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FahndungspanneZehntausende Täter-Daten im LKA gelöscht

Durch einen Löschfehler sind 42.000 von rund 60.000 erkennungsdienstlichen Daten von Straftätern seit Januar auf einen Schlag weg.

Von Matthias Fricke 27.02.2021, 08:00
HANDOUT - Forschern der Michigan State University ist es gelungen, die Sperre eines Smartphones mit einem auf Fotopapier ausgedruckten Fingerabdruck auszuhebeln (undatiertes Handout). Bei dem Samsung Galaxy S6 handelte es sich um das Handy eines Mordopfers. Da die Leiche bereits stark verwest war, konnten die Fingerabdrücke nicht mehr von dem Opfer genommen werden. Allerdings hatte die Polizei noch Fingerabdrücke des Mannes gespeichert, die bei einer früheren Festnahme abgenommen worden waren. Foto: Michigan State University/dpa ACHTUNG: Nur zur redaktionellen Verwendung im Zusammenhang mit der Berichterstattung und nur mit Nennung: Foto: Michigan State University/dpa ++ +++ dpa-Bildfunk +++
HANDOUT - Forschern der Michigan State University ist es gelungen, die Sperre eines Smartphones mit einem auf Fotopapier ausgedruckten Fingerabdruck auszuhebeln (undatiertes Handout). Bei dem Samsung Galaxy S6 handelte es sich um das Handy eines Mordopfers. Da die Leiche bereits stark verwest war, konnten die Fingerabdrücke nicht mehr von dem Opfer genommen werden. Allerdings hatte die Polizei noch Fingerabdrücke des Mannes gespeichert, die bei einer früheren Festnahme abgenommen worden waren. Foto: Michigan State University/dpa ACHTUNG: Nur zur redaktionellen Verwendung im Zusammenhang mit der Berichterstattung und nur mit Nennung: Foto: Michigan State University/dpa ++ +++ dpa-Bildfunk +++ MSU

Magdeburg l Als Ermittler eines Revieres in Sachsen-Anhalt es im Februar mit einem Raub zu tun haben, sind sie ganz sicher, dass sie den Täter kennen. Sie lassen ihre gesicherten Spuren im Polizeilichen Informationssystem (INPOL) gegenlaufen, doch der Abgleich ergibt auch nach mehrmaligem Versuch keinen Treffer. Erst eine Nachfrage im Landeskriminalamt (LKA) bringt es ans Licht: Die Daten sind gelöscht, obwohl es sich um einen Serientäter handelt. „Skandalös ist, dass man uns nicht informiert hat“, sagt ein Kriminalist, der nicht genannt werden will.
Von rund 60.000 Datensätzen sind 41.875 gelöscht worden. Das bestätigt LKA-Sprecher Michael Klocke der Volksstimme und spricht von einer „Fehlerkette“, die zur Löschung geführt habe. Betroffen sei der erkennungsdienstliche Teil des Informationssystems, in dem unter anderem Fingerabdrücke, Porträtaufnahmen, Tätowierungen und Auffälligkeiten bei Personenbeschreibungen (z.B. Narben) gespeichert sind. Diese Datei-Gruppe ist erst vor kurzem vom Bundeskriminalamt (BKA) an die Länder rückübertragen worden. Nötig wurde dies durch ein kompliziertes System von unterschiedlichen gesetzlichen Löschfristen nach einem Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes, so Klocke.
Im konkreten Fall standen alle Daten zur Lösch-Prüfung an, weil die Fristen überschritten waren. Diese hätten deshalb längst an die jeweils vor Ort ermittelnden Dienststellen weitergeleitet werden müssen, um zu kontrollieren, ob der Täter erneut straffällig wurde, beziehungsweise eine negative Rückfallprognose hat. Ist das der Fall, kann die Löschfrist verlängert werden. Klocke: „Bisher ist unklar, in welchem Umfang eine vorherige Prüfung der zu löschenden Gruppen vorgenommen wurden.“ Dies müsse geklärt werden.
Man arbeite mit Hochdruck an der Lösung des Problems. Der LKA-Sprecher: „Im Bundeskriminalamt, die die Plattform INPOL bereitstellt, existiert eine Datenbanksicherung, aus der die gelöschten Daten voraussichtlich vollständig wiederhergestellt werden könnten.“ Ob und unter welchen datenschutzrechtlichen Voraussetzungen dies erfolgen darf, werde noch geprüft. Der Landesbeauftragte für Datenschutz sei „bereits informiert worden“. Eine Rettung bleibt also vorerst noch offen.
Olaf Sendel von der Deutschen Polizeigewerkschaft, der erst von der Volksstimme von der Panne erfuhr: „Da hat man uns einen Bärendienst erwiesen.“ Schwere Straftaten würden oft durch Spuren-Personen-Treffer aufgeklärt. Dies sei nun nicht mehr möglich. Er fürchtet: „Straftäter haben jetzt eine Freifahrkarte.“