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Biederitzer Busch Willkommen in Magdeburgs "grüner Hölle"

Nicht einmal sechs Kilometer von der City entfernt liegt Magdeburgs Urwald. Teile des Biederitzer Busches stehen unter besonderen Schutz.

Von Jana Heute 30.08.2018, 01:01

Magdeburg l Er nennt sie „grüne Hölle“. Wo sonst gebe es noch Wälder, in die man grad mal zehn Meter weit hineinblicken kann, meint Revierförster Christian Block. Recht hat er. Es geht eng zu in Magdeburgs Urwald, dem südöstlichen Teil des Biederitzer Buschs.

Seit knapp zehn Jahren stehen der Auenwald und alte Weideflächen unter besonderem Schutz. Eigentümer der 125 Hektar großen Fläche ist die DBU Naturerbe GmbH, eine Tochter der Deutschen Bundesstiftung Umwelt, die charakteristische Landschaften bewahren und noch stärker zu ihrem Ursprung zurückführen will. In Magdeburg ist es der typische Auenwald mit seinen Feuchtwiesen.

„Hier wird ganz bewusst nicht aufgeräumt“, erklärt der von der DBU beauftragte Revierförster. Ausnahmen waren Hybridpappeln, die man herausgenommen hat, weil sie nicht zum Wald dazugehörten. Oder ein paar Wasserlöcher, die im alten Grünland zusätzlich angelegt wurden. Hier finden sich auch noch ein paar Bombentrichter aus dem Zweiten Weltkrieg.

Im Moment liegen die Löcher trocken, weil es so gut wie keinen Regen gab. „Aber das füllt sich wieder“, ist sich Christian Block sicher. Dann werden sich hier auch wieder seltene Amphibien tummeln.

Totes Holz ist der große Reichtum des Waldes. „Im Totholz ist mehr Leben drin als in einem gesunden Baum“, sagt der 34-Jährige. Abgestorbene Bäume strecken wie bizarre Gestalten ihre kahlen Äste in die Höhe. Abgeknickte Bäume und Büsche bilden ein nur noch schwer zu durchdringendes Dickicht. Es knackt und knarkst bei jedem Schritt.

Alte Rinde, vertrocknete Äste, Disteln, Wildkräuter und Moos bilden abwechselnd einen dicken Teppich. Mittendrin liegen alte Eichenstämme – ideale Brutstätte für seltene Käfer wie Heldbock und Eremit. Für die Vögel, Amphibien, Käfer und Wildtiere ist die „grüne Hölle“ ein Paradies. Hier fühlen sich seltene Arten wie Rotbauchunke, Moorfrosch oder Eisvogel wohl.

Es gibt nur wenige Wege, die freigeschnitten werden, damit Förster und Feuerwehr durchkommen. Willkommen im Urwald sind aber auch Spaziergänger oder Radfahrer. Sie sollen die besondere Landschaft entdecken können, sagt Christian Block. Allerdings gilt hier das Prinzip: Betreten auf eigene Gefahr.

Das erschließt sich beim Spaziergang durch den Auenwald. Die Natur erobert sich ihr Gebiet Stück für Stück zurück. Das im Übrigen ziemlich unbeeindruckt von den Wetterextremen der letzten Jahre. Die große Trockenheit in diesem Sommer etwa konnte dem Auenwald nicht viel anhaben.

Der mit Lehm durchsetzte Waldboden kann Wasser besser speichern als trockene Sandböden. Stieleichen, Eschen und Ahornbäume stehen noch immer in sattem Grün, während viele Straßenbäume in Magdeburg schon seit Wochen unter Trockenstress leiden und braun wurden.

Auch die Stürme im Vorjahr hat der Naturwald besser weggesteckt, als z. B. bewirtschaftete Wälder es konnten. „Wir haben hier sehr viel Hartholz. Ein paar von den Pappeln, die noch übrig waren, sind umgefallen. Das ist eben neues wertvolles Totholz“, erläutert Christian Block.

Eine Sorge treibt den jungen Revierförster jedoch um: Der eingeschleppte Asiatische Laubholzbockkäfer (ALB) bedroht auch den wertvollen Auenwald. Mitte August 2018 wurde nur ein paar Hundert Meter entfernt im Wiesenpark ein Exemplar des gefräßigen Käfers aus Fernost entdeckt. Die Behörden gaben erneut Alarm.

Nach dem Wirtsbaum wird noch immer gesucht. Ist er gefunden, müssen Laubbäume im Radius von 100 Metern gefällt werden. Bisher sei im geschützten Teil des Biederitzer Buschs noch kein ALB-Käfer entdeckt worden. So waren auch keine Fällungen nötig, wenngleich rund ein Viertel des Schutzgebietes unter Kontrolle steht. „Ein Käferfund wäre eine ziemliche Katastrophe“, räumt der Revierförster ein.

In diesem Fall käme selbst Magdeburgs Urwald nicht um einen Kahlschlag mit der Kettensäge herum.