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Dreharbeiten TV-Serie über Magdeburger Moritzplatz

Drehstart für das Projekt "Magdeburg Moritzplatz", eine TV-Serie, die das Leben im Stadtteil Neue Neustadt thematisiert.

Von Karolin Aertel 20.05.2020, 01:01

Magdeburg l Klein-Rumänien, Problemviertel, Ghetto - Begriffe, mit denen der Magdeburger Stadtteil Neue Neustadt, insbesondere der Bereich um den Moritzplatz, beschrieben wird. Dass es sich um einen Stadtteil handelt, dessen Ruf schlechter ist, als die Realität es widerspiegelt und der voll liebenswürdiger Menschen steckt, deren Lebenswelt sich nicht sonderlich von jener der Otto-Normal-Magdeburger unterscheidet, soll eine TV-Serie zeigen, für die seit 15. Mai 2020 die Kameras laufen. Hervorgegangen aus einem Projekt des Offenen Kanals Magdeburg fiel nun die Klappe für „Magdeburg Moritzplatz“.

Die Vorbereitungen für die Dreharbeiten begannen bereits im November 2019 mit Diskussionsrunden, Themenfindung, Drehbuchschreiben. Etwa 25 Jugendliche mit und ohne Migrationshintergrund beteiligen sich an der Serie, die vier Haupt- und viele Nebendarsteller zählt. Wer nicht vor die Kamera treten möchte, kümmert sich um Licht, Ton oder Technik. Die Leitung des Projektes haben Susann Frömmer und Patrick Jannack inne. Sie blicken auf sehr intensive Monate zurück.

Zweimal wöchentlich trafen sie sich mit den Jugendlichen, um mit ihnen das Drehbuch zu erarbeiten. „Nach der ersten Diskussionsrunde war ich erst mal platt“, erinnert sich Susann Frömmer. Die Jugendlichen erzählten ihre Geschichten von Flucht und Vertreibung, aber auch von Familien- und Liebesdramen, Leistungsdruck, Identitätsfindung und religiösen Ansichten. „Ein Thema, das wir bei den Jugendlichen rauslesen, ist Verlustangst und das daraus resultierende Verhalten - entweder sie klammern oder sie weisen ab“, erklärt Susann Frömmer.

So ist den beiden Projektleitern das Bildungspotenzial, das dieses Projekt hat, deutlicher denn je geworden. „Sie saugen das Projekt auf“, erzählt Patrick Jannack. Es sei genau das, was sie jetzt brauchen und es sei großartig zu sehen, was daraus erwächst. „Die Jugendlichen können über die Rolle reden, sie analysieren, reden aber eigentlich über sich selbst. Wir können sie dazu bringen, zu reflektieren und Problembewältigungsstrategien zu erarbeiten“, ergänzt Susann Frömmer.

So startet die erste von vier Folgen der ersten Staffel in der Wohnung von Jess, gespielt von der 18-jährigen Caya Krakor. Jess ist Musikerin, spielt in einer Punkrockband und arbeitet in einem Fotostudio. Sie wohnt in der Umfassungsstraße, den Moritzplatz so gut wie vor der Tür.

An dieser und vielen weiteren Stellen hat das Projekt große Unterstützung erfahren. So wurde die Wohnung, in der Jess lebt, beispielsweise von der Otto-von-Guericke-Wohnungsgesellschaft gestellt, das Fotostudio, in dem gedreht wird, befindet sich auf der Lübecker Straße und gehört dem Magdeburger Fotografen Thomas Ertmer. Auch aus der Umgebung bekommen sie viel Feedback. Bewohner des Hauses kochen ihnen Tee und bringen Plätzchen mit. Schnell springt auch mal jemand als Komparse ein. „Ich habe hier noch nie etwas Schlechtes erlebt“, stellt Patrick Jannack fest.

Lediglich die Corona-Krise bringt einiges durcheinander. Denn gedreht werden darf natürlich nur unter Einhaltung der Abstands- und Hygienevorschriften. So können neben den beiden Projektleitern maximal drei weitere Akteure zum Dreh kommen. Sehr zur Enttäuschung der Jugendlichen, die „heiß“ auf die Dreharbeiten sind. „Wir drehen jetzt erst mal alle ,kleinen‘ Szenen und hoffen, dass ein normales Arbeiten bald wieder möglich ist“, sagt Patrick Jannack. Insbesondere der Dreh einer Konzertszene bereite ihnen Kopfzerbrechen. Denn, sollte diese „Massenszene“ nicht gedreht werden können, müsste man wohl das gesamte Drehbuch umschreiben.

Wann die erste Folge der Moritzplatz-Serie zu sehen sein wird, hängt letztlich vom Fortgang der Corona-Krise ab. Sicher ist jedoch, dass das Projekt für drei Jahre angelegt und finanziert ist. Nicht zuletzt, weil sie den mit 50.000 Euro dotierten Kultur-Förderpreis „The Power of the Arts“ gewonnen haben und das Projekt von Bund und Land unterstützt wird.