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Warum ein gut gemeinter WC-Hinweis nicht immer auch ein (rechtlich) guter Tipp sein muss Heftiger Krach um stilles Örtchen bei "Hundertwasser" poltert bis nach Wien

Von Rainer Schweingel 27.06.2011, 06:39

Im Hundertwasserhaus gibt es (wieder einmal) Krach um das "stille Örtchen". Magdeburgs einzige öffentliche Toilette mit schiefen Kacheln und geschwungenen Bordüren im Innenbereich sorgt für heftigen Streit, der bis in Österreichs Hauptstadt Wien reicht.

Altstadt.Schon einmal machte die Bedürfnisanstalt Schlagzeilen. Kurz vor der Eröffnung 2005 war Hundertwasser-Nachlassverwalter Joram Harel bei einer Abnahme durch den Sanitärbereich gestiefelt und hatte Fliesen eigenhändig abgeschlagen, weil sie nicht der Hundertwasser\'schen Tradition entsprochen haben sollen. Prompt kamen neue Fliesen an die Wände.

Anlass der neuerlichen Schlagzeilen ist nun ein anderer - und zwar die an sich gute Absicht des Betreibers, Besucher des stillen Örtchens nicht lauthals auf dessen Standort hinweisen zu müssen.

Andreas Dahm, Geschäftsführer der GRÜZi-GmbH, die das WC im Paket mit dem Bistro und dem angrenzenden Café gepachtet hat, war es nämlich leid, dass Besucher des Hundertwasserhauses ständig nach dem Weg zur öffentliche Toilette fragten. "Da hatten wir gedacht, ein auffälliges Hinweisschild wäre - insbesondere für die Senioren - ein geeignetes Mittel zur Orientierung und würde dem gesamten Haus nutzen."

Ein Problem gelöst, neues geschaffen

So wurde ein Kunstmaler beauftragt, der als Hommage an den geistigen Vater der Grünen Zitadelle - wie das Hundertwasserhaus eigentlich nur genannt werden darf - in dessen Stil am Eingangsbereich zwei Buchstaben bunt und großformatig an die Fassade malte. Fortan stand seit Oktober 2011 "WC" am Eingang zum Durchgang, in dem sich das stille Örtchen befindet. Zur Orientierung ließ man auch den Eingang der Toilettenanlage in angedachter Hundertwasseroptik gestalten.

Damit war zwar das Problem der ständigen Fragerei Notdurft Suchender gelöst - ein neues aber geschaffen. Dem Vernehmen nach sollen sich Teilnehmer einer Reisegruppe über die eigenhändige (Nach)Gestaltung direkt bei der "Hundertwasser Gemeinnützige Privat Stiftung" in Wien beschwert und mit Fotos auch gleich optische Beweise geliefert haben.

Die Reaktion aus Wien ließ nicht lange auf sich warten. Am 20. Juni erhielt das "Siedlungswerk St. Gertrud Wohn- und Immobilien"-GmbH, die das Hundertwasserhaus verwaltet, Post vom Vorsitzenden des Stiftungsvorstandes persönlich.

Joram Harel argumentiert: "Die grüne Zitadelle ist ein geschlossenes Werk von Hundertwasser, das man nicht verändern, nicht bearbeiten und in das man nicht privat nach Gutdünken hinein malen kann." Die Bemalung stelle einen "widerrechtlichen Eingriff" in ein "urheberrechtlich geschütztes Werk" dar, so Harel, der wörtlich anfügt: "Es ist ein verkitschter, lächerlich machender Versuch einer Nachahmung Hundertwassers, eine Schädigung von Hundertwassers Ruf und Ansehen, eine Verunstaltung seines Werkes."

Binnen 48 Stunden solle die Bemalung verschwinden und das Ergebnis mit Fotos dokumentiert nach Wien geschickt werden.

Plötzlich war auch innen alles übermalt

Als das Siedlungswerk die Wiener Schmähkritik nun an die Betreiberin der WC-Anlage weiterreichte, war die Überraschung groß. "Wir dachten, wir taten Gutes - und nun das", so Andreas Dahm.

Aber es kam noch schlimmer: Weil die Betreiberin nicht innerhalb von 48 Stunden der "Wiener Schmäh" folgte, (eine Rückfrage nach dem genauen Wunsch war noch nicht beantwortet), rückte schon am Donnerstag früh ein Maler im Auftrag des Objektverwalters an.

Der schwang den Pinsel nun gar so schnell, dass auch die Wandgestaltung innerhalb des Pachtobjektes mit übermalt wurde. "Wenn im Außenbereich die Gestaltung so nicht zulässig sein soll, dann haben wir das natürlich zu akzeptieren. Was uns aber ärgert, sind neben dem rüden Ton das eigenmächtige Vordringen in den angepachteten Bereich. Stellen sie sich vor, ihrem Vermieter passt ihre bunte Tapete im Wohnungsflur nicht und, wenn die Tür offen ist, huscht er hinein und klebt einfach weiße Raufaser drauf", so Pächter Dahm. Er ließ deshalb zunächst die Arbeiten stoppen und hoffte auf eine Verständigung mit dem Siedlungswerk als Objektverwalter. "Mit diesem hatten wir bisher immer ein gutes Verhältnis und haben auch in anderen Fragen schon viel Unterstützung erfahren."

Es gibt klare Regeln für Beschriftung

Auf Nachfrage erklärte Siedlungswerk-Geschäftsführer Günter Nakonz: "Es gibt klare Regeln für die Beschriftung an dem Haus, die für alle gelten. Hätte der Pächter nur mal genau in seinen Vertrag gesehen, würde er das auch wissen. Und was die Ausschilderung zum WC betrifft, so wird sich sicher eine Lösung finden."

Und für die Pächterin versichert der Geschäftsführer Dahm trotz des ganzen Durcheinanders: "Die Zuneigung zu diesem Haus in unserer Stadt, sowie zu Hundertwassers Kunst und seinen Ansichten zur ökologischen Architektur bleibt trotz der Reibereien ungebrochen." Das ist umso mehr bemerkenswert, als dass der Hundertwasser-Fan schon einmal Ärger mit den Nachlassverwaltern hatte. Eine Wandmalerei im Bistro hatte er nach einem erhobenen Plagiatsvorwurf zweimal so verändern lassen, dass eine Ähnlichkeit mit Hundertwassers Werken nur noch als rein zufällig unterstellt werden konnte. Schön anzusehen ist es aber trotzdem -nicht nur, wenn man vom stillen Örtchen zurückkommt.

Übrigens - am Freitag ging eine kleine erlösende Nachricht ein: Die eigenmächtig überstrichene Wandgestaltung im Pachtobjekt kann Dahm nun vom Kunstmaler wieder herstellen lassen - auf Kosten der Verwaltung.

Und die Moral von der Geschicht: "Nur, wenn die Verträge wasserdicht - findest Du´s WC - sonst vielleicht nicht!"