Kunst am Bau Graffiti: Über dem Magdeburger Tunnel wird es bunt
Über dem Magdeburger Tunnel wird es bunt. Graffitikünstlerin Claudia Walde gestaltet derzeit an der Nordseite die Wände der Eisenbahnbrücken.

Magdeburg - Graffitikünstlerin Claudia Walde und ihr Team gestalten in diesen Tagen an der Nordseite die Wände der Eisenbahnbrücken über dem Magdeburger Tunnel. Wie sie arbeitet und was das Konzept hinter ihrem Kunstwerk ist.
Mit Kopfhörern und Atemschutzmaske steht Claudia Walde auf einem kleinen Gerüst. In der Hand hat sie ihr wichtigstes Arbeitsmittel: die Sprühdose. Die 42-jährige Künstlerin ist ganz in ihrem Element. Mal schwungvoll, dann wieder vorsichtiger, mal großflächig bringt sie Farbe an die einst kahlen und grauen Widerlager der Eisenbahnbrücken über dem Tunnel.
Auf der nördlichen Seite der Ebene wird es schon bunt. Seit Mitte Juni 2022 ist die gebürtige Bautzenerin mit drei Teammitgliedern in Magdeburg, um ihre „Kunst am Bau“ zu verwirklichen.
Im Jahr 2021 hatte sich die Künstlerin, die in der Szene unter dem Pseudonym MadC bekannt ist, in einem Gestaltungswettbewerb mit ihrem Entwurf durchgesetzt. Vor allem die Dynamik und die verschiedenen Strukturen ihrer Arbeit hatten die Jury überzeugt.
Inspiriert von den verschiedenen Ebenen
Claudia Walde hatte sich für ihre Arbeit von den drei verschiedenen Ebenen und Geschwindigkeiten des Magdeburger Tunnels inspirieren lassen, wie sie sagt. „Wir haben drei Ebenen mit Verkehr: die Bahn, die Autos, die Straßenbahn, Fußgänger und Fahrradfahrer.“ Das bedeute auch verschiedene Geschwindigkeiten, verschiedene Richtungen. All das wolle sie mit ihrer Arbeit aufgreifen.

Deswegen arbeite sie mit farbigen Schichten, verschiedenen Geschwindigkeiten und Techniken. Mal kommen Malerrolle oder Pinsel zum Einsatz, mal die Sprühdose. Für ihr Werk hat sie sich für eine abstrakte Darstellung entschieden. „Figürliches nutzt sich mit der Zeit ab. Abstraktes gibt Raum für jedermann. Man kann immer wieder etwas neues entdecken“, erklärt sie. Bei ihren verwendeten Farben hat sie sich zum einen an den Farben Magdeburgs orientiert. Grün und Rot spielen also eine Rolle, aber auch Komplementärkontraste wie Blauviolett. Die Farben sollen sofort willkommen heißen, gute Laune versprühen und auch Wärme in die Unterführung bringen.
„Ich habe mich sehr gefreut, dass ich meinen Entwurf hier in Magdeburg umsetzen darf“, sagte die Künstlerin am Dienstag bei einem Termin vor Ort. Sie sei sehr freundlich in Magdeburg aufgenommen worden, erzählt sie. Einige Passanten hätten schon angehalten, sie und ihr Team bei der Arbeit beobachtet und sie auch auf das Werk angesprochen. Bislang seien die Reaktionen positiv gewesen.
Nordseite soll zum 1. Juli 2022 fertig sein
Noch bis zum 1. Juli 2022 werden Claudia Walde und ihr internationales Team aus Irland, Schweden, der Ukraine und Deutschland an den nördlichen Widerlagern arbeiten. Rund 250 Quadratmeter Fläche werden die vier dann gestaltet haben. Etwa 300 Spraydosen und jede Menge Fassadenfarbe werden sie verarbeitet haben. Auf der gegenüberliegenden Südseite soll bauablaufbedingt im nächsten Jahr gearbeitet werden. Dort muss zunächst der Geh- und Radweg fertig werden, bevor die Wände gestaltet werden können, erklärt Christian Fuß, Projektleiter des Tunnelbaus. Voraussichtlich im April/Mai 2023 wird Claudia Walde also erneut in die Landeshauptstadt reisen, um ihr Werk zu vervollständigen.

Mit dann insgesamt 500 Quadratmetern gehört der Magdeburger Auftrag in die mittlere Kategorie ihrer Arbeiten. Die größte Fläche, die sie bislang gestaltet hat, sei 1000 Quadratmeter groß gewesen. Die höchste Arbeit lieferte sie einmal mit 56 Metern Höhe ab. „Da ist es schon sehr angenehm, in dieser Höhe hier in Magdeburg zu arbeiten“, sagt die Künstlerin und lacht. Ein kleines Gerüst und sie reicht bis oben hin. Hat sie keine Angst, dass ihr Werk durch andere übermalt werden könnte? „Das ist immer ein Thema bei Kunst im öffentlichen Raum. Es gibt Leute, die respektieren die Arbeit, andere nicht. Das müssen wir abwarten“, sagt sie.
Schutzschicht gegen Schmierereien
Doch zur Sicherheit gehört zum Gestaltungsauftrag auch, dass am Ende der Arbeit eine Graffiti-Schutzschicht aufgebracht wird, sagt der Baubeigeordnete Jörg Rehbaum. Damit ließen sich im Fall der Fälle Schmierereien entfernen, ohne die Kunst zu beschädigen.
Die Gesamtkosten für die künstlerische Gestaltung inklusive Wettbewerb und Umsetzung belaufen sich auf 150.000 Euro und sind bereits im Budget des Gesamtprojektes veranschlagt. Bei Neubauten der öffentlichen Hand gilt: Ein Teil des Geldes für den Bau muss auch für Kunst ausgegeben werden. Kunst am Bau nennt sich das.
Über die Künstlerin:
Claudia Walde, geboren in Bautzen, zählt aktuell zu den weltweit bekanntesten Graffitikünstlern. In der Szene bekannt ist sie unter dem Pseudonym MadC.
Sie studierte an der Kunsthochschule Burg Giebichenstein in Halle sowie am Central Saint Martins College in London. In mehr als 35 Ländern weltweit hat sie bereits Wände und Fassaden mit ihrer Kunst gestaltet.
Für ihre Arbeiten stellt sie sich projektbezogen ein Team zusammen. In Magdeburg arbeiten sie derzeit zu viert. Als nächstes stehen Projekte in Florida und Brasilien an.