand als der Barleber See aufweist. Angeln und Baden sind hier sehr gut möglich, selbst im FKK-Bereich wurde noch nie jemand von einem Fisch belästigt.

Setzen Sie denn als Verein Fische im Barleber See I ein?

Harald Rohr: Uns ist seit Jahren bekannt, dass der Bodengrund im Tiefenwasser des Sees für die Fische, auch im Zusammenhang mit der teilweise lebensfeindlich abgesunkenen Sauerstoffkonzentration, als Lebensraum nur noch eingeschränkt zur Verfügung steht. Aufgrund des Themas Wasserqualität wurden Besatzmaßnahmen in der Vergangenheit nur sehr reduziert vorgenommen. Für das Jahr 2018 und gegebenenfalls darüber hinaus werden sie erst einmal ganz ausgesetzt.

Im Gutachten des UFZ wird bereits eine langfristige Besatzstrategie thematisiert. Eine Option wäre nach der Wiederherstellung einer guten Wasserqualität den Fischbestand zu ermitteln, eventuell „unerwünschte Fischarten“ wie Blei oder Karpfen zu entnehmen und Raubfische wie Hecht und Zander in den See einzusetzen. Was sagen Sie dazu?

Edgar Appenrodt: Wenn belastbare Untersuchungsergebnisse, so wie in diesem Gutachten gefordert, vorliegen, sind wir als Anglerverein natürlich gern bereit, durch entsprechende Maßnahmen die Wasserqualität mit zu verbessern beziehungsweise an deren Erhaltung mitzuwirken.