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"Ich will mich" entwöhnt Behinderte von unnötigen Psychopharmaka Im Schwarzwald mag man Magdeburger Modellprojekt

Von Stefan Harter 12.07.2011, 06:37

Werder. "Ich will \'Ich will mich\'", dachte sich Norbert Halbherr, Leiter des Hauses "Lebensheimat", und lud seinen Magdeburger Kollegen Gerhard Ackermann vom "Regenbogenhaus" zu sich in den Schwarzwald ein. Die Idee und bisher verzeichneten Erfolge des - bislang - deutschlandweit einmaligen Projekts hatten das Team der "Lebensheimat" neugierig gemacht. In den beiden Einrichtungen leben Menschen mit Behinderungen.

Im Rahmen des "Ich will mich"-Projekts werden seit Mai 2009 "Regenbogenhaus"-Bewohner langsam "entmedikamentiert", wie es in der Fachsprache heißt. Das heißt, sie werden von unnötigen Psychopharmaka langsam, aber sicher entwöhnt. Hört sich simpel an, ist es aber nicht, da die Bewohner oftmals jahrzehntelang täglich Dutzende Tabletten nehmen mussten.

Diese würden die Bewohner jedoch apathisch und desinteressiert werden lassen. "Die eigentlichen Konflikte des geistig behinderten Menschen werden dadurch nur unterdrückt und keineswegs gelöst", glaubt Gerhard Ackermann.

Bereits wenige Wochen nach Beginn der reduzierten Medikamentengabe waren erstaunliche Ergebnisse zu beobachten. "Die Teilnehmer fühlen sich wohler, sehen gesünder aus und nehmen aktiver am täglichen Leben teil", kann Ackermann über die Erfolge seiner Schützlinge berichten. Insgesamt 35 Bewohner sollen durch die Teilnahme ein selbstbestimmteres Leben führen können.

In der vergangenen Woche besuchten Gerhard Ackermann und Dr. Torsten Freitag die Einrichtung in Löffingen im Schwarzwald. Mit den Berichten von ihren Erfahrungen mit den "Ich will mich"-Teilnehmern konnten sie die anwesenden Fachkollegen überzeugen. "Die wissenschaftliche und medizinische Unterstützung, die unser Projekt genießt, wurde besonders gelobt", erzählt Ackermann. Das sei bei ihnen im Schwarzwald noch nicht der Fall.

Als Ergebnis des Besuchs will man in Löffingen im Haus "Lebensheimat" nun ein eigenes Projekt mit dem Namen "Willst Du mich auch, wie ich mich will?" starten. Zunächst ist aber ein Gegenbesuch im "Regenbogenhaus" in Magdeburg geplant, um die Bewohner persönlich kennenzulernen und sie nach ihren Erfahrungen zu befragen.

Im Internet berichten die Teilnehmer in einem Online-Tagebuch über ihre Fortschritte auf dem Weg in ein medikamentenfreies, selbstbestimmtes Leben.

www.ichwillmich.de