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Wort aus der Kirche Gedanken zum Sonntag: Mit Sanftmut in die Zukunft

Mit ihren persönlichen Gedanken melden sich Christen in Magdeburg am Sonntag zu Wort. Diesmal Bernd Willerding von der Scala-Gemeinde.

26.11.2023, 09:36
Kerzen als Erinnerung an geliebte Menschen.
Kerzen als Erinnerung an geliebte Menschen. Foto: picture alliance / dpa

Es ist ziemlich verrückt geworden in unserer schönen Welt.

Manchen Morgen scheint einem die Sonne ins Gesicht. Die Bäume lassen sie ja jetzt freiwillig durch. Und man denkt: Wie schön! Der Dichter Christian Lehnert schrieb in einem wunderbaren Nachdenken über das Älterwerden: „Wenn wir vor dir die Blätter niederlegen, / ist in den kahlen Zweigen aller Sinn.“ – Dann werden wir durchlässiger für das Licht, das dem Leben Schönheit gibt.

Fast im selben Augenblick spürt man, wie wir Tür an Tür mit der Finsternis leben, mit dem Ungeheuerlichen, die Menschen einander antun. Man fühlt es, möchte Partei ergreifen – und schon ist man drin im Gegeneinander, im Polarisieren, in etwas, das wie Feindschaft anmutet. Viele tragen es auf der Straße aus, in den sozialen Netzwerken.

Luisa Neubauer, die Aktivistin, erzählte in der ZEIT, wie sie unlängst in Yad Vashem das Mahnmal für die Kinder besuchte: „Das ist ganz sanft. Und ich glaube, es ist gerade diese Sanftheit, die so tief geht und es so unerträglich macht, davorzustehen. Ich versuche gerade, mir – neben den klaren Haltungen und klaren Linien – das Sanfte zu bewahren, weil die Verhärtung zerstörerisch ist.“

Reinhard Simon, Pfarrer im  Kirchspiel West in Magdeburg.
Reinhard Simon, Pfarrer im Kirchspiel West in Magdeburg.
Foto: Uli Lücke

„Selig die Sanftmütigen! Ihnen wird die Erde gehören und die Zukunft.“ Wer hat das gesagt? Ein Israeli vor zweitausend Jahren namens Jesus. Verletzlichkeit tut weh. Er war einer, der an die Schmerzstellen ging, der zuhörte ohne Bewertung, der dem Andern seine Würde gab und dabei selbst bis ans Ende ging. Ob nicht doch von den Sanftmütigen ein Licht ausgeht in der Nacht? Man könnte es versuchen!

Dafür braucht es einen langen, weiten Atem, die Bereitschaft, sich mit sich selbst auseinanderzusetzen, auch das Gespräch der Religionen miteinander, bis auf dem Grund ihrer Spiritualität ihre Friedensfähigkeit freiliegt. Dieser Weg wird durch Atem des stillen Gebets gebahnt: „O Herr, mach mich zum Werkzeug deines Friedens, / dass ich Liebe übe, wo man sich hasst, / dass ich verzeihe, wo man sich beleidigt, / dass ich die Wahrheit sage, wo der Irrtum herrscht, / dass ich ein Licht anzünde, wo die Finsternis regiert.“