Immobilie Historische Villa auf dem Werder in Magdeburg sucht neuen Besitzer
Der Magdeburger Kohle-Kaufmann Theodor Dschenfzig hat die Villa in den 1860er Jahren an der Mittelstraße bauen lassen. Danach war sie Bier-Lager und Verwaltungsgebäude. Jetzt steht das Anwesen auf dem Werder erneut zum Verkauf.

Magdeburg. Für 5896 Taler hat Theodor Dschenfzig das Grundstück in der Mittelstraße 24 auf dem Werder einst gekauft. 1864 hat er sich darauf vom Zimmermeister Oscar Oeltze eine Villa errichten lassen. Zunächst war beim Bau noch Bescheidenheit gefragt. „Bis 1866 unterstand der Werder noch der Rayon-Bestimmung“, weiß der ehrenamtliche Stadtführer Frank Kornfeld. Rund um die Festung Magdeburg durften nur Holzhäuser und Fachwerkbauten errichtet werden, die im Belagerungsfall leicht niederzureißen waren, um freie Sicht auf die anrückenden Truppen zu gewähren. 1869 ließ Dschenfzig seine Villa um einen schmalen dreieinhalbgeschossigen Anbau erweitern. In dieser Form ist das spätklassizistische und denkmalgeschützte Ensemble bis heute erhalten geblieben.
„Bavaria Bräu“ für 32 Pfennige
Theodor Dschenfzig war Kaufmann. „Er hat seine Kohle mit Kohle gemacht“, sagt Frank Kornfeld. Er weiß einiges über das historische Anwesen in der Mittelstraße zu berichten. „Filtrationsmittel, Entfärbungskohle, Knochenkohle, Schlempekohle, Beinschwarzfabrik“, so die offizielle Firmenbezeichnung samt Leistungsspektrum. Auf dem Werder hat der Kaufmann gelebt. „Seine Initialen sind noch heute im Türgitter zu sehen.“

Dschenfzig muss ein wohlhabender Mann gewesen sein. In seinem Besitz befand sich unter anderem noch das Gebäude des Theaters an der Angel sowie das Viktoria-Theater auf dem Werder. Mit seiner Firma ist er Anfang des 20. Jahrhunderts in die Mittagstraße (Neustadt) gezogen. Wohnhaft blieb er aber bis zu seinem Tod 1906 in seiner Villa auf der Elbinsel. Seine Frau Bertha wohnte danach noch einige Jahre dort. Im Laufe der 1920er Jahre wechselte das Gebäude den Besitzer. Der Getränkegroßhändler Walter Knaack erwarb die Immobilie und richtete dort auch sein Lager ein.
Knaack hatte einen „Generalvertrieb für Köstritzer Schwarzbier und Berliner Landré-Breithaupt Weißbier“ neben dem Mineralwasser. Er muss aber ebenso „Bavaria-Bräu“ im Angebot gehabt und sein Bier eigens abgefüllt haben. Frank Kornfeld hat noch alte Flaschen samt Etikett sowie einen historischen Werbezettel. Die Halb-Liter-Flasche mit „echt bayerischem Bier“ hat damals 32 Pfennige gekostet. Im Besitztum der Familie Knaack ist die „Villa Dschenfzig“ um zwei Ornamente über den Arkaden-Bögen ergänzt worden. Diese sind noch immer gut zu erkennen. Sie zeigen „einen Knaben, singend mit zwei Bierkrügen“ und einen „Knaben, trinkend auf Affen reitend“, erzählt Kornfeld. Bis in die 1980er Jahre bleiben Knaack und seine Nachfolger als Getränke-Stützpunkt auf dem Werder erhalten. „1985 wird die Firma das letzte Mal im Telefonbuch erwähnt.“
Mindestgebot liegt bei 550.000 Euro
Danach stand das Gebäude länger leer. In den 1990er Jahren wurde es umfangreich saniert und modernisiert. Das Land wird Eigentümer. Bis 2020 fungierte die Villa als Verwaltungsgebäude, zuletzt war darin der soziale Dienst der Justiz untergebracht. Seit Ende 2020 steht das Gebäude leer.
Über den Landesbetrieb für Bau- und Liegenschaftsmanagement Sachsen-Anhalt (BLSA) wird das Gebäude jetzt zum Verkauf angeboten. Ein öffentliches Bieterverfahren wird durchgeführt. Bis zum 28. Juni können Interessierte ihr Gebot in einem geschlossenen Umschlag an die Vergabestelle des BLSA adressieren.
Für das Grundstück (samt Villa) das vor gut 160 Jahren für knapp 6000 Taler den Eigentümer wechselte, müssen heute mindestes 550.000 Euro geboten werden.