1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Magdeburg
  6. >
  7. Stadtrat Magdeburg und Investor im Gefecht

Gieselerhalle Stadtrat Magdeburg und Investor im Gefecht

Der Streit um ein Poco-Möbelhaus neben der Magdeburger Gieselerhalle eskaliert.

Von Katja Tessnow 10.10.2020, 01:01

Magdeburg l Am Ende gab es wieder kein Baurecht fürs Poco-Möbelhaus neben dem Magdeburger Sportdenkmal Hermann-Gieseler-Halle. Oberbürgermeister Lutz Trümper bekam es unlängst mit dem erzürnten Investor zu tun, befürchtet rechtliche Folgen und solche für den wachsenden Grundschulneubau nebenan.  

„Er hat gesagt, er werde in Magdeburg keinen Cent mehr investieren.“ Lutz Trümper (SPD) berichtete zum Auftakt der Ratsdebatte am 8. Oktober 2020 zur Schaffung von Baurecht neben der Hermann-Gieseler-Halle von einem höchst unschönen Aufeinandertreffen zwischen Investor und Stadt in seinem Büro und davon, dass Bruno Steinhoff seinen Plan vom Neubau eines Poco-Möbelhauses neben dem Baudenkmal wütend beerdigt habe. „Ich kann ihn verstehen“, sagte Trümper am Tag nach der Ratsdebatte auf Nachfrage. „Die warten schon Jahre vergeblich aufs Baurecht. Ich würde genauso reagieren.“

2016 hatte die Steinhoff-Holding die Gieselerhalle und das Nachbargrundstück von der Stadt gekauft. Erklärte Ziele waren die Umnutzung der Halle zum Handelsplatz und ein Marktneubau. Bereits 2017 regte sich im Stadtrat und bei Bürgern vor Ort Kritik am geplanten Klotz neben dem Hallendenkmal. Seither wird gerungen - um grüne Fassaden und Dachflächen, um die Anbindung, um das Antlitz des Ensembles an sich. Baurecht gibt es bis heute nicht. Zuletzt hatte eine rot-rot-grüne Ratsmehrheit den Entscheid im Juli vertagt – die Eskalation mit dem Investor im OB-Büro schloss sich unmittelbar an.

Trümper warb nun darum, dennoch Baurecht zu beschließen – für bessere Karten vor Gericht, wenn es um die Rückabwicklung des Kaufvertrags fürs Grundstück geht. Zudem habe der Anwalt der Investorenseite offen damit gedroht, per einstweiliger Verfügung einen Baustopp für den benachbarten Schulneubau erwirken zu wollen. Hintergrund: Parallel zum Kauf der Gieselerhalle hatten sich die Investoren auf Bitte der Stadt auf einen Grundstückstausch eingelassen und der Stadt den Baugrund für die entstehende neue Stadtfelder Grundschule überlassen. Im November soll Richtfest gefeiert werden. Die verhinderten Poco-Investoren wollen auch eine Rückabwicklung des Grundstückstauschs notfalls gerichtlich prüfen lassen, was eher nicht zum Abriss des Schulrohbaus führen dürfte, aber möglicherweise zu Zeitverzug und Mehrkosten. Trümper graut es davor.

Im Rat gab sich die rot-rot-grüne Kritikerseite kompromissbereit. Würde zwei Änderungsanträgen aus dem Bauausschuss zugestimmt, zum Beispiel der Festschreibung einer weiteren sportlichen Nutzung der Gieselerhalle, würde man das Möbelhaus schlucken. „Rechtswidrig“, nannte Trümper einen solchen nachträglichen Eingriff in die Investorenpläne. Eine Ratsmehrheit (SPD, Grüne/future!, Linke) winkte den Änderungsantrag dennoch durch. Danach: Tohuwabohu und namentliche Abstimmung. Der so veränderten Bausatzung wollten nun die Befürworter (CDU/FDP, AfD) nicht mehr ihre Stimme geben. Viele Grüne und Linke enthielten sich. Die SPD allein auf weiter Flur pro Satzung mit Gieseler-Sporthallendogma. Am Ende: Ablehnung! Kein Baurecht für die inzwischen ohnehin bauunwilligen Investoren. Die Folgen – für Gieselerhalle und Grundschule – sind völlig offen.