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Großprojekt Decke wächst für Tunnel in Magdeburg

Der Terminplan steht: Ende 2018 soll die Straßenbahn wieder rollen. Dafür muss die Tunneldecke fertig werden.

Von Martin Rieß 12.06.2017, 06:00

Magdeburg l Für den Stadtrat sind zurzeit Kostensteigerungen beim Tunnelbau allein um 11,5 Millionen Euro für dieses Jahr Thema. Grund ist u. a., dass ein Zeitverzug wegen Neuplanungen an Betonpfählen aufgeholt werden muss. Bei einem Rundgang mit Baudezernent Dieter Scheidemann, Tiefbauamtsleiter Thorsten Gebhardt, Bauoberleiter Jörg Titel und Projekt­ingenieur Jan Möller machten sich jetzt die Stadträte Thomas Brestrich (CDU) und Alfred Westphal (Bündnis 90/Die Grünen) sowie Heide Grosche, Chefin des Magdeburger Stadtplanungsamtes, ein Bild von der Situation auf der Baustelle. Thomas Brestrich sagt: „Erst wenn man vor Ort ist, spürt man, wie viel hier eigentlich passiert.“

Und zwar an allen Ecken und Enden passiert hier etwas. Jan Möller erläutert beispielsweise bei einem Zwischenstopp an der Einmündung der Bahnhofstraße auf die Ernst-Reuter-Allee die Arbeiten an dieser Stelle: „Hier ist zum einen schon gut die künftige Zufahrt zum City Carré zu erkennen.“ Entlang der Ernst-Reuter-Allee in Richtung Brandenburger Straße ist die sogenannte Sauberkeitsschicht zu sehen. „Unter der künftigen Decke wird bereits die Wasserhaltung vorbereitet“, berichtet Jan Möller.

Die wird zwar jetzt noch nicht gebraucht. Wenn aber die Tunneldecke einmal fertig ist und das Erdreich unter der Decke zwischen den Seitenwänden mit Radladern herausgeholt wird, sorgt sie dafür, dass kein Grundwasser immer wieder Erdreich nachspült und dass die Arbeiter im Trockenen arbeiten können. Jörg Titel sagt: „Diese Arbeiten unter der Fahrbahndecke werden eine Herausforderung. Wie im Bergbau wird dann eine Bewetterung benötigt, damit Staub und Abgase abziehen können.“

Außerdem sind besondere Sicherheitsvorkehrungen zu treffen. Beispielsweise muss mit der Feuerwehr genau geklärt sein, wie diese im Fall einer Havarie oder eines Brands an den Einsatzort gelangen kann.

Ein Missgeschick ist derweil an der Einmündung der Bahnhofstraße passiert: Dort wurde versehentlich der Düker angebohrt. Durch dieses Rohr soll Regenwasser unter der Straße hindurchgedrückt werden. Ein Loch würde da erheblich stören. „Das ist ein Versicherungsfall zwischen der Baufirma und den Städtischen Werken“, berichtet Jan Möller.

Ein paar Schritte weiter der Kölner Platz. Der ist kaum wiederzuerkennen. Am Boden ist das metallische Innenleben der Stahlbetonplatte montiert, die künftig als Rampe genutzt wird. Oben sind Reste von Bahnsteig 6 an der Stelle zu sehen, wo die Brücken abgerissen wurden. Zwischen den Gleisen 7 und 8 nimmt der Aufgang Formen an. „Das wird eine lebendige und sehenswerte Stelle der Stadt“, ist Jörg Titel überzeugt. Sicher hänge aber auch sehr viel davon ab, wie der Kölner Platz weiter ausgestaltet werde.

Grünen-Stadtrat Alfred Westphal – lange Jahre im Brückenbau tätig und damit ein Mann vom Fach – macht aus seinen grundsätzlichen Zweifeln am Nutzen des Vorhabens dennoch keinen Hehl: „Ich sehe eine Reihe weiterer Kosten auf uns zukommen.“ Zum Beispiel dann, wenn die Autofahrer bei einem Rückstau von der Kreuung Otto-von-Guericke-Straße/Ernst-Reuter-Allee unter Atemnot leiden und im Nachhinein eine teure Entlüftungsanlage installiert werden muss. „Nichtsdestotrotz ist der Tunnelbau ein technisch außerordentlich interessantes Bauvorhaben“, sagt der bündnisgrüne Stadtrat.

Das hat sich inzwischen in Deutschland herumgesprochen. Immer wieder gibt es Anfragen von Ingenieursvereinigungen oder Fachstudiengängen, ob Rundgänge möglich sind. Sofern es sich um Fachgruppen handelt, wird dies möglich gemacht. Aufgrund der Gefahren auf einer Baustelle und der personellen Situation ist eine echte touristische Vermarktung aber nicht denkbar.

In Sachen Personal läuft übrigens derzeit das Ausschreibungsverfahren für die Stelle des städtischen Projektleiters. Nach Volksstimme­-Informationen hat es eine Reihe von Bewerbungen gegeben. Letztendlich muss der zuständige Ausschuss des Stadtrats in den kommenden Wochen entscheiden.