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40 Jahre Neu-Olvenstedt DDR-Vergangenheit: Die Magdeburger Wohnung von der Stange

Die Vorgänger der WBS 70 waren die Wohnungstypen P 1 und P 2, PQ war der vielfach gebaute Baustil in der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik (DDR).

Von Marco Papritz Aktualisiert: 26.4.2021, 11:13

Magdeburg.  Die von der Regierung geforderte Kostensenkung beim Bau der Wohnungen im Montagebaustil konnte mit den bisherigen Wohnungsbautypen nicht erreicht werden, wie Wolfgang Redlich verweist. „Die Baukosten sind einfach zu hoch gewesen“, so der ehemalige Produktionsdirektor des VEB Wohnungsbaukombinats (WBK) Magdeburg. Gemeint sind die Wohnkomplexe Fermersleber Weg, Nord, Neustädter Feld und Reform sowie viele Einzelstandorte. Die 5. Baukonferenz des Ministerrates der DDR hatte beschlossen, dass ein neuer Plattentyp entwickelt werden musste. Ab 1970 wurde der sogenannte Einheitsplattentyp errichtet – die WBS 70. Das heißt, dass republikweit alle Wohnngsbaukombinate den gleichen Wohnungstyp bauten. „Bekannte Architekten entwickelten bereits 1969 eine Studie für die effektivere und rationellere Massenfertigung von Bauelementen – sie riefen die WBS 70 ins Leben“, so der Bauingenieur.

Wohntyp unter Denkmalschutz

Im Vergleich zum Typ P 2 waren viele Veränderungen notwendig, um die angewiesene Kostensenkung hinzubekommen. Dazu musste allerdings die Forderung nach größerem Wohnraum mit angegliederter, innenliegender Küche zugunsten von zwei getrennten Räumen für das Wohnen und einer Küche mit Essplatz aufgegeben werden, so Wolfgang Redlich. Dies wurde mit einer Veränderung des gesamten Wohnblocks erreicht: Die Treppenhäuser gingen zurück in die Fassade, das innenliegende Bad blieb, um es einfach auszudrücken. Wolfgang Redlich: „Damit wurde die typische Drei-Raum-Wohnung der WBS 70 kleiner als beim Typ P 2.“

Die Räume erhielten die Vorgaben einer klaren Größenstaffelung. In Neubrandenburg wurde 1973 der erste Block mit der neuen Wohnungsbauserie fertiggestellt. Er steht seit 1983 unter Baudenkmalschutz – als erster seiner Klasse, wie der Experte verweist.

Kunst ist Teil der Wohnhäuser

Die WBS 70 in Einheitsbauweise war keineswegs ein starrer Wohnungstyp – er war flexibel wandelbar und rechtfertigte seine Titulierung als Chamäleon. Die Wohnungsbaukombinate entwickelten intensiv mehrere Varianten des Plattenbautyps, so Wolfgang Redlich. Die ursprüngliche Einheitsplatte wurde kreativ bearbeitet. Die Magdeburger Projektanten vom WBK entwickelten „zielstrebig in Zusammenarbeit mit dem Vorfertigungswerk Sonderelemente, konisch für Abwicklungen, Lückenschließungen, Erkereinbau, Balkone, Loggia und Wintergärtenformen“, nennt er Beispiele. Viele Fenster und Fassadengestaltungen mit Elementen der sogenannten Kunst am Bau (Kunstelemente wurden in die Bauten integriert) wurden entwickelt, „aber zu wenig eingebaut, obwohl Maisonetten, Mansarden und Atelierwohnungen errichtet wurden, bei denen die Möglichkeit eigentlich bestand“.

Die Serie wurde immer weiter entwickelt und rationalisiert. Denn: Sie musste preiswerter werden. Wolfgang Redlich: „Die Materialverwendung für die Verbesserung der Qualität und Quantität spielte eine große Rolle bei dem hohen Tempo der Wohnungsübergaben, das zum einen gefordert und zum anderen dank des Einsatzes aller beteiligter Auftragnehmer auch gewährleistet werden konnte.“ Jeder dritte Bürger der DDR wurde Bewohner einer Plattenbauwohnung, wie ein Blick in die Statistik zeigt.

Das Bad wird komplett als eine Zelle hergestellt

Die Kostenminimierung war eine große Aufgabe des Plattenwerkes – generell in allen Wohnungsbaukombinaten. Damit ergab sich ein einheitliches Prinzip für die Wohnungsgrundrisse. „Die Bäder blieben innenliegend, die Sanitärzellen wurden in Gipsbauweise und inklusive der Rohrbündel und der Sanitäreinrichtungen hergestellt“, sagt Wolfgang Redlich, der stets betont, „dass wir in Vollmontage mit Kellergeschoss und fundamentiert mit Plattenstreifengründungen gebaut haben“. Das heißt, dass nach dem Baugrubenaushub sofort die Rohr-, Leitungs- und Blitzschutzverlegung in die Plattenstreifengründung erfolgte. Damit wurde die Tragfähigkeit für die Montagefläche der Bauelemente erreicht. „Arbeiten in einem Guss“, so Redlich.

Die Außenwand der Wohnblöcke war dreischichtig und zudem die Tragschicht. Sie sicherte die Längsaussteifung, die sich aus jedem Außenwandelement ergibt, die das Haus tragen. „Die Elemente haben den Schall- und Brandschutz gewährleistet“, so Wolfgang Redlich. Die tragenden Wände mit sechs Metern Länge und einem Gewicht von 6,3 Tonnen haben es ermöglicht, dass für die Trennwände leichte tragende Wände eingebaut wurden und diese variabel verändert werden konnten. Und: Es wurden neue Wohnraumfunktionen ermöglicht. Will der Mieter eine größere Schlaf- oder Wohnfläche haben? Dies konnte je nach Bedarf angepasst werden. Solche Veränderungen hatten keinerlei Auswirkungen auf die Tragfähigkeit des Wohnhauses. „Nach 20 Jahren war das Projekt ,WBS 70’ ausgereift und damit zu Ende“, sagt Wolfgang Redlich.

Erinnerungen gesucht

Welche Erinnerungen haben Sie an die Entstehung des Wohngebietes im Westen der Stadt? Zählten Sie zu den ersten Bewohnern, die das Wohngebiet mit Leben füllten? Oder waren Sie am Aufbau von Neu-Olvenstedt beteiligt?

Schreiben Sie unter Stichwort „Neu-Olvenstedt“ Ihre persönliche Geschichte oder Erinnerung an Ihre ganz persönliche Zeit in Neu-Olvenstedt an Volksstimme Lokalredaktion, Bahnhofstraße 17, 39104 Magdeburg. Sie können sich auch telefonisch unter 0391/599 95 50 oder per E-Mail an marco.papritz@volksstimme.de mit Ihrem Namen und Ihrer Telefonnummer melden, um Anekdoten zu teilen.