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Erinnerungen Schritt für Schritt zur neuen Siedlung

Sozialistisches Prestigeprojekt und Heimat für bis zu 45.000 Bewohner - Erinnerungen an das Leben in Neu-Olvenstedt in Magdeburg.

Von Marco Papritz 06.02.2021, 00:01

Magdeburg l Mit dem Großprojekt auf einer landwirtschaftlichen Fläche zwischen Magdeburg und Olvenstedt (die Gemeinde des Landkreises Wolmirstedt wurde 1979 eingemeindet) sollte der Wohnungsnot in der Stadt begegnet werden. Ende 1981 konnten Familien bereits die ersten Wohnhäuser beziehen, die im Stile des industriellen Wohnungsbaus (auch als „Plattenbau“ verschrien) buchstäblich in die Höhe schossen. Und nicht nur das: Neben den Mehrgeschossern waren auch Kinder- und Freizeiteinrichtungen in der Großsiedlung geplant, um deren Bewohnern kurze Wege zu ermöglichen.

An der Hans-Grade-Straße entstanden mit dem ersten Bauabschnitt des Großprojektes „Neu-Olvenstedt“ zwei Schulen. Wobei die Polytechnische Oberschule 2 (POS) – spätere Werner-Lambert-Schule – 1981 eingeweiht werden konnte und die POS 1 – spätere Walerie-Tschkalow-Schule und heutige Grundschule am Fliederhof – dann ein Jahr später folgte, wie Heidemarie Hoffmann verweist. Sie war von der Anfangszeit bis zum Jahr 2000 im Hort als Erzieherin und ein paar Jahre als Hortleiterin in Olvenstedt tätig. Mit dem steten Zuwachs an Wohnungen und Bewohnern, die unter anderem in den Großbetrieben wie dem Schwermaschinenbau „Ernst Thälmann“ (Sket) arbeiteten und Wohnungen teilweise als Auszeichnung zugewiesen bekamen, reichten die Schulen im Neubaugebiet nicht aus – weitere mussten in die Planungen mit einbezogen werden. Weitere „größere Schüler wurden dann auf andere Einrichtungen verteilt“, so die Volksstimme-Leserin.

Sie habe schöne Erinnerungen an die Anfangszeit. Etwa an einen Arbeitseinsatz zum Säubern der Räumlichkeiten der POS 2, zu denen Lehrer und Erzieher vor dem Dienstantritt per Postkarte eingeladen wurden. Mitzubringen waren ein Metalleimer und ein Tauchsieder, so Heidemarie Hoffmann: „Das warme Wasser war noch nicht eingestellt.“ Die Räume waren auf das Notwendigste mit Schulmöbeln und Unterrichtsmaterialien ausgestattet. „Die Sitzmöbel für das Direktorenzimmer für die POS 1, die sich noch im Rohbau befand, wurden einfach auf dem Acker abgeladen. Eine Unterschrift brauchte der Fahrer wahrscheinlich nicht“, so die 67-Jährige.

Auch für die Hortbetreuung waren die Mittel begrenzt. Es wurden Haushaltswarengeschäfte abgeklappert, um Wäscheleinen aus Seilmaterial zu erstehen, um daraus Springseile zu schneiden, „damit die Kinder etwas zum Spielen hatten. Bälle wurden von zu Hause mitgebracht“. Der Schulhof existierte auch nicht gleich. Es waren lediglich Platten mit einer Breite von circa 80 Mal 80 Zentimeter um das Gebäude verlegt. Heidemarie Hoffmann: „Gummistiefel waren unsere ständigen Begleiter.“

Mit den weiteren Baufortschritten entstanden auch eine Turn- und eine Schwimmhalle, welche die pädagogische Arbeit bereicherten. Die Parkanlage Florapark sei ein hervorragender Ausweichspielplatz und „hinter der Schwimmhalle ein idealer Rodelberg“ zu finden gewesen. Im Wohngebiet gab es erste Spielplätze und kleine Gemeinschaftshäuser für Anwohner etwa zum Feiern. In einem dieser Häuser gleich hinter der POS 2 hätten Olympiasiegerin Annelie Erhard und die Mutter des späteren Handball-Weltmeisters Henning Fritz ein kleines Fitnesstudio für Kinder betrieben. „Das bereicherte unsere Hortarbeit, zumal Fitness für Kinder noch nicht so in aller Munde war“, so Heidemarie Hoffmann. Ihre Berufsjahre in Neu-Olvenstedt bezeichnet sie als „zwanzig aufregende, spannende und lehrreiche Jahre“. Zu den „Anfangserzieherinnen“ besteht heute immer noch Kontakt, wie sie sagt: „Die Älteste ist 85 und bei bester Gesundheit.“