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Halbtoter Elbarm bei Lostau erwacht zu neuem Leben

17.09.2012, 06:58

Es ist eine der größten See-Renaturierungen bundesweit, für die heute bei Lostau der symbolische Spatenstich erfolgt. Sieben Jahre lang wurde das Öko-Projekt vorbereitet, binnen eines Jahres soll ein Großteil des Vorhabens realisiert sein.

Lostau l Da behaupte noch einer, Öko interessiere niemanden: Rund 200 Lostauer, immerhin jeder Zehnte, kamen Anfang Juli, um sich vor Ort von Experten erklären zu lassen, wie sich ihr See in ein gesundes Gewässer zurückverwandeln soll.

Karl-Heinz Jährling, Ökologe beim Landesbetrieb für Hochwasserschutz und Wasserwirtschaft, staunt noch heute, wenn er davon spricht. "Bis auf einen Nörgler waren alle so begeistert, dass sie zweieinhalb Stunden um den See mitgegangen sind. Und das sonntags zur Mittagszeit."

Der Lostauer See ist eigentlich ein alter Arm der Elbe. Bis vor knapp 250 Jahren wurde er auch noch von der Schifffahrt genutzt, die sich dann aber auf das Hauptbett des Flusses konzentrierte. Dem alten Elbarm schadete das zunächst nicht. Doch als rund 100 Jahre später das Pretziener Wehr und der Umflutkanal für Magdeburg gebaut wurden, ging es mit dem ökologischen Gleichgewicht des Lostauer Sees bergab: Der Frischwasserzufluss ging zurück, schädliche Nährstoffe wanderten in den See, und auf dem Grund setzte sich immer mehr fauliger Schlamm ab. An etlichen Stellen ist der See heute gerade noch 20 Zentimeter flach. Die Folge: Der Lebensraum für viele seltene Tier- und Pflanzenarten wurde immer kleiner. Bachneunauge oder Bitterling, Fischotter und Rotbauchunke wurden ebenso seltener wie Hirschkäfer und Biber.

Auch nach den Vorstellungen der Europäischen Union soll sich das in den nächsten Jahren zum Guten ändern. Mit dem Erlass ihrer sogenannten Wasser-Rahmen-Richtlinie will die EU erreichen, dass Seen und Flüsse vom Nordkap bis Sizilien wieder in einen naturnahen Zustand versetzt werden.

Rund 4,5 Millionen Euro werden dafür in Lostau ausgegeben, davon eine halbe Million allein für Planungsarbeiten. Der Unterhaltungsverband Ehle/Ihle als Projektträger bekommt das gesamte Geld aus Brüssel.

Nach Jahren des Untersuchens, Planens und Geldbeschaffens beginnen jetzt die Bauarbeiten: Zunächst wird der See abgepumpt, um anschließend mit großen Baggern den Schlamm von mehr als 100 Jahren auszuheben; insgesamt rund 150 000 Kubikmeter. Die faulige Pampe wird zum Trocknen aufgeschichtet, zweimal untersucht und dann je nach Belastungsgrad verwertet.

"Genauso wichtig wie die Entschlammung ist, dass die Ehle wieder durch den See geleitet wird", sagt Karl-Heinz Jährling. "Dadurch wird der See mit sauerstoffreicherem Wasser versorgt. Außerdem gewährleisten wir auf diese Weise die ökologische Durchgängigkeit für zahlreiche Tierarten. Das Projekt ist zugleich ein Beitrag dazu, die Elbe mit ihren artenreichen Auenwäldern wieder zu verbinden", sagt der Experte.

Besonders freut den Ökologen, dass der dann gesunde See auch "erlebbar" sein wird: von Radlern und Wanderern auf einem teils neu angelegten Weg.