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Wohnungsbau Disput um Hausbau kontra Baumerhalt in Magdeburg

Der Traum vom Eigenheim prallt oft auf den Traum von der grünen Oase in der Stadt. Für den Stadtrat Magdeburg ist ein Beispiel aus der Ackerstraße Thema.

Von Martin Rieß 10.08.2021, 18:00
Eine Freifläche zwischen der Ackerstraße und der Straße Am Fuchsberg in Magdeburg soll bebaut werden.
Eine Freifläche zwischen der Ackerstraße und der Straße Am Fuchsberg in Magdeburg soll bebaut werden. Foto: Martin Rieß

Magdeburg - Flächen, um die sich der Mensch nicht kümmert, werden zur Wildnis. Das passiert allerorten – auch mitten in der Stadt. Nach dem Bewuchs durch Sträucher folgen Bäume – und lassen plötzlich ungenutzte Grundstücke attraktiv erscheinen, die zuvor kaum beachtet wurden: Als grüne Inseln für Tier- und Pflanzenarten, die sonst oft in der Stadt keinen Raum finden, aber auch für Nachbarn, die das Grün als Lärm- und Staubfänger in der Umgebung und dessen kühlende Wirkung an heißen Sommertagen schätzen.

Eine solche Fläche gibt es zwischen Wohnhäusern und Gewerbe an der Ackerstraße. Neben alten Eichen wachsen hier Ahornbäume und weitere Bäume in die Höhe, die laut einer Bestandsliste an Bäumen zu diesem Bereich zum Teil erhebliche Schäden aufweisen.

Vorgaben zu Neupflanzungen

Nun liegen Pläne vor, das Gelände mit zwei Zeilen von Reihenhäusern zu bebauen. Im Juli hat der Stadtrat eine neuerliche Auslegung der Pläne und eine Zwischenabwägung zu den Hinweisen aus der Bürgerschaft und von den sogenannten Trägern öffentlicher Belange beschlossen.

Dabei machten es sich die Stadträte durchaus nicht einfach bei der Frage um innerstädtisches Grün oder Schaffung von Wohnraum. Unter anderem befürwortete der Rat vor diesem Hintergrund den Vorstoß aus dem Umweltausschuss, dass zusätzlich sechs großkronige Bäume gepflanzt werden.

Schäden am Bestand

Vorangegangen war in dem Ausschuss eine umfangreiche Diskussion. Zwar hatte auch Elke Schäferhenrich, Leiterin des Bereichs verbindliche Bauleitplanung im Stadtplanungsamt, darauf hingewiesen, dass viele der Bäume schon vorgeschädigt seien.

Doch das mochte nicht alle überzeugen. Burkhard Moll von der Tierschutzpartei hatte beispielsweise angemerkt: „Wenn von 35 Bäumen nur acht stehen bleiben sollen, dann kann ich doch kaum glauben, dass alle anderen geschädigt sein sollen.“ Dabei gehen hier offenbar Amt und Investor auf der einen und Stadtrat Moll und mehrere Bürger auf der anderen Seite von unterschiedlichen Voraussetzungen aus – so, wie das auch an anderen Bereichen der Stadt der Fall ist, wenn die Entscheidung Grünes Paradies oder Traum vom Wohnen auf der Tagesordnung steht: Für Experten sind beispielsweise Bäume, deren Stamm sich im unteren Bereich teilt – sogenannte Zwiesel – kaum erhaltenswert: Diese sind besonders anfällig für Sturm und auch für Pilzkrankheiten, die an der Stelle zwischen den beiden Stämmen eindringen können.

Grün trotz Schäden

Nur: Solange noch kein Sturm durch die Straße geweht ist – und womöglich den Baum auf parkende Autos oder gar auf Menschen stürzen lassen – und solange der Pilz als Baumzerstörer noch nicht zugeschlagen hat, ist auch ein Zwiesel ein gesund grünender Baum, der den Staub schluckt, Schatten spendet und für Abkühlung sorgen kann. Folglich hatte auch Grünen-Stadträtin Kathrin Natho zu Protokoll gegeben: „So kann man dem nicht zustimmen.“

Dass der Kompromiss von sechs zusätzlichen großkronigen Bäumen, die auf Dauer zu erhalten seien, dabei auch nicht unumstritten ist, bewies das Statement von CDU-Stadtrat Tim Rohne: „Für diese Bäume ist vor den Reihenhäusern doch gar kein Platz.“ Dort sollen schließlich die Zufahrten zu Garagen und privaten Stellplätzen für die Autos der Hausbewohner geschaffen werden.