Umstrittene Werbekampagne für die deutsche Meisterschaft im American Football im Magdeburger Stadion Ein Riesenbanner am Blauen Bock stiftet Verwirrung und erntet Kritik
Meterhoch, meterbreit und dem Vernehmen nach rund 18000 Euro teuer prangt ein Banner am Blauen Bock, das hinter den Kulissen die Gemüter heftig erregt. Die öffentliche Aufmerksamkeit vor Ort lässt dagegen zu wünschen übrig. Passanten scheren sich wenig ums Monster-Plakat. Auf Nachfrage wissen sie nichts damit anzufangen.
Altstadt. Dereinst grüßte Wolfgang Böhmer, Ministerpräsident a. D., als "Der Garant" gleichgroß an gleicher Stelle. Ein Wohnungsvermieter legte unlängst zum Verweis für viel Platz in seinen "Hütten" mit einem Gorilla nach. Jetzt wird der Blaue Bock werbesymbolisch vom "German Bowl" gesprengt.
Weil sich das Ganze grau in grau ins morbide Antlitz des Cityschandfleckes einfügt, nimmt auf der Straße kaum jemand Notiz davon. Die Volksstimme traf gestern dutzendweise Passanten, denen das Banner selbst beim minutenlangen Verweilen an der Ampel nicht einen Blick wert war. Nachgefragt konnte niemand etwas mit der Aussage anfangen, was die Frage nach dem Sinn der teuren Marketingkampagne energisch aufwirft.
Zur Erklärung: Am 8. Oktober wird in Magdeburg erstmals der sogenannte "German Bowl", die deutsche Meisterschaft im American Football, ausgetragen. Der Veranstalter, die Magdeburger Stadion- und Sportmarketing GmbH, rechnet mit 15000 Besuchern in der MDCC-Arena und lädt samt Rahmenprogramm ab 15 Uhr (Spielstart ist 18 Uhr) zu einem Spektakel mit "Spiel und Spaß für die gesamte Familie" (O-Ton Pressetext) ein.
Die Magdeburger Fans und Aktiven der Sportart sammeln sich bei den Virgin Guards. Die Footballer unter dem Dach des MSV 90 haben großen Anteil an der Austragung der deutschen Meisterschaften in Magdeburg und freuen sich darauf, zumal das hiesige Stadion solche Höhepunkte gut gebrauchen kann, auf dass es überhaupt massenwirksam bespielt wird.
Gut zwei Monate vor dem Ereignis bewegt sich die Gemütslage von Enrico Müller, Jugendwart bei den Virgin Guards, und vieler anderer Mitstreiter zwischen enttäuscht und stinksauer. "Wir sind in die Vorbereitung nicht einbezogen worden. Unser Rat war nicht gefragt." Das Marketingkonzept erschließe sich den wenigsten aus seinen Reihen, so Müller. "Wir pflegen eine Randsportart und müssen uns fragen: Wie begeistern wir die Magdeburger für dieses Meisterfinale? Ohne die Kreativität der Werbeagentur schmälern zu wollen, aber aus dem Plakat wird kein Mensch schlau. Da verpufft viel Geld nutzlos." Auch die aggressive Plakatsymbolik berstender Häuserwände trifft bei Müller auf Kritik: "Ich habe Bauchschmerzen, wenn ich höre, dass sich mancher an den 11. September oder an Oslo erinnert fühlt. Wir betreiben rege Jugendarbeit und wollen nicht mit falscher Symbolik für unsere Sportart werben. Auf dem Platz mag es ruppig zugehen, aber Football-Spiele sind ein friedliches Ereignis."
Svenja Bergroth, Geschäftsführerin der Magdeburger Stadion- und Sportmarketinggesellschaft, ist mitverantwortlich für die Werbekampagne und verteidigt sie entschieden. "Das Blow-up (Werbefachjargon für Riesenposter - d. Red.) soll in Magdeburg auf sich aufmerksam machen und zur Diskussion anregen. Diesen Zweck hat das Banner bereits jetzt erfüllt", schreibt Bergroth am Dienstag in einer Pressemitteilung. Mit besagten Diskussionen können nur interne gemeint gewesen sein. Auch in den FCM-Reihen gibt es dem Vernehmen nach heftigen Streit zum Thema. Bergroth bestätigte gestern auf Nachfrage "auch kritisches Feedback", stört sich aber wenig daran: "Da steckt wohldurchdachtes Konzept dahinter, mit dem wir die Zielgruppe der Kinogänger auf das Event aufmerksam machen wollen."
Mit Kinowerbung brachten gestern auf Nachfrage in der Tat viele junge Magdeburger das Plakat am Blauen Bock in Verbindung. Mit mehr allerdings auch auf den zweiten und dritten Blick nicht.