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Vermieter pocht auf freien Fluchtweg / Feuerwehr empfiehlt "Panikverschluss" Bewohner in Angst: Vermieter verbietet das Abschließen der Hauseingangstüren

Von Matthias Fricke 12.10.2011, 06:21

Auf der einen Seite ist die Zahl der Kellereinbrüche in diesem Jahr um 34 Prozent in Magdeburg gestiegen. Andererseits schreiben Vermieter immer häufiger vor, Hausgemeinschaftstüren nicht mehr zu verschließen. Die Polizei spricht von einem Dilemma.

Magdeburg l Wenn Uwe Hartmann abends seine letzte Runde im Wohnviertel Warschauer Straße dreht, schließt er gerne nach sich die Tür ab. Jeder im Haus hat freilich einen Schlüssel zur Hauseingangstür und so ist es sicherer. Doch seit Juli dieses Jahres gibt es für die Magdeburger Wohnungsbaugenossenschaft von 1893 eG eine neue Hausordnung. In der heißt es nun: "Die Haustür muss geschlossen, die Keller- und Hoftür stetig verschlossen gehalten werden."

Uwe Hartmann telefonierte mit seinem Vermietungsbüro und erhielt die Bestätigung: Haustüren dürfen nicht mehr abgeschlossen werden! "Vor allem die älteren Bewohner unseres Hauses finden das nicht in Ordnung. Schließlich ist das ein Sicherheitsrisiko", argumentiert er. Die Fakten stehen auch auf seiner Seite: Bis zum gestrigen Tag registrierte die Magdeburger Polizei 1143 Kellereinbrüche. Im vergleichbaren Zeitraum des Vorjahres waren es 850 Einbrüche. Ein Anstieg um 34,5 Prozent.

Sandra Wartmann, Vorstand der Wohnungsbaugenossenschaft von 1893 (mehr als 4000 Wohnungen im Bestand) argumentiert ebenfalls mit einem Sicherheitsaspekt, allerdings einem anderen. "Das hat etwas mit dem Rettungsweg zu tun. Wenn es brennt und Panik aufkommt, denkt niemand an den Haustürschlüssel. Da wir inzwischen überall Knäufe an unseren Hauseingangstüren haben, muss nachts auch nicht mehr abgeschlossen werden. Das Abschließen der Tür ist nach unserer Meinung auch eine viel größere Gefahr." Wichtig sei es, dass die Mieter vor allem die Kellertüren verschlossen halten. "Wir haben übrigens auch schon mit der Versicherung gesprochen, so dass es da auch keine Probleme gibt", erklärte sie. Die Volksstimme fragte beim Sprecher der Öffentlichen Versicherungen (ÖSA) Wolfgang Kirkam nach. Er sagte: "Vom Versicherer gibt es keine zwingende Forderung, die Haustür eines Mehrfamilienhauses verschlossen zu halten. Anders verhält es sich mit der Wohnungstür. Sie ist beim Verlassen der Wohnung abzuschließen. Gleiches trifft zu auf Kellerräume der Mieter (mit Blick auf eine Hausratversicherung) oder Fahrradkeller in einem Mehrfamilienhaus." Anders stelle sich die Situation sicher dann dar, wenn es in einem Mehrfamilienhaus vermehrt zu Wohnungseinbrüchen komme. Denkbar sei, dass der Versicherer sich dann auch an den Vermieter wendet, um geeignete Vorsorgemaßnahmen zu besprechen.

Erster Hauptkommissar Roland Neumann von der Kripoberatungsstelle sieht ein Dilemma: "Wir haben immer die Bewohner aufgefordert, die Türen zu verschließen. Allerdings hat das Argument des freien Fluchtweges einen höheren Stellenwert. Ich sehe da dennoch einen ernsten Interessenskonflikt."

Feuerwehrchef Helge Langenhan: "Wir können nicht verlangen, dass Mieter ihre Haustüren nicht abschließen. Das müssen die Eigentümer selbst entscheiden. Wir empfehlen aber Panikverschlüsse." Diese können trotz verschlossener einbruchssicherer Tür von innen geöffnet werden. Diese sind aber im Vergleich zum einfachen Türknauf teurer. Oft bleibt es deshalb nur beim einfachen Knauf.